Mehr Infos

Vergütungsanspruch des Krankenhauses trotz OP durch falschen Arzt? Dazu hat am 06.02.2018 das SG Aachen, S 13 KR 262/17, S 13 KR 466/16 und S 13 KR 114/17 entschieden. Und zwar hat in den zugrunde liegenden Fällen das Krankenhaus einen Vergütungsanspruch gegen drei Krankenkassen obwohl ein Arzt mit einer fälschlich erteilten Approbation die abgerechneten operativen Eingriffe durchgeführt hatte, so das SG.

Was ist passiert?

Vergütungsanspruch des Krankenhauses trotz OP durch falschen Arzt?

Die klagenden Krankenkassen hatte Rückforderungen gegen das beklagte Krankenhaus geltend gemacht, weil das Krankenhaus über Jahre einen Mitarbeiter als Arzt ohne Approbation beschäftigt hatte. Dieser Arzt hatte sich seine Approbationsurkunde durch gefälschte Studienbescheinigungen und Zeugnisse bei der zuständigen Bezirksregierung erschlichen. Diesen Umstand hatte das Krankenhaus bei der Einstellung nicht gekannt. Der Mitarbeiter führte nach seiner Einstellung als Arzt zahlreiche operative Eingriffe an Patienten durch, die vom Krankenhaus auch gegenüber den klagenden Krankenkassen i.H.v. insgesamt ca. 370.000 Euro abgerechnet wurden. Nach Entdeckung der Fälschung wurde der Mitarbeiter wegen Köperverletzung in zahlreichen Fällen sowie Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Die seinerzeit – fälschlich – erteilte Approbation nahm die zuständige Bezirksregierung zurück.

Die Krankenkassen forderten im Nachgang nun die gezahlten Leistungen vom Krankenhaus zurück, da seinerzeit eine ärztliche Leistung abgerechnet worden sei, ein Arzt diese aber nicht erbracht habe. Ein Vergütungsanspruch bestehe für eine derart erbrachte Leistung nicht. Demgegenüber stellte sich das beklagte Krankenhaus auf den Standpunkt, zum damaligen Zeitpunkt habe eine, wenn auch erschlichene, gültige Approbation bestanden; die Leistungen habe der Arzt darüber hinaus, was zwischen den Beteiligten im Wesentlichen unstreitig ist, in medizinisch-fachlicher Hinsicht fehlerfrei erbracht.

Vergütungsanspruch des Krankenhauses trotz OP durch falschen Arzt? Dazu das SG Aachen:

Die Entscheidung

Das SG Aachen hat die Klagen der Krankenkassen abgewiesen.

Zulässigkeit

Die Klage sei zunächst als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig.

Der Vergütungsanspruch

Das Krankenhaus hat, so das SG, die Vergütungen im Ergebnis zu Recht geltend gemacht und muss sie den Krankenkassen daher auch nicht zurückerstatten. Der „falsche Arzt“ habe zum einen regelmäßig nicht allein operiert. Es habe nämlich noch ein anderer „echter“ Arzt assistiert. Schon vor diesem Hintergrund sei die streitige Frage, ob es sich um eine „ärztliche Behandlung“ gehandelt habe, zu bejahen. Darüber hinaus sei maßgeblich, dass der Mitarbeiter zum Zeitpunkt, in dem die streitigen Operationen durchgeführt worden seien, tatsächlich eine echte – wenn auch erschlichene – Approbationsurkunde habe vorweisen können. Jedenfalls im Verhältnis zwischen dem Krankenhaus und den Krankenkassen.

Vergütungsanspruch des Krankenhauses trotz OP durch falschen Arzt – Rücknahme der Approbationsurkunde hat keinen Einfluss auf Vergütungsanspruch

Die Tatsache, dass die Rücknahme diese Urkunde von Beginn an unwirksam werden lasse, gelte nur gegenüber dem „falschen Arzt“. Nicht aber im Verhältnis zwischen Krankenhaus und den Krankenkassen. Die Unwirksamkeit müsse sich das Krankenhaus erst ab dem Zeitpunkt der Rücknahme entgegen halten lassen. Die Rückforderung der Vergütungen scheitere schließlich auch daran, dass eine solche unbillig gewesen wäre. Und zwar, weil die Behandlungen im Ergebnis den Regeln der Kunst entsprochen und die Krankenkassen damit gegenüber ihren jeweiligen Versicherten die geschuldeten Leistungen erbracht hätten. Auch etwaige Schadensersatzansprüche seien aus diesem Grund nicht gegeben. Den Krankenkassen sei ein finanzieller Schaden gerade nicht entstanden.

Verjährung Erstattungsanspruch

Soweit die Klägerin die Erstattung von gezahlten Vergütungen aus Behandlungsfällen fordere, die vor 2012 abgerechnet worden sind, sei die Klage auch deshalb unbegründet, weil die Forderung insoweit verjährt ist ( Relevante Verjährungsvorschrift: § 45 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch), so das SG.

Quellen: Pressemitteilung des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen v. 13.02.2018 und Juris das Rechtsportal

Vergütungsanspruch Krankenhaus trotz OP durch falschen Arzt? Siehe auch: https://raheinemann.de/hat-krankenhaus-verguetungsanspruch-fuer-stationaere-rehabilitation/ und https://raheinemann.de/ohne-vorsatz-keine-verurteilung-bei-verwendung-von-falschem-attest/

RH

Rechtsanwalt Rolf Heinemann:
Vergütungsanspruch des Krankenhauses bei OP durch falschen Arzt Dazu das SG Aachen mit Urteil vom 08.02.2018, S 13 KR 262/17 u.a.