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Das BSG hat am 23.06.2015, Az. B 1 KR 26/14 R, entschieden, dass in allen Streitigkeiten über Krankenhausvergütung bis zur Höhe von 2.000 Euro eine Klage auf Krankenhausvergütung ab 01.09.2015 das Fehlschlagen einer Schlichtung voraussetzt.

Was ist passiert?

Ob und wann eine Klage wegen Krankenhausvergütung bis zur Höhe von 2.000 Euro erst nach erfolglosem Schlichtungsverfahren zulässig ist, ist seit Einfügung der Gesetzesregelung 2013 streitig. Die ursprünglich im Gesetz vorgesehenen Schlichtungsausschüsse sind bislang nicht funktionsfähig, ersatzweise berufene Schiedsstellen nehmen die Schlichtung bisher offenbar nicht wahr. Im zu entscheidenden Fall behandelte das Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin die bei der beklagten Krankenkasse Versicherte vollstationär vom 05.04. bis 06.04.2009 wegen einer verhaltenen Fehlgeburt und erhielt hierfür 912,41 Euro (Rechnung vom 20.04.2009, Zahlung vom 04.05.2009). Die Beklagte forderte im Oktober 2013 die Klägerin vergeblich unter Fristsetzung dazu auf, den Grund für den stationären Aufenthalt mitzuteilen, da die Leistung in der Regel ambulant erbracht werden könne. Die Beklagte rechnete nach Fristablauf mit der Rückforderung von 912,41 Euro gegen Vergütungsansprüche der Klägerin für Krankenhausbehandlungen aus November 2013 auf (10.12.2013). Das Sozialgericht hat die Beklagte auf die noch 2013 erhobene Klage antragsgemäß verurteilt, 912,41 Euro nebst Zinsen zu zahlen: Ein Schlichtungsverfahren sei nicht erforderlich gewesen, da nur eine Erstattungs-, nicht eine Vergütungsforderung streitig sei. Habe ein Erstattungsanspruch bestanden, weil die Leistungen hätten ambulant erfolgen können und die Klägerin keinen Grund für stationäres Behandeln mitgeteilt habe, sei er bereits vor der Aufrechnung verjährt gewesen.

Was sagt das BSG dazu?

Das BSG hat entschieden, dass der durch frühere Rechtsprechung des BSG begründete Vertrauensschutz von Krankenhäusern und Krankenkassen mit Ablauf des August 2015 endet.
Nach Auffassung des BSG setzt in allen Streitigkeiten über Krankenhausvergütung bis zur Höhe von 2.000 Euro, in denen eine Auffälligkeitsprüfung (§ 275 Abs. 1c SGB V) tatsächlich erfolgte, die statthafte allgemeine Leistungsklage auf streitig gebliebene Vergütung ab 01.09.2015 das Fehlschlagen einer Schlichtung voraus, die den Streit durch Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages beilegen soll. Die gesetzlich vorgesehenen Schlichtungsausschüsse seien an Gerichtsverfahren nicht zu beteiligen.
Das BSG hat das SG-Urteil aufgehoben und die danach zulässige Klage des Krankenhausträgers abgewiesen: Die beklagte Krankenkasse hatte wirksam mit einem Erstattungsanspruch aufgerechnet. Die Behandlung der Versicherten konnte ihrer Art nach in der Regel ambulant erbracht werden. Die Klägerin teilte in Kenntnis der Rechtslage keinen Grund für eine stationäre Behandlung mit. Die vierjährige Verjährungsfrist war bei Zugang der Aufrechnungserklärung nicht abgelaufen.

Was lernen wir daraus?

Noch am 08.10.2014 hatte der 3. Senat des BSG unter Az. B 3 KR 7/14 R entschieden, dass die Anrufung eines Schlichtungsausschusses im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Garantie effektiven Rechtsschutzes erst dann Klagevoraussetzung sein könne, wenn dieser Ausschuss tatsächlich angerufen werden kann. Wenn der Gesetzgeber zur Entlastung der Sozialgerichte vor Erhebung von Klagen über umstrittene Krankenhausvergütungen die Anrufung eines Schlichtungsausschusses vorschreibt, müsse dieser errichtet sein und die Aufgabe der Streitschlichtung effektiv wahrnehmen können. Solange das nicht gesichert ist, seien Klagen, mit denen Krankenhäuser umstrittene Vergütungen fordern oder Krankenkassen zu Unrecht gezahlte Vergütungen für Krankenhausleistungen zurückfordern, zulässig.

Nach der nunmehr vom 1. Senat verabschiedeten Entscheidung ist eine Klageerhebung in Streitigkeiten über Krankenhausvergütung bis zur Höhe von 2.000 Euro ab 01.09.2015 nicht mehr zulässig, wenn ein Schlichtungsausschuss noch nicht errichtet ist.

Es bleibt abzuwarten, ob in die Bildung von Schlichtungsausschüssen jetzt Bewegung kommt und wie mit einschlägigen Vergütungsansprüchen umzugehen ist, die zu verjähren drohen, wenn dies unterbleibt.

(Quelle: Juris das Rechtsportal, Pressemitteilung des BSG v. 23.06.2015)