Rechnungskürzung bei nicht möglicher Übermittlung per DTA? Dazu hat das SG Bremen am 12. Juni 2007 – S 4 KR 148/05 – entschieden. Und zwar sind die gesetzlichen Krankenkassen nicht zu einer Kürzung der Rechnung gemäß § 303 Abs. 3 S. 2 SGB V berechtigt, wenn eine erneute Übermittlung von Abrechnungsinformationen auf elektronischem Wege aufgrund eines Wechsels des insolvent gewordenen bisherigen Software-Systemanbieters nicht möglich ist, so das SG Bremen.
Was ist passiert?
Das klagende Krankenhaus und die beklagte Krankenkasse praktizieren den Austausch von Abrechnungsinformationen mittels elektronischer Datenübertragung (DTA).
Nach der Insolvenz des bisherigen Systemlieferanten hatte das Krankenhaus das Krankenhausinformationssystem gewechselt. Die zuvor bereits an die Krankenkasse übermittelten Daten konnten nicht in das neue System eingepflegt werden. Deshalb konnten in Fällen, in denen Rückfragen betreffend die Abrechnung erfolgt waren, die Abrechnungsdaten nicht erneut im Wege des DTA an die Krankenkasse übermittelt werden.
Weil die Krankenkasse die Daten aufgrund dessen selbst von Hand in das System eintragen musste, kürzte sie den unstreitigen Rechnungsbetrag pauschal um 5 %.
Das Krankenhaus nahm die Krankenkasse im Klagewege Zahlung der zurückbehaltenen Differenzbeträge in Anspruch.
Rechnungskürzung bei nicht möglicher Übermittlung per DTA?
Das Sozialgericht hat dem Krankenhaus Recht gegeben. Und zwar ist die Krankenkasse zur Zahlung verurteilt worden.
Das Gericht hat dahinstehen lassen, ob vor dem Hintergrund, dass die streitigen Daten bereits einmal übermittelt worden sind überhaupt von einer fehlenden Übermittlung oder fehlenden Übermittlung auf Datenträgern im Sinne von § 303 Abs. 3 S. 1 SGB V gesprochen werden könne.
Rechnungskürzung bei nicht möglicher Übermittlung per DTA?
Die beklagte Krankenkasse könne sich jedenfalls für die vorgenommene Rechnungskürzung nicht auf § 303 Abs. 3 S. 1 SGB V berufen. Die auf Seiten der Krankenkasse entstandenen Kosten beruhten nicht auf Gründen, „die der Leistungserbringer zu vertreten hat“ im Sinne dieser Norm. Gemäß § 276 Abs. 1 S. 1 BGB habe der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Vorsatz liege nicht vor und auch Fahrlässigkeit sei abzulehnen. Es sei nicht erkennbar, dass das Krankenhaus beim Wechsel des Systemanbieters die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen habe. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn es andere Anbieter gegeben hätte, die ein neues System ohne die aufgetretenen Probleme hätten installieren können. Dies sei nicht ersichtlich.
Was lernen wir daraus?
Rechnungskürzung bei nicht möglicher Übermittlung per DTA?
Der immer weiter um sich greifenden Praxis pauschaler Rechnungskürzungen hat das Gericht für einen Sonderfall Einhalt geboten. Auf den Einwand des Krankenhauses, die manuelle Nacherfassung sei erst aufgrund der erfolgten Rückfragen der Krankenkasse erfolgt und schon allein deshalb nicht vom Krankenhaus zu vertreten, kam es nicht mehr an. Ebenso offen bleiben konnte, ob die Kürzung von pauschal jeweils 5 % der Einzelrechnungen gerechtfertigt war. Dazu hatte das Krankenhaus vorgetragen, der Aufwand für die Nacherfassung dürfte jeweils gleich groß gewesen eine Kürzung mit unterschiedlichen Beträgen pro Rechnung nicht zulässig sein.
Über den Krankenhausbereich hinaus dürfte die Entscheidung des SG Bremen auch für alle anderen im Wege des DTA abrechnenden Leistungserbringer relevant sein.
Rechnungskürzung bei nicht möglicher Übermittlung per DTA?
RH