BSG, Urt. v. 28. Januar 2010 – B 6 KA 61/07 R
Durch die Aufnahme einer Klinik in den Krankenhausplan des Landes steht der Status als Krankenhaus auch im Sinne von §§ 107 ff., 118 SGB V fest. Dies gilt auch für Einrichtungen, die nur teilstationäre Krankenhausbehandlungen durchführen (Tageskliniken, Nachtkliniken).
(Leitsätze des Gerichts)
Der Fall:
Der Träger einer Tagesklinik und der Berufungsausschuss stritten um die Ermächtigung einer psychiatrischen Institutsambulanz.
Die Tagesklinik der Klägerin war im November 2001 als Krankenhaus für Psychiatrie mit 30 Tagesklinikplätzen in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen worden. Im März 2002 beantragte die Klägerin, die Klinik zudem gemäß § 118 Abs. 1 SGB V zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapuetischen Versorgung zu ermächtigen (psychiatrische Institutsambulanz).
Der Zulassungsausschuss lehnt den Antrag ab. Eine Ermächtigung komme nur für vollstationäre Krankenhäuser in Betracht. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Berufungsausschuss zurück. Die Klägerin genüge mit ihren werktäglichen Öffnungszeiten von 8.30 bis 17.00 Uhr nicht dem Erfordernis, dass eine ambulante medizinische Versorgung für psychisch kranke Patienten jederzeit zur Verfügung stehen müsse.
Das daraufhin von der Klinikträgerin angerufene Sozialgericht (SG) hob den Bescheid auf und verurteilte den Beklagten, die Tagesklinik zu ermächtigen, eine entsprechende institutionelle ambulante Versorgung anzubieten. Auf die Berufung der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung hin hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des Sozialgerichts geändert und die Klage der Tagesklinik abgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin sich mit der Revision zum Bundessozialgericht (BSG) gewandt. Sie hat geltend gemacht, die Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes bewirke zugleich die Zulassung als Krankenhaus im Sinne des SGB V. Die Tagesklinik erfülle zudem die Voraussetzungen des Krankenhaus-Begriffes im Sinne von § 107 SGB V. Der Begriff sei funktional auszulegen. Das normierte Erfordernis jederzeit verfügbaren Fachpersonals sei auf die jeweiligen tatsächlichen Betriebszeiten der Einrichtung zu beziehen.
Die Entscheidung:
Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Das BSG hat das Urteil des LSG aufgehoben und die Berufung gegen das Urteil des SG zurückgewiesen. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die klagende psychiatrische Tagesklinik auf der Grundlage des § 118 Abs. 1 SGB V Anspruch auf eine Ermächtigung zur Teilnahme an der ambulanten psychiatrischen Versorgung der Versicherten hat.
Die Zulassungsgremien seien an die Entscheidung der zuständigen Planungsbehörde, die von der Klägerin betriebene Tagesklinik als Krankenhaus für Psychiatrie in den Krankenhausplan des Landes aufzunehmen, gebunden. Durch diese Aufnahmeentscheidung habe die Klinik ungeachtet der nur tagsüber bestehenden Versorgungsbereitschaft den Status eines zugelassenen Krankenhauses erlangt. Die Vorschrift des § 108 Nr. 2 SGB V ordne im Falle so genannter Plankrankenhäuser für den Status der Zulassung ausdrücklich die Bindung an den Krankenhausplan an. Die Bindungswirkung sei weiterhin im Rahmen des § 118 Abs. 1 SGB V zu beachten, sodass auch hierfür der Status als psychiatrisches Krankenhaus feststehe und dementsprechend die Ermächtigung zu erteilen sei.
Entgegen der Auffassung des LSG komme es nicht darauf an, ob für den Personenkreis, auf den der besondere bedarfsunabhängige Ermächtigungstatbestand des § 118 Abs 1 SGB V zugeschnitten ist, das Angebot eines nächtlichen Notdienstes und die Möglichkeit einer ärztlichen Versorgung „rund um die Uhr“ bestehe. Entsprechend dem Konzept des Gesetzgebers, gerade im psychiatrischen Bereich auch teilstationäre Einrichtungen vorzuhalten, könne der Ermächtigung einer solchen Einrichtung für ambulante Behandlungen nicht entgegengehalten werden, sie sei bei akuter Verschärfung einer psychischen Erkrankung nicht zur vollstationären Versorgung in der Lage. Dies werde im Übrigen auch in Fällen sonstiger Ermächtigungen nicht verlangt.
Konsequenzen für die Praxis:
Das Urteil hat zur Folge, dass den psychiatrischen Tages- und Nachtklinken nunmehr derselbe Status zusteht, wie ihn andere psychiatrische Krankenhäuser gemäß §§ 107 i.V.m. 118 Abs. 1 SGB V genießen. Sie haben einen Anspruch auf Ermächtigung zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung. Ein Versorgungsbedarf ist nicht erforderlich. Die Bindung an den formellen Zulassungsstatus aus § 108 SGB V überzeugt. Es versteht sich von selbst, dass eine ambulante Leistungserbringung nicht das gesamte vollstationäre Spektrum der Erreichbarkeit zur jeder Tages- und Nachtzeit voraussetzt. Die ambulanten Patienten befinden sich von vornherein nur in kurzfristiger Betreuung durch das Krankenhaus.
(LH)