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Eine Pflegeeinrichtung, die sich zur Durchsetzung in Verzug befindlicher Vergütung gegenüber einer gesetzlichen Pflegekasse der Hilfe eines Inkassounternehmens bedient, kann die Erstattung der dadurch entstandenen Inkassokosten nur in der Höhe verlangen, in welcher ein Rechtsanwalt, der mit der Durchsetzung der Forderungen beauftragt worden wäre, nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) hätte abrechnen können. Danach kann für einen Auftrag, der sich auf die Fertigung eines Schreibens einfacher Art beschränkt, eine Gebühr mit einem Satz von 0,3 zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer angesetzt werden. Das hat das Sozialgericht Halle hat mit Urteil vom 07. Juli 2014 – S 21 P 97/13 entschieden.

Was war passiert?

Die Klägerin betrieb eine Pflegeeinrichtung. Sie war zur Abrechnung mit den gesetzlichen Pflegekassen berechtigt (§§ 75 ff. SGB XI). Dem Vertrag der Klägerin mit den Pflegekassen zufolge sollte die Bezahlung von eingereichten Rechnungen spätestens innerhalb von 21 Tagen nach Eingang bei der Pflegekasse erfolgen sollte; und zwar unabhängig von ggf. späteren Beanstandungen.

Die beklagte Krankenkasse blieb entgegen dieser Vorgabe eine Vielzahl von Rechnungen zum Ausgleich schuldig. Deshalb beauftragte die Klägerin das Inkassounternehmen Creditreform mit dem Forderungseinzug. Nachdem die Creditreform die beklagte Pflegekasse zur Zahlung aufgefordert hatte, glich die Pflegekasse die Rechnungen aus.

Für das Durchsetzen der Forderungen stellte die Creditreform der Klägerin knapp € 800 in Rechnung. Diese Inkassokosten wollte die Klägerin von der Pflegekasse bezahlt haben.

Was sagt das Gericht dazu?

Das Gericht hat der Klage nur in Höhe von knapp € 230 stattgegeben.

Die beklagte Pflegekasse habe sich, nachdem sie die eingereichten Rechnungen nicht binnen 21 Tagen beglichen habe, in Verzug befunden. Sie sei daher dem Grunde nach verpflichtet, den der Klägerin aufgrund des Verzuges entstandenen Schaden zu erstatten. Zum Verzugsschaden gehörten auch die notwendigen Kosten für die Rechtsverfolgung.

Der Höhe nach bestehe der Anspruch jedoch nicht unbeschränkt. Vielmehr sei der Gläubiger, also die Klägerin, verpflichtet, den Schaden gering zu halten und nur sachdienliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Forderung einzuleiten.

Zwar sei es im Rahmen der allgemeinen Handlungsfreiheit jedem Gläubiger unbenommen, welchen rechtlich zulässigen Weg erwähne, um von einem säumigen Schuldner Zahlung verlangen. Insoweit könne auch die Einschaltung eines Inkassounternehmens sachdienlich sein.

Jedoch sei die Verpflichtung zur Erstattung von Kosten, die durch die Einschaltung eines Inkassounternehmens entstünden, beschränkt auf die Kosten, die bei der Einschaltung eines Rechtsanwalts entstehen würden. Obergrenze für eine Erstattungspflicht der dabei entstehenden Kosten seien damit die Sätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Wer die Bereitschaft der Rechtsanwälte zum Inkasso nicht nutze und sich stattdessen für das teurere Angebot eines Inkassounternehmens entscheide, müsse die entstandenen Mehrkosten selber tragen.

Der Klägerin stehe daher nur die Erstattung von Inkassokosten in der Höhe zu, in welcher ein Rechtsanwalt, der mit der Durchsetzung der Forderungen gegenüber der Beklagten beauftragt worden wäre, nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz hätte abrechnen können. Sachdienlich sei es gewesen, dass ein eingeschalteter Anwalt vor Erhebung einer Zahlungsklage in einem Schreiben die Beklagte zur Zahlung der abgerechneten Pflegeleistung aufgefordert hätte. Rechtlich hätte der Anwalt nur zu prüfen gehabt, ob die von der Klägerin eingereichten Rechnungen den formalen Vorgaben des Vertrages mit den Pflegekassen entsprochen hatten. Für diese Tätigkeit hätte ein Rechtsanwalt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eine Gebühr nach Nr. 2301 des Vergütungsverzeichnisses erheben können. Danach kann für einen Auftrag, der sich auf die Fertigung eines Schreibens einfache Art beschränkt, eine Gebühr von 0,3 Geschäftsgebühr angesetzt werden. Daneben seien die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer zu berechnen.

Dies ergab die der Klägerin zuerkannte Forderung.

Was lernen wir daraus?

Um der Gefahr der Belastung mit Inkassokosten zu entgehen, sollten die Einrichtungen selbst für ein effizientes Mahnwesen sorgen.

Enthält der Vertrag mit dem Kostenträger ein Zahlungsziel, so tritt Verzug ggf. sogar ohne Mahnung ein (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Es sollte nach Verstreichen des Zahlungsziels dann unverzüglich Klage erhoben werden. Die außergerichtliche Beauftragung eines Anwalts wäre wiederum risikobehaftet. Nach dem Urteil des BSG vom 15. November 2007 – B 3 KR 2/07 R stellen Rechtsanwaltsgebühren für die vorgerichtliche Geltendmachung von Vergütungsforderungen in einfachen Fällen nämlich keinen ersatzfähigen Verzugsschaden dar. Gerade um solche „einfachen Fälle“ könnte es sich letztlich handeln, wenn von Seiten der Kassen schlicht nur nicht gezahlt wird ohne dass inhaltliche Fehler bei der Abrechnung gerügt werden. Ein höchstrichterliche Klärung dieser Frage steht allerdings aus.