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Kündigung des Arbeitgebers mit „i.A.“ unwirksam? Dazu hat das BAG am 13. Dezember 2007 – 6 AZR 145/07 – entschieden. Und zwar ergibt sich aus der Unterzeichnung einer Kündigung des Arbeitgebers mit dem Zusatz „i.A.“ nicht zwingend, dass der Unterzeichner lediglich als Bote handelt, so das BAG. Maßgeblich seien gemäß §§ 133, 157 BGB die Gesamtumstände des Einzelfalls.

Was ist passiert?

Der Sachverhalt

Kündigung des Arbeitgebers mit „i.A.“ unwirksam? Zu dieser Frage hatte das BAG über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Die Personaldezernentin des beklagten Arbeitgebers unterzeichnete im Zusammenhang mit der Einstellung des klagenden Arbeitnehmers den schriftlich geschlossenen Arbeitsvertrag mit dem Zusatz „i.A.“.

Nachfolgend erhielt der klagende Arbeitnehmer von der Personaldezernentin auch Einsatzanweisungen und meldete sich bei Krankheit vereinbarungsgemäß bei ihr ab. Auch eine dem klagenden Arbeitnehmer erteilte Abmahnung war von der Personaldezernentin wiederum mit dem Zusatz „i.A.“ gezeichnet.

Schliesslich erhielt der Kläger ein auf dem Geschäftsbriefbogen des beklagten Arbeitgebers verfasstes Kündigungsschreiben. Und zwar war dieses Kündigungsschreiben unter Beifügung einer von der Geschäftsführung unterzeichneten Vollmacht wiederum mit dem Zusatz „i.A.“ unterzeichnet.

Der klagende Arbneitnehmer vertritt die Ansicht, die Kündigung sei wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des § 623 BGB unwirksam. Und zwar indiziere eine Unterschrift „i.A.“ ein Handeln als Erklärungsbote.

Die Vorinstanzen

Kündigung des Arbeitgebers mit „i.A.“ unwirksam? Die Vorinstanzen hatten dies verneint und die Klage abgewiesen.-

Kündigung des Arbeitgebers mit „i.A.“ unwirksam? Was sagt das BAG dazu?

Die Entscheidung

Das BAG  hat die Vorinstanzen bestätigt und die Schriftform gemäß § 623 BGB, § 126 Abs. 1 BGB als gewahrt angesehen.

Zusatz i.V. versus Zusatz i.A.

Im Gegensatz zum Zusatz i.V. könne der Zusatz „i.A.“ zwar darauf hindeuten, dass der Unterzeichner nicht selbst die Verantwortung für den Inhalt des unterzeichneten Schreibens übernehmen wolle.

Kündigung des Arbeitgebers mit „i.A.“ unwirksam? Bei der nach §§ 133, 157 BGB gebotenen Auslegung sei aber zu berücksichtigen, dass im allgemeinen, nicht juristischen Sprachgebrauch, „Auftrag“ und „Vertretung“ häufig mit derselben Bedeutung versehen würden. Somit könne aus der Verkehrssitte nicht angenommen werden, dass der Unterzeichner lediglich als Bote handeln wollte, wenn er mit „i.A.“ zeichne.  Wenn sich aus den gesamten Umständen ergebe, dass der Unterzeichner ersichtlich im Namen eines anderen handele, sei davon auszugehen, dass er als Vertreter handelt.

Kündigung des Arbeitgebers mit „i.A.“ unwirksam? Berücksichtigung der Gesamtumstände

Für das Verständnis der Kündigung als eine Erklärung der Personaldezernentin als Vertreterin des Unternehmens hat das BAG insbesondere die Gesamtumstände als maßgeblich erachtet. Vor diesem Hintergrund ist das BAG im vorliegenden Fall wegen folgender Umstände davon ausgegangen, dass die Personaldezernentin bei Unterzeichnung der Kündigung mit „i.A.“ als Vertreter gehandelt habe:

  • Die Personaldezernentin sei dem Kläger von Beginn an als Vertreterin entgegengetreten.
  • Sie habe das Einstellungsgespräch geführt und den Arbeitsvertrag unterzeichnet.
  • Sie habe Einsatzanweisungen erteilt und Kritikgespräche geführt.
  • Der Kündigung sei eine von der Geschäftsführung unterzeichnete Generalvollmacht beigefügt gewesen, die sich unter anderem auf die Vornahme von Kündigungen erstreckte.
  • Die Kündigung sei durch die Personaldezernentin auch in der mit der Firma des Beklagten überschriebenen Unterschriftszeile unterzeichnet worden.

Kündigung des Arbeitgebers mit „i.A.“ unwirksam? Schlussfolgerung:

Der Kündigende sollte sicherheitshalber zur Vermeidung von Auseinandersetzungen über die Formwirksamkeit auf den Zusatz „i.A.“ verzichten.

Andernfalls läuft er Gefahr, dass dies bei etwas anderen Umständen als im vorliegenden Fall möglicherweise eine (Form-)Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge hat. Dann hätte der gekündigte Arbeitnehmer gute Aussichten einen Kündigungsschutzprozess zu gewinnen.

Quelle: BAG, Urt. v. 13. Dezember 2007 – 6 AZR 145/07

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Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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