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BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 156/13

Eine Wirtschaftsauskunftei wie die SCHUFA ist nicht dazu verpflichtet, dem Betroffenen auf Verlangen Auskunft über das Zustandekommen eines Scorewertes – welche Merkmale mit welcher Gewichtung? – zu erteilen. Dies hat der BGH mit Urteil vom 28.01.2014 – VI ZR 156/13 entschieden und damit die Entscheidung des LG Gießen aus der Vorinstanz bestätigt.

Was war passiert?
Die beklagte Wirtschaftsauskunftei SCHUFA sammelt und speichert im Rahmen ihrer Tätigkeit personenbezogene Daten, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Betroffenen relevant sein können. Darüber hinaus erstellt sie, u.a. auch unter Berücksichtigung der hinsichtlich des jeweiligen Betroffenen vorliegenden Daten, sog. Scorewerte. Ein Score stellt einen Wahrscheinlichkeitswert über das künftige Verhalten von Personengruppen dar, der auf der Grundlage statistisch-mathematischer Analyseverfahren berechnet wird. Die von der Beklagten ermittelten Scores sollen aussagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Betroffene seine Verbindlichkeiten vertragsgemäß erfüllen wird. Ihren Vertragspartnern stellt die Beklagte diese Scorewerte zur Verfügung, um ihnen die Beurteilung der Bonität ihrer Kunden zu ermöglichen.

Nachdem die Finanzierung eines Automobilkaufs der Klägerin zunächst aufgrund einer unrichtigen Auskunft der Beklagten gescheitert war, wandte sich die Klägerin an die Beklagte. Diese übersandte ihr nachfolgend eine Bonitätsauskunft sowie mehrfach eine „Datenübersicht nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz“.

Die Klägerin ist der Ansicht, die von der Beklagten erteilte Auskunft genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Das AG Gießen hat mit Urteil vom 11.10.2012 – 47 C 206/12 die Klage im Wesentlichen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin beim Landgericht Gießen – Urteil vom 06.03.2013 – 1 S 301/12 – blieb ohne Erfolg. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt, ihr hinsichtlich einzelner Scorewerte Auskunft darüber zu erteilen, welche Merkmale zur Scoreberechnung in welcher Gewichtung eine Rolle spielen.

Was sagt der BGH dazu?
Der BGH hat die Revision zurückgewiesen.

Allerdings hat die Beklagte nach Auffassung des BGH Auskunft darüber zu erteilen, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten bei ihr gespeichert und in die Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte eingeflossen sind. Diese Auskunft habe die Beklagte gegenüber der Klägerin (teilweise erst im vorliegenden Verfahren) erteilt. Ihr wurden alle bei der Beklagten zu ihrer Person gespeicherten Daten übermittelt. Ferner wurde sie über die in den letzten zwölf Monaten an Dritte übermittelten und die aktuell berechneten Wahrscheinlichkeitswerte sowie über die zur Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte genutzten Daten informiert. Die Einzelheiten wurden in einem Merkblatt erläutert.

Einen darüber hinausgehenden Auskunftsanspruch der Klägerin habe das Berufungsgericht zu Recht verneint. Die von ihr beanspruchten konkreten Angaben zu Vergleichsgruppen zählten nicht zu den Elementen des Scoringverfahrens, über die nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG Auskunft zu erteilen ist. Gleiches gelte für die Gewichtung der in den Scorewert eingeflossenen Merkmale. Dem Auskunftsanspruch des § 34 Abs. 4 BDSG liege die gesetzgeberische Intention zugrunde, trotz der Schaffung einer größeren Transparenz bei Scoringverfahren Geschäftsgeheimnisse der Auskunfteien, namentlich die sog. Scoreformel, zu schützen. Die Auskunftsverpflichtung solle dazu dienen, dass der Betroffene den in die Bewertung eingeflossenen Lebenssachverhalt erkennen und darauf reagieren kann. Hierzu bedürfe es keiner Angaben zu Vergleichsgruppen und zur Gewichtung einzelner Elemente. Das gesetzgeberische Ziel eines transparenten Verfahrens werde dadurch erreicht, dass für den Betroffenen ersichtlich ist, welche konkreten Umstände als Berechnungsgrundlage in die Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswerts eingeflossen sind. Dieses Ziel werde durch die der Klägerin erteilten Auskünfte erreicht.

Was lernen wir daraus?
Die Reichweite der Auskunftspflicht zu den Elementen des Scoringverfahrens ergibt sich aus § 34 Abs. 4 BDSG. Weitergehende Auskunftsverpflichtung hat der BGH abgelehnt und damit eine Grenzziehung zu den Geschäftsgeheimnissen der Auskunfteien vorgenommen.
(RH)