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Das OLG Naumburg hat mit Urteil vom 19. Dezember 2008 – 10 U 38/08 u.a. entschieden, dass die Klausel: „Für investive Kosten berechnet der Dienstleistungsgeber monatlich 5 % von der Höhe des Leistungsentgeltes. Diese investiven Kosten richten sich nach der bestätigten Pflegestufe.“, in einem Pflegevertrag über die Erbringung ambulanter Pflegeleistungen nicht verwendet werden darf.
Was war passiert?
Der Betreiber einer ambulanten Pflegeeinrichtung verwendete in seinen Verträgen unter anderem folgende Klausel:
„Für investive Kosten berechnet der Dienstleistungsgeber monatlich 5 % von der Höhe des Leistungsentgeltes. Diese investiven Kosten richten sich nach der bestätigten Pflegestufe.
Pflegestufe 0: 19,20 €
Pflegestufe I: 19,20 €
Pflegestufe II: 46,05 €
Pflegestufe III: 71,60 €“.
Dies beanstandete ein Verbraucherschutzverein und erhob Unterlassungsklage.
Das Landgericht (LG) Magdeburg (7 O 230/08) hat die Klausel für unproblematisch gehalten und die Unterlassungsklage des Verbraucherschutzverbandes abgewiesen. Dagegen hat der Verbraucherschutzverein Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) Naumburg eingelegt.
Was sagt das OLG dazu?
Das OLG hat die Berufung für begründet erachtet. Es hat der Pflegeeinrichtung unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, die Klausel
„Für investive Kosten berechnet der Dienstleistungsgeber monatlich 5 % von der Höhe des Leistungsentgeltes. Diese investiven Kosten richten sich nach der bestätigten Pflegestufe.“
in Verträgen über die Erbringung ambulanter Pflegeleistungen zu verwenden.
Die Klausel unterliege als so genannte „Preisnebenabrede“ der Inhaltskontrolle nach der für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) geltenden Vorschrift des § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 BGB.
Zwar stehe die Umlage als solche im Einklang mit § 82 Abs. 4 SGB XI und sei nicht zu beanstanden. Weil es nicht nach Landesrecht geförderten Einrichtungengemäß § 82 Abs. 4 SGB XI grundsätzlich gestattet ist, ihre betriebsnotwendigen Investitionskosten abweichend von § 82 Abs. 3 SGB XI nach anderen Kriterien berechnen, widerstreite es § 82 Abs. 4 SGB XI grundsätzlich auch nicht, dass die Berechnung des Investitionskostenanteils an die Höhe des Leistungsentgeltes anknüpfe.
Allerdings lasse die Regelung zu den Investitionskosten die gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB erforderliche Transparenz vermissen, weil sie
– zum einen auf ein prozentuales Verhältnis zur Höhe des Leistungsentgeltes Bezug nimmt und
-zum anderen konkrete Festbeträge – gestaffelt nach der jeweiligen Pflegestufe – benennt, ohne dabei zugleich im Einzelnen klarzustellen, welche Auswirkungen eine Änderung des Leistungsentgeltes auf den bezifferten Investitionskostenanteil hat.
Nach dem im Rahmen der Inhaltskontrolle gemäß § 305c Abs. 2 BGB anzulegenden Maßstab der so genannten „kundenfeindlichsten Auslegung“ könne, weil in der Klausel neben den bezifferten und nach Pflegestufe abgestuften Einzelbeträgen ein Prozentsatz für die Berechnung des umlagefähigen Kostenanteils angegeben ist, die Vertragsbestimmung aus objektiv verständiger Sicht der angesprochenen Verkehrskreise dahingehend verstanden werden, dass es zulässig sein soll, bei Änderung des Leistungsentgeltes – und zwar ohne vorherige Zustimmung des Pflegebedürftigen – einseitig eine dynamische Anpassung der investiven Kostenanteile vorzunehmen. Der situationsadäquat aufmerksame, kritische Kunde werde in der Angabe des Prozentsatzes nicht bloß den Hinweis auf die gewählte Berechnungsmethode erblicken. Vielmehr werde er diesen auch als Berechnungsansatz für den Fall der Änderung der Bezugsgröße, nämlich des Leistungsentgeltes, zu Grunde legen. Der Hinweis auf die prozentuale Berechnung wäre nämlich anderenfalls gänzlich überflüssig. Dies gelte umso mehr, da sich die investiven Kosten tatsächlich nicht als Prozentsatz des Leistungsentgeltes ermittelten, sondern an sich eine betriebswirtschaftliche Kostenkalkulation voraussetzten.
Die Klausel sei auch insoweit zu unbestimmt, wie sie ganz allgemein an das nicht näher umschriebene „Leistungsentgelt“ anknüpfe ohne dabei zugleich die Voraussetzungen und den Umfang einer Anpassung zu regeln. Es bleibe unklar, was mit der für die Berechnung gewählten Bezugsgröße in Form des „Leistungsentgelts“ gemeint sei. Darunter könne durchaus auch das gesamte, vom Verbraucher bzw. dessen Kostenträger zu zahlende Monatsentgelt verstanden werden. Denn erst wenn man die bezifferten Festbeträge – unter Heranziehung des Kostenbogens – mit den jeweiligen Pflegesätzen vergleiche, erschlösse sich dem aufmerksamen Leser, dass Bezugsgröße für die prozentuale Berechnung tatsächlich die jeweiligen Pflegesätze sein müssen.
Darüber hinaus könne die vorgenommene Koppelung der Investitionskostenumlage an die Pflegesätze zu einer Kostenentwicklung führen, die sich vom tatsächlichen Anfall betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen mehr und mehr ablöse. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Höhe des jeweiligen Pflegesatzes in einer unmittelbaren Beziehung zu den umlagefähigen investiven Kosten stehe. Vielmehr habe die Höhe des Pflegesatzes für die Kalkulation der investiven Kosten schlicht überhaupt keine Bedeutung. Es sei daher im Fall einer Änderung der Pflegesätze eine Deckung mit dem Investitionskostenanteil nicht mehr gewährleistet. Die Anhebung der Pflegesätze biete keine gesicherten Anhaltspunkte dafür, dass auch die investiven Kosten in einem bestimmten Verhältnis hierzu angestiegen sind. Durch die Anbindung des Investitionskostenanteils an die Leistungsentgelte könne sich also das ursprüngliche Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung zu Ungunsten des Verbrauchers verschieben. Gerade eine solche Verschiebung des vertraglichen Gleichgewichts wolle § 307 BGB verhindern.
Was lernen wir daraus?
Vertragsbestimmungen wie die eingangs genannte mit der Angabe
– einerseits eines prozentualen Verhältnisses der umlagefähigen Investitionskosten zur Höhe des Leistungsentgelts und
– andererseits eines bestimmten Festbetrages, ohne zugleich klarzustellen, welche Auswirkungen eine Änderung des Leistungsentgeltes auf den bezifferten Investitionskostenanteil hat,
dürfen nicht verwendet werden. Die Vertragsbestimmungen mit den Kunden müssen entsprechend gestaltet werden. Andernfalls drohen teure Abmahnungen durch Verbraucherschutzverbände – oder noch teurere durch Mitbewerber. Es bietet sich insoweit an, feste Beträge für den Investitionskostenanteil zu vereinbaren und zugleich eine Änderungsmöglichkeit mit in den Pflegevertrag aufzunehmen.
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