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Eine Abmahnung ist im Arbeitsrecht ein ernstes Warnsignal. Der Arbeitgeber hält damit fest, dass ein bestimmtes Verhalten des Arbeitnehmers gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstößt. Sie dient zugleich als Hinweis: Wenn das Verhalten nicht geändert wird, kann im schlimmsten Fall eine Kündigung – sogar eine fristlose Kündigung – folgen.

Besonders heikel wird es, wenn es um eine Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit geht. Krankheit und Arbeitsunfähigkeit lassen sich für Außenstehende schwer beurteilen. Zwar soll die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Beweiswert für eine Erkrankung sichern. Doch wenn der Arbeitgeber den Verdacht hat, dass eine Krankmeldung nur vorgeschoben ist, stehen Arbeitnehmer schnell im Fokus. Gerichte befassen sich immer wieder mit Fällen, in denen eine vorgetäuschte Krankheit und Arbeitsunfähigkeit zu Abmahnung oder fristloser Kündigung führte.

Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit: Bedeutung

Eine Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer eine Krankmeldung einreicht, tatsächlich aber nicht arbeitsunfähig ist. Der Arbeitgeber wirft dem Mitarbeiter in diesem Fall vor, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung missbräuchlich genutzt zu haben. Rechtlich betrachtet handelt es sich um ein schweres Fehlverhalten, das – je nach Schwere – eine Abmahnung oder sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit:

  • Krank sein bedeutet zunächst, dass eine Erkrankung vorliegt.
  • Arbeitsunfähigkeit liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer wegen dieser Erkrankung seine vertraglich geschuldete Arbeit nicht mehr leisten kann.

Misstrauen entsteht bei Arbeitgebern oft in typischen Situationen, etwa wenn:

  • eine Krankmeldung genau auf Urlaubszeiten fällt,
  • ein Arbeitnehmer trotz Attest öffentlich Aktivitäten nachgeht, die seiner Erkrankung widersprechen,
  • auffällig häufige Kurzzeiterkrankungen vorliegen,
  • die ärztliche Bescheinigung verspätet oder gar nicht eingereicht wird,
  • der vermeintlich arbeitsunfähige Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung eine oder mehrere Folgebescheinigungen vorlegt, die passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfassen, und er unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufnimmt (siehe unten auch Punkt 3. zu “Tipps für den Arbeitnehmer”).

In solchen Fällen prüfen Arbeitgeber genau, ob eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit vorliegt – und greifen nicht selten zu einer Abmahnung.

Wann droht eine Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit?

Eine Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit und ggf. mehr, wie z.B. Einstellung der Lohnfortzahlung und/oder fristlose Kündigung, droht immer dann, wenn das Verhalten eines Arbeitnehmers Zweifel an seiner Arbeitsunfähigkeit weckt.

Typische Beispiele sind:

  • Fotos oder Posts in Social Media, die den Eindruck erwecken, man sei gesund und aktiv,
  • ein Nebenjob oder körperlich belastende Tätigkeiten während der Krankschreibung,
  • wiederholte Krankmeldungen, die immer an Brückentage oder Urlaubszeiträume anschließen.

Der Arbeitgeber darf in solchen Fällen Beweise sammeln – allerdings nur in einem rechtlich zulässigen Rahmen. Dazu gehören etwa Zeugenaussagen, öffentliche Fotos oder die Überprüfung, ob die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung korrekt und rechtzeitig vorgelegt wurde. Unzulässig sind dagegen Methoden wie heimliche Observationen ohne triftigen Grund.

Eine zentrale Rolle spielt das ärztliche Attest: Es hat grundsätzlich hohen Beweiswert für die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit. Dennoch kann dieser erschüttert werden – etwa wenn ein Arbeitnehmer während einer attestierten Erkrankung Tätigkeiten ausübt, die mit der behaupteten Erkrankung unvereinbar sind. In solchen Fällen kann bei gerichtlicher Auseinandersetzung das Gericht zugunsten des Arbeitgebers entscheiden und die Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit für rechtmäßig halten.

