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BT-Drs. 18/434, 18/631

Details hierzu hat die Bundesregierung aber vorerst nicht genannt. In einer Antwort (BT-Drs. 18/631) auf eine Kleine Anfrage der Grünen (BT-Drs. 18/434) zu den teils dramatischen Folgen der Prokon-Pleite für Inhaber von Genussrechten heißt es lediglich: „Ziel ist ein angemessener Schutz der Privatanleger, wobei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen staatlicher Regulierung und Eigenverantwortung der Anleger angestrebt wird.“ Nach Angaben der Regierung wird etwa geprüft, ob zusätzliche Auflagen für Prospekte ratsam sind, die für solche Vermögensanlagen werben.
Worum geht es?
Seit der Insolvenz des Windkraftbetreibers Prokon, der sich in hohem Maße über die Ausgabe von Genussrechten finanziert habe, werde über eine strengere Reglementierung des sog. Grauen Kapitalmarkts diskutiert. Im Fall von Prokon habe das Unternehmen von rund 74.000 Anlegern, die Genussrechte erworben hatten, über eine Milliarde Euro erhalten. Nach der Pleite der Firma fürchteten sie jetzt um ihr Geld. Käufer von Genussrechten seien zwar direkt an einem Betrieb beteiligt, verfügten jedoch nicht über Mitbestimmungsrechte. Zudem kämen nach einer Insolvenz zunächst die anderen Gläubiger zum Zug. Im ungünstigsten Fall könnten Inhaber von Genussrechten ihr investiertes Geld vollständig verlieren. In ihrer Anfrage hatten die Grünen kritisiert, dass für das öffentliche Angebot von Genussrechten bislang keine Regulierung existiere, von einigen Auflagen wie etwa der Prospektpflicht abgesehen. Anhand zahlreicher Fragen wollte die Fraktion von der Regierung wissen, ob aus ihrer Sicht ein besserer Anlegerschutz erforderlich ist und wie sie dieses Anliegen umzusetzen gedenke.
In ihrer Stellungnahme betont die Regierung, dass eine allgemeingültige Einschätzung der Risiken von Genussrechten nicht möglich sei. Dies hänge von der jeweiligen wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens ab, das sich auf diese Weise finanziert. Man werte derzeit die Erfahrungen aus dem Fall Prokon aus und untersuche, ob in den momentan geltenden Rechtsrahmen eventuell „Schutzlücken“ existieren. Näher unter die Lupe genommen werden solle in diesem Zusammenhang auch die Tätigkeit der Finanzaufsicht BaFin. Falls Schutzlücken offenbar werden sollten, so zieht die Regierung in Betracht, für mehr Transparenz zu sorgen, Vertriebsbeschränkungen ins Auge zu fassen oder die behördliche Aufsicht auszuweiten.
In der Antwort der Regierung wird erläutert, dass die BaFin nach den geltenden Regelungen nicht die Aufgabe habe, Verkaufsprospekte zu Genussrechten inhaltlich zu prüfen. Untersucht werde von der Behörde, ob solche Unterlagen „alle gesetzlich vorgeschriebenen Mindestangaben enthalten und diese verständlich und widerspruchsfrei sind“. Die BaFin müsse die Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts dann untersagen, „wenn dieser nicht vollständig, kohärent oder verständlich ist“, heißt es in der Stellungnahme zu der Anfrage der Grünen. Diese Bestimmungen des Vermögensanlagengesetzes sollen jetzt kritisch analysiert werden.
Die Regierung weist auf den Koalitionsvertrag von Union und SPD hin, wonach vor dem Hintergrund entsprechender EU-Regelungen die BaFin künftig die Möglichkeit erhalten soll, „den Vertrieb komplexer und intransparenter Finanzprodukte zu beschränken oder zu verbieten, sofern diese die Finanzmarktstabilität gefährden oder unverhältnismäßige Risiken für Anleger in sich bergen“. Die EU-Vorgaben sollen, wie es in der Antwort heißt, vom EU-Parlament noch in dessen laufender Legislaturperiode verabschiedet werden.
Nach Angaben der Regierung ist die Einführung einer Instanz geplant, die in der öffentlichen Debatte als „Finanzmarktwächter“ firmiert. Deren Tätigkeit solle den gesamten Finanzmarkt umfassen, auch den Vertrieb von Genussrechten an Verbraucher. Die Einzelheiten eines solchen Konzepts würden derzeit geprüft.
Wie ist das zu bewerten?
Schon lange wird wegen eines verbesserten Anlegerschutzes auf dem grauen Kapitalmarkt diskutiert. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wieso nicht der graue Kapitalmarkt durch einschlägige gesetzliche Regelungen beseitigt wird: Warum werden die Anbieter von Produkten auf dem grauen Kapitalmarkt nicht einfach der Aufsicht der BaFin unterstellt und die Anwendung der Regelungen des Wertpapierhandelgesetzes ausgeweitet auf Geldanlagen des grauen Kaptalmarktes? Der Nutzen und der Bedarf einer scheinbar neuen Instanz, dem „Finanzmarktwächter“, erschließt sich nicht.
(RH)