LG Coburg, Urt. v. 16. März 2010 – 11 O 660/09 (rechtskräftig)
Das LG Coburg hat die Klage einer gesetzlichen Krankenkasse gegen ein Pflegeheim wegen des Sturzes eines bei der Klägerin versicherten Heimbewohners abgewiesen.
Der im Jahr 1925 geborene Bewohner eines Pflegeheims war beim Wechsel der Inkontinenzeinlage gestürtzt. Der alte Herr hatte zu diesem Zeitpunkt zahlreiche körperliche Gebrechen, wodurch sich beim Gehen und auch beim Stehen eine gewisse Unsicherheit ergab. Die gesetzliche Krankenkasse des Heimbewohners forderte vom Pflegeheim über 8.000,00 Euro Behandlungskosten, die infolge des durch den Sturz verursachten Bruches entstanden waren. Die Krankenkasse vertrat die Auffassung, die mit dem Wechseln der Inkontinenzeinlage befasste Pflegekraft hätte weitere Maßnahmen zur Vermeidung von Stürzen treffen müssen. Das Pflegeheim brachte dagegen vor, dass die Inkontinenzversorgung des älteren Herrn entsprechend seinem eigenen Wunsch immer auf die gleiche Weise durchgeführt worden sei. Der Bewohner habe sich dazu an das Bett gestellt und mit beiden Händen am Nachtkästchen abgestützt und auch mitgeholfen. So sei ohne jegliche Zwischenfälle längere Zeit verfahren worden.
Das Landgericht Coburg führte, wie bereits in früheren Verfahren, zur Begrüdnung seiner Klageabweisung aus, dass die Pflicht des Pflegeheims zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der ihm anvertrauten Bewohner auf die üblichen Maßnahmen begrenzt ist. Dabei seien die Würde, die Interessen und die Bedürfnisse der Bewohner zu berücksichtigen.
Im vorliegenden Einzelfall stellte das Gericht fest, dass der ältere Herr bis zum Unfallzeitpunkt beim Gehen oder Stehen – trotz bestehender Unsicherheiten – nicht habe gestützt werden müssen. Daher hätte sich für das Personal des beklagten Pflegeheims keine Notwendigkeit zu weiteren Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Inkontinenzpflege ergeben. Die Beweisaufnahme habe vielmehr ergeben, dass der Heimbewohner bis zu seinem Sturz nicht einmal beim Laufen irgendwelche Unterstützung durch das Pflegepersonal benötigte. Das Landgericht stellte fest, dass beim Heimbewohner während der gesamten Zeit seines Aufenthalts routinemäßige, pflegerische Maßnahmen durchgeführt wurden. Damit handelte es sich bei der konkreten Inkontinenzbehandlung um den normalen, alltäglichen Gefahrenbereich, der grundsätzlich in der eigenverantwortlichen Risikosphäre des Geschädigten verbleibt.
Fazit:
Auch in der Obhut eines Pflegeheimes verbleibt dem Heimbewohner im Rahmen seiner Eigenverantwortlichkeit ein allgemeines Lebensrisiko.
(Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg Nr. 453/10 vom 20. August 2010)