Mehr Infos

Das AG München hat am 28.01.2016, Az. 213 C 27099/15, entschieden, dass allgemeine Geschäftsbedingungen in einem Wahlleistungsvertrag mit einer Klinik, wonach der Patient zum Schadensersatz verpflichtet wird, wenn er einen Operationstermin absagt, in der Regel unwirksam sind.

Was ist passiert?

Die Beklagte schloss am 19.06.2015 eine Wahlleistungsvereinbarung mit einer Schönheitsklinik über eine Magenballonbehandlung und vereinbarte einen Operationstermin zur Einsetzung des Ballons für den 31.07.2015. Unter anderen enthält die Vereinbarung folgende Geschäftsbedingungen:

„Bei Absage oder Verschiebung eines durch den Patienten zugesagten Eingriffstermins erhebt die (Name der Klinik) stets eine Verwaltungsgebühr von 60 Euro brutto. (…)
Bei Abwesenheit des Patienten am Eingriffstag oder einer kurzfristigen Absage des Eingriffstermins ….erhebt die (Name der Klinik) darüber hinaus eine Stornogebühr. (…)
Sie beträgt bei Absage
– weniger als 14 Tage vor dem Eingriff 40%
– innerhalb von 7 Tagen vor dem Eingriff 60%
– innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff -oder-
– bei Abwesenheit am Eingriffstag 100%
des Gesamtrechnungsbetrags brutto.

Die Beklagte sagte am 29.07.2015 den Behandlungstermin zunächst telefonisch und dann schriftlich ab. Die Schönheitsklinik stellte ihr 60% der Behandlungsgebühren, insgesamt 1.494 Euro, in Rechnung. Die Beklagte zahlte nicht. Daraufhin erhob die Abrechnungsfirma der Schönheitsklinik Klage zum AG München.

Was sagt das AG München dazu?

Das AG München hat die Klage abgewiesen.

Nach Auffassung des Amtsgerichts sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Schönheitsklinik unwirksam. Die von der Klinik geforderte „Stornogebühr“ übersteige den normalerweise zu erwartenden Schaden und sei unangemessen hoch. Denn der Patient müsse für den Fall einer Absage innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff nicht nur 100% des Bruttobetrags vergüten sondern auch noch eine Verwaltungsgebühr von 60 Euro zahlen. Der Patient müsse demnach bei kurzfristiger Absage des Eingriffs mehr bezahlen als er bei Durchführung des Eingriffs zu leisten hätte. Ein derart hoher Schaden sei völlig realitätsfern und offenkundig einseitig zugunsten des Verwenders festgelegt. Die Regelung berücksichtige außerdem nicht, dass sich die Klinik bei Absage eines Operationstermins Aufwendungen wie Medikamente und Verbrauchsmaterialen, Strom- und Reinigungskosten erspare, die zugunsten des Patienten abzuziehen seien.

Die Klausel benachteilige den Patienten unangemessen. Da die Inanspruchnahme einer Heilbehandlung ein gesteigertes persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Behandler und Patient voraussetze, sei allgemein anerkannt, dass Letzterer den Behandlungsvertrag jederzeit gemäß §§ 621 Nr. 5, 627 BGB fristlos kündigen könne, ohne hierfür sachliche (oder gar wichtige) Gründe angeben zu müssen. Der Patient müsse jederzeit die Möglichkeit haben, frei darüber zu entscheiden, ob er einen Eingriff in den Körper oder seine Gesundheit zulassen will. Das wirtschaftliche Interesse des Behandlers müsse gegenüber dem schützenswerteren Interesse des Patienten auf körperliche Unversehrtheit zurücktreten.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 29.04.2016

RH