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LG Dresden, Urt. v. 23. Januar 2009 – 10 O 2246/08

1.) Die Verwirkung einer Vertragsstrafe setzt ein schuldhaftes Verhalten des Schuldners voraus. Beruft der Schuldner sich auf fehlendes Verschulden, trifft ihn die Beweislast.
2.) Überprüfen nach einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung in Deutschland zugelassene Rechtsanwälte im Auftrag des Schuldners sein Online-Angebot und teilen mit, es gäbe keine wettbewerbsrechtlichen Beanstandungen, hat der Schuldner alle ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten genutzt, um eine zukünftige Zuwiderhandlung auszuschließen. Der Schuldner haftet dann weder für eigenes Verschulden noch für das Verschulden seiner Rechtsanwälte.

(Leitsätze des Bearbeiters)

Der Fall:
Der Beklagte hatte zu Gunsten der Klägerin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Darin hatte er sich – sinngemäß – verpflichtet, für jeden Fall des Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Vornahme einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung eine Vertragsstrafe von € 5.100,00 zu zahlen.

Die Klägerin machte geltend, der Beklagte habe in zwei Fällen gegen die Unterlassungserklärung verstoßen. Der Beklagte habe daher zweimal Vertragsstrafe (€ 11.200,00) zu leisten und auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten (€ 1.163,00) zu tragen.

Der Beklagte wandte ein, die von ihm vorgehaltene Widerrufsbelehrung sei nicht zu beanstanden. Außerdem habe er seine Seiten von Rechtsanwälten prüfen lassen. Diese hatten mitgeteilt, keine Beanstandungen, insbesondere keine Wettbewerbsverstöße, gefunden zu haben.

Die Entscheidung:
Das Landgericht Dresden hat dem Beklagten Recht gegeben und die Klage abgewiesen.

Dabei hat das Gericht es ausdrücklich offen gelassen, ob tatsächlich ein Wettbewerbsverstoß durch eine fehlerhafte Belehrung vorlag. Denn jedenfalls liege weder ein für die Verwirkung der Vertragsstrafe erforderliches schuldhaftes Verhalten des Beklagten selbst vor, noch wäre ihm ein Verschulden seiner Rechtsanwälte zuzurechnen.

Da der Schuldner im Falle eines Verstoßes gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung sich für eine objektive Pflichtverletzung entlasten müsse, müsse sein (fehlendes) Verschulden negativ von ihm bewiesen werden. Ihn treffe daher die Beweislast für die Unvertretbarkeit seines Zuwiderhandelns. Dabei habe der Schuldner auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen im Sinne § 278 BGB einzustehen

Ein eigenes Verschulden des Beklagten, so das Gericht weiter, könne nicht angenommen werden.

Zwar müsse der Schuldner nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung alle ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten ausschöpfen, um eine Zuwiderhandlung auszuschließen. Doch habe der Beklagte genau dies getan, indem er seine beanstandeten Seiten hinsichtlich der gerügten Widerrufsbelehrungen zuvor von seinen Rechtsanwälten hat rechtlich überprüfen und Verwendungsfreigabe erteilen lassen. Mehr könne nicht verlangt werden.

Auch ein – unterstelltes – Verschulden der Rechtsanwälte durch eine – unterstellt – rechtsfehlerhafte Verwendungsfreigabe könne dem Beklagten nicht zugerechnet werden.

Maßgeblich für eine Zurechnung von Fremdverschulden wäre vorliegend nicht der nur für den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltende § 8 Abs. 2 UWG, sondern § 278 BGB.

Allerdings seien die Rechtsanwälte des Beklagten nicht als dessen Erfüllungsgehilfen für die Unterlassungspflicht gegenüber der Klägerin tätig geworden. Rechtsanwälte, die – wie hier – auftragsgemäß die Rechtmäßigkeit eines Angebotes im Fernabsatz überprüfen, sind keine Erfüllungsgehilfen, derer sich der Schuldner zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit gegenüber der Klägerseite bedient. Dies rühre daher, dass es keine ausschließliche schuldrechtliche Verbindlichkeit des Beklagten gegenüber der Klägerin darstelle, wettbewerbsrechtlich beanstandungsfrei gegenüber allen beworbenen Verkehrskreisen aufzutreten.

Auch eine Zurechnung über § 831 BGB komme nicht in Betracht. Selbst wenn man unterstellen wollte, die Beratung durch die Rechtsanwälte sei fehlerhaft gewesen, so habe der Beklagte doch auf die Beratung durch die in Deutschland zugelassenen Rechtsanwälte vertrauen dürfen. Ein haftungsbegründendes Auswahlverschulden könne daher nicht angenommen werden.

Konsequenzen für die Praxis:
Die Entscheidung des LG Dresden macht deutlich, dass eine Beratung durch einen Rechtsanwalt nicht nur für den konkreten Fall, sondern auch darüber hinaus wichtig sein kann. Das Urteil führt nämlich im Ergebnis dazu, dass derjenige, der sich anwaltlichen Rats bedient, um Wettbewerbsverstöße zu vermeiden, nicht für Fehler seiner Anwälte haftet. Für Fehler anderer Berater wird dies jedoch nicht gelten können.

Im Ergebnis kann somit nur noch mehr als schon zuvor jedem Internet-Händler geraten werden, nach einer Abmahnung sein Angebot von einem Rechtsanwalt überprüfen zu lassen.
(LH)