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Ein Umzug klingt nach einer rein organisatorischen Sache – doch bei gemeinsamem Sorgerecht hat er oft weitreichende Folgen. Denn wo ein minderjähriges Kind (nachfolgend nur “Kind”) seinen Aufenthalt hat, betrifft beide Eltern gleichermaßen. Ein Wohnortwechsel kann den Umgang erschweren, den Alltag nach einer Trennung verändern und sogar das Kindeswohl berühren.

Solange die Eltern verheiratet sind und in einer gemeinsamen Wohnung zusammenleben, gibt es bei der Handhabung des gemeinsamen Sorgerechts regelmäßig keine Probleme. Solche Probleme ergeben sich zumeist erst bei Trennung und nachfolgender Scheidung, insbesondere wenn dann ein Elternteil meint, alleine für das Kind zuständig zu sein. Diese Probleme und Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Sorgerecht haben ihren Kern in dessen unverändertem Fortbestehen trotz Trennung und Scheidung der Eltern.

Im folgenden Ratgeber erfahren Sie, worauf im Zusammenhang mit einem Umzug beim gemeinsamen Sorgerecht zu achten ist. Sie erfahren außerdem, wie sich die Entfernung zum ursprünglichen Wohnort sorgerechtlich auswirken kann und erhalten praktische Tipps, wie betroffene Eltern optimal verfahren. Bei Fragen hierzu steht Ihnen unser Anwalt im Scheidungsrecht zur Verfügung.

Geteiltes Sorgerecht bei Umzug: Das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil des Sorgerechts

Rechtlich gilt: Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist Teil des Sorgerechts. Solange es nicht einem Elternteil allein übertragen wurde, braucht ein Umzug die Zustimmung beider Seiten. Bei einem Umzug entscheidet der umziehende Elternteil nämlich über den Aufenthalt des Kindes und übt damit sein Sorgerecht aus. Kommt es zum Streit, entscheidet im Zweifel das Familiengericht über einen entsprechenden Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Grundlage ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das die gemeinsame Bestimmung über den Aufenthalt des Kindes klar regelt.

Zudem ist zu beachten, dass ein eigenmächtiger Umzug in eine andere weiter entfernte Wohnung im Inland oder Ausland gemäß § 235 StGB auch strafrechtliche Folgen haben kann. Man spricht dann von Kindesentziehung oder Kindesentführung.

Unsere Kanzlei hilft Ihnen übrigens auch in anderen familienrechtlichen Angelegenheiten. So ist etwa unser Rechtsanwalt im Unterhaltsrecht bei unterhaltsrechtlichen Streitigkeiten für Sie da, während Sie mithilfe unseres Anwalts für Eheverträge bestmöglich für den Fall einer Scheidung vorsorgen. Unser Anwalt für den Zugewinnausgleich sorgt dafür, dass das während der Ehe erworbene Vermögen bei einer Trennung gerecht und rechtssicher aufgeteilt wird.

Gemeinsames Sorgerecht: Grundprinzipien

Beim gemeinsamen Sorgerecht treffen beide Eltern wichtige Entscheidungen für ihr Kind zusammen. Das betrifft nicht nur Schule, Arztbesuche oder die Wahl der Religion, sondern auch den Aufenthalt des Kindes. Ein Umzug ist deshalb keine private Angelegenheit eines einzelnen Elternteils, sondern Teil der gemeinsamen Verantwortung für das Kind.

Kernpunkt ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil der Personensorge (§ 1631 Abs. 1 BGB). Es legt fest, wo das Kind lebt und welchen Wohnort (räumlicher Aufenthaltsort) es hat. Solange dieses Recht nicht einem Elternteil allein übertragen wurde – etwa nach einer Scheidung oder auf Antrag beim Familiengericht –, bleibt es gemeinschaftlich. Das bedeutet: Für einen Umzug in eine weiter entfernte Wohnung braucht es die Zustimmung beider Seiten. Fehlt diese, kann die Entscheidung nur durch ein Gericht geklärt werden. Ihr Anwalt für Familienrecht in unserer Kanzlei kann Sie dabei unterstützen.

Umzug bei gemeinsamem Sorgerecht: Wann braucht man die Zustimmung?