Rechtliche Voraussetzungen für eine Abmahnung

Damit eine Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit wirksam ist, muss der Arbeitgeber konkrete Anhaltspunkte oder Beweise für ein Fehlverhalten haben. Reine Vermutungen reichen nicht aus. Beispiele: ein Mitarbeiter wird trotz Krankmeldung bei einer körperlich anstrengenden Tätigkeit gesehen oder es liegen glaubhafte Zeugenaussagen vor. Ohne solche Belege hat die Abmahnung vor Gericht wenig Bestand.

Auch Form und Inhalt sind rechtlich klar geregelt:

  • Die Abmahnung muss das Verhalten genau beschreiben und dies als Pflichtverletzung angeben.
  • Sie muss den Hinweis enthalten, dass bei Wiederholung eine Kündigung – im Extremfall sogar eine fristlose Kündigung – droht.
  • Sie wird schriftlich erteilt und in der Regel in die Personalakte aufgenommen.

Wichtig ist der Unterschied zwischen Abmahnung und Kündigung:

  • Die Abmahnung ist eine Warnung und soll dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, sein Verhalten zu ändern.
  • Eine Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis. Gerade die fristlose Kündigung wegen einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit ist nur zulässig, wenn der Vertrauensbruch so schwer wiegt, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.

Folgen einer Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit

Eine Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit hat spürbare Konsequenzen:

1. Eintrag in die Personalakte

Die Abmahnung wird in der Regel in der Personalakte vermerkt. Sie dokumentiert, dass der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten verstoßen hat. Das kann sich später bei Beförderungen, Gehaltserhöhungen oder Zeugnisformulierungen negativ auswirken.

2. Bedeutung für das Arbeitsverhältnis

Eine Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit belastet das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie signalisiert, dass der Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit oder am ehrlichen Verhalten hat. Das Verhältnis kann dauerhaft gestört sein – auch wenn der Arbeitnehmer die Abmahnung für ungerechtfertigt hält.

3. Risiko einer Kündigung bei Wiederholung

Kommt es erneut zu einer fragwürdigen Krankmeldung, droht eine verhaltensbedingte Kündigung. Im schlimmsten Fall kann das sogar eine fristlose Kündigung sein. Gerichte haben mehrfach entschieden, dass das bewusste Vortäuschen von Krankheit einen erheblichen Vertrauensbruch darstellt und eine Kündigung rechtfertigt.

Lassen Sie sich bei unserem Anwalt nach Abmahnung und Kündigung beraten, um zu erfahren, ob rechtliche Schritte Aussicht auf Erfolg haben. Ggf. vertritt unser Anwalt Sie insbesondere nach Kündigung dann im gerichtlichen Verfahren.

Was tun bei einer Abmahnung wegen angeblich vorgetäuschter Krankheit?

Wer eine Abmahnung erhält, sollte überlegt vorgehen und nichts überstürzt tun. Diese Schritte sind wichtig:

1. Rechtmäßigkeit prüfen:

Zuerst sollte geprüft werden, ob die Abmahnung inhaltlich korrekt ist. Fehlen konkrete Vorwürfe, Beweise oder Hinweise auf mögliche Konsequenzen (z. B. Kündigung), kann sie unwirksam sein.

2. Widerspruch einlegen/Gegendarstellung einreichen:

Arbeitnehmer haben das Recht, – am besten schriftlich – Widerspruch bzw. eine Gegendarstellung beim Arbeitgeber einzureichen. Darin kann erklärt werden, warum die Abmahnung wegen angeblich vorgetäuschter Krankheit unzutreffend ist – etwa weil die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den hohen Beweiswert für eine tatsächliche Erkrankung hat. Der Widerspruch bzw. die Gegendarstellung, wird dann zur Personalakte genommen.

3. Entfernung aus der Personalakte verlangen:

Ist die Abmahnung unbegründet oder fehlerhaft, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass sie aus der Personalakte entfernt wird. Weigert sich der Arbeitgeber, lässt sich dies notfalls vor dem Gericht einklagen.