Ob ein Elternteil mit dem Kind umziehen darf, hängt davon ab, wie stark sich der neue Wohnort auf den Alltag auswirkt. Grundsätzlich gilt: Das Aufenthaltsbestimmungsrecht steht beiden Eltern zu, deshalb ist die Zustimmung nötig, wenn der Umzug mehr ist als ein kleiner Ortswechsel in geringer Entfernung.

Umzug innerhalb derselben Stadt

Ein Umzug innerhalb der Stadt – zum Beispiel in ein anderes Viertel – betrifft meist nur die Adresse, nicht aber den Umgang oder den Schulweg. Der beabsichtigte Umzug sollte in jedem Fall offen kommuniziert werden, um spätere Konflikte zu vermeiden. Hier wird keine gerichtliche Entscheidung nötig, solange beide Elternteile einverstanden sind. Bei Uneinigkeit sollte zur Klärung vorsichtshalber ein entsprechender Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts beim Familiengericht gestellt werden, zumal es keine pauschalen Vorgaben dazu gibt, wie weit man bei gemeinsamem Sorgerecht einfach so wegziehen darf.

Umzug in eine andere Stadt oder ein anderes Bundesland

Zieht ein Elternteil weiter weg, etwa in eine andere Stadt oder sogar in ein anderes Bundesland, verändert das den Aufenthalt des Kindes deutlich. Der Umgang mit dem anderen Elternteil wird schwieriger, und auch Schule, Freunde und Freizeit ändern sich. In solchen Fällen ist die Zustimmung des anderen Elternteils zwingend erforderlich. Weigert sich ein Elternteil, sollte ein Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts beim Familiengericht gestellt werden.

Umzug ohne Zustimmung

Zieht ein Elternteil einfach los, ohne vorher die Zustimmung einzuholen, kann das ernste Folgen haben. Der andere Elternteil kann beim Gericht die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und Rückführung des Kindes beantragen. Am Ende entscheidet das Familiengericht immer nach dem Kindeswohl – nicht nach den Interessen von Mutter oder Vater.

Entfernung und ihre Bedeutung im Sorgerecht

Nicht jeder Umzug wirkt sich gleich stark auf das Leben eines Kindes aus. Entscheidend ist, wie sehr sich der neue Wohnort auf Schule, Freundeskreis und den regelmäßigen Umgang mit dem anderen Elternteil auswirkt. Im Zusammenhang mit einem Umzug bei gemeinsamem Sorgerecht gilt hinsichtlich der Distanz zum ursprünglichen Wohnort:

Kurze Distanzen (z. B. 50–60 km)

Ein Umzug über 50 oder 60 Kilometer kann auf den ersten Blick überschaubar wirken. Doch selbst diese Strecke kann den Alltag verändern: längere Fahrzeiten zur Schule, eingeschränkte Besuchsmöglichkeiten beim anderen Elternteil, weniger spontane Treffen. Ob eine Zustimmung nötig ist, hängt davon ab, wie stark das Kindeswohl betroffen ist. Zur Klärung sollte vorsichtshalber ein entsprechender Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts beim Familiengericht gestellt werden, zumal es keine pauschalen Vorgaben dazu gibt, wann eine Zustimmung des anderen Elternteils notwendig ist und wann nicht.

Mittlere bis weite Strecken (z. B. 100 km und mehr)

Ein Umzug über 100 Kilometer oder weiter gilt in der Praxis fast immer als erhebliche Veränderung. Der regelmäßige Aufenthalt beim anderen Elternteil wird schwieriger, Wochenendbesuche bedeuten zusätzliche Organisation. In solchen Fällen dürfte eine gerichtliche Entscheidung jedenfalls unvermeidlich sein, wenn keine Einigung gelingt.

Kriterien für die Beurteilung

Das Familiengericht prüft im Streitfall vor allem:

  • Wie lässt sich der Schulweg des Kindes gestalten?
  • Ist der regelmäßige Umgang mit dem anderen Elternteil noch möglich?
  • Welche Rolle spielt das soziale Umfeld (Freunde, Vereine, Betreuung)?

Am Ende zählt allein das Kindeswohl – nicht die Wünsche von Mutter oder Vater.