4. Fachanwalt für Arbeitsrecht einschalten:

Sobald die Abmahnung wegen angeblich vorgetäuschter Krankheit ernsthafte Folgen für das Arbeitsverhältnis haben könnte – etwa wenn eine fristlose Kündigung im Raum steht –, ist anwaltliche Hilfe dringend zu empfehlen. Ein erfahrener Anwalt für Arbeitsrecht kann die Erfolgsaussichten prüfen und weitere Schritte einleiten.

Tipps für Arbeitnehmer

Damit es gar nicht erst zu einer Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit kommt, sollten Arbeitnehmer einige Grundregeln beachten:

1. Richtiges Verhalten bei Krankheit

Wer krank und dadurch arbeitsunfähig ist, sollte sich sofort arbeitsunfähig melden und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig einreichen. Aktivitäten, die der attestierten Erkrankung widersprechen, sollten vermieden werden – sie könnten sonst den Verdacht einer vorgetäuschten Krankheit wecken.

2. Kommunikation mit dem Arbeitgeber

Eine schnelle und klare Krankmeldung schafft Vertrauen und ist regelmäßig auch arbeitsvertraglich geboten. Am besten direkt zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit telefonisch oder per Mail informieren, wie lange die Abwesenheit voraussichtlich dauert. Bei längerer Erkrankung regelmäßig Rückmeldung geben.

3. Rechte und Pflichten im Krankheitsfall

Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihre Bescheinigung rechtzeitig vorzulegen – in vielen Fällen schon am ersten Krankheitstag. Gleichzeitig genießen sie Schutz: Der Arbeitgeber darf die Krankheit nicht anzweifeln, solange keine begründeten Zweifel am Beweiswert des Attests bestehen. Erst wenn starke Anhaltspunkte, so wie im Fall für eine Täuschung vorliegen, darf er weitere Schritte einleiten.

In dem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 13. Dezember 2023 – 5 AZR 137/23 – entschiedenen Fall hatte das BAG entschieden, dass der Beweiswert von (Folge-)Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschüttert sei, wenn der vermeintlich arbeitsunfähige Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung eine oder mehrere Folgebescheinigungen vorlegt, die passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfassen, und er unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufnimmt. Eine solche Erschütterung des Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat zur Folge, dass der klagende Arbeitnehmer nunmehr für den betreffenden Zeitraum die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Abmahnung oder den Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 EFZG trägt.

Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit: Fazit

Eine Abmahnung wegen vorgetäuschter Krankheit ist mehr als nur ein formaler Hinweis – sie kann das gesamte Arbeitsverhältnis belasten und im schlimmsten Fall zu einer verhaltensbedingten Kündigung oder sogar fristlosen Kündigung führen. Arbeitnehmer sollten deshalb ihre Pflichten im Krankheitsfall ernst nehmen: Arbeitsunfähigkeit sofort melden, die ärztliche Bescheinigung fristgerecht einreichen und Aktivitäten vermeiden, die Zweifel an der Erkrankung wecken.

Wer dennoch eine Abmahnung wegen angeblich vorgetäuschter Krankheit erhält, sollte sie rechtlich prüfen lassen und im Zweifel Widerspruch erheben und eine Gegendarstellung beim Arbeitgeber einreichen und zur Personalakte legen lassen. Denn nicht jede Abmahnung ist wirksam – Gerichte heben unberechtigte Abmahnungen im Klagefall regelmäßig auf. Spätestens im Kündigungsschutzverfahren würde das Arbeitsgericht nach vorhergehender rechtswidriger Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung für unwirksam erklären.

Merke: Bei Unsicherheit oder drohender Kündigung ist der Gang zu einem Anwalt für Arbeitsrecht der sicherste Weg, um die eigenen Rechte zu wahren. Unser Anwalt für Arbeitsrecht berät und vertritt Sie auch beim Aushandeln eines Aufhebungsvertrages und einer Abfindung.

Siehe auch:

Abfindung bei Kündigung durch Arbeitgeber

Aufhebungsvertrag bei Drohung anfechtbar?

Abmahnung: Widerspruch einlegen

Abmahnung bei Verweigerung des Personalgesprächs?

Rolf Heinemann

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