Praktische Folgen für Eltern & Kinder

Ein Umzug betrifft nicht nur den neuen Wohnort, sondern den gesamten Alltag des Kindes – und damit beide Elternteile. Hinsichtlich eines Umzugs bei gemeinsamem Sorgerecht bedeutet dies konkret:

Organisation von Umgangsregelungen

Verändert sich die Distanz, müssen bestehende Umgangsregelungen angepasst werden. Längere Fahrzeiten oder Übernachtungen können notwendig werden. Je früher beide Eltern Absprachen treffen, desto weniger besteht die Gefahr, dass Konflikte entstehen. Ein klarer Antrag mit entsprechenden Vorgaben oder eine entsprechende schriftliche Vereinbarung schafft Sicherheit.

Betreuungsalltag

Ein neuer Aufenthalt bringt fast immer Veränderungen: neue Schule oder Kita, neuer Freundeskreis, andere Betreuungspersonen. Diese Umstellungen belasten manche Kinder nach einer Trennung zusätzlich. Deshalb achten Gericht und Familiengericht bei Streitigkeiten besonders darauf, dass das Kindeswohl gewahrt bleibt.

Konflikte vermeiden

Offene Kommunikation zwischen Mutter und Vater ist entscheidend. Wer Absprachen trifft, Kompromisse findet oder eine Mediation nutzt, verhindert unnötige Auseinandersetzungen vor Gericht. Ziel sollte immer sein, dass das Kindeswohl gewahrt bleibt und das Kind trotz Umzug eine stabile Beziehung zu beiden Elternteilen behält.

Gerichtliche Klärung bei Uneinigkeit

Stimmt ein Elternteil dem Umzug nicht zu, bleibt oft nur der Weg zum Familiengericht. Dort kann ein Antrag gestellt werden, um das Aufenthaltsbestimmungsrecht klären zu lassen. Im Zusammenhang mit einem Umzug bei gemeinsamem Sorgerecht gilt diesbezüglich:

Ablauf bei fehlender Zustimmung

Reicht ein Elternteil den Antrag ein, prüft das Gericht, ob eine einvernehmliche Lösung möglich ist. Bleibt der Konflikt bestehen, wird entschieden, ob das Recht auf Bestimmung des Wohnorts einem Elternteil allein übertragen wird.

Rolle des Familiengerichts

Das Gericht kann das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht auf einen Elternteil übertragen, wenn das gemeinsame Handeln nicht funktioniert. In manchen Fällen werden Gutachten eingeholt oder Jugendamt und Sachverständige beteiligt. Auch Entscheidungen höherer Instanzen, etwa vom OLG, spielen eine Rolle, wenn Beschwerde eingelegt wird.

Kindeswohl als Leitlinie

Im Mittelpunkt jeder gerichtlichen Entscheidung steht das Kindeswohl. Maßgeblich sind Fragen wie:

  • Kann der regelmäßige Umgang mit beiden Eltern gesichert werden?
  • Ist der Wechsel von Schule, Freunden und Umfeld für das Kind zumutbar?
  • Wie stabil ist die Bindung zu Mutter und Vater?

Das Gericht wägt sorgfältig ab, bevor eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts erfolgt.

Tipps für betroffene Eltern

Ein geplanter Umzug sorgt schnell für Spannungen, wenn beide Elternteile nicht an einem Strang ziehen. Mit einigen Maßnahmen lassen sich Konflikte oft vermeiden. Bzgl. eines Umzugs bei gemeinsamem Sorgerecht verhindern folgende Tipps eine Eskalation:

Frühzeitige Kommunikation

Wer offen über seine Pläne spricht, schafft Vertrauen. Frühzeitige Gespräche geben beiden Eltern die Möglichkeit, Probleme zu bedenken und dann gemeinsam eine tragfähige Entscheidung für das Kind zu finden.

Mediation statt Rechtsstreit

Kommt es nach einer Trennung oder Scheidung zu Meinungsverschiedenheiten, kann ggf. eine Mediation helfen. Ein neutraler Dritter unterstützt Mutter und Vater dabei, Lösungen im Sinne des Kindeswohls zu erarbeiten – ohne sofort das Familiengericht einzuschalten.

Absprachen dokumentieren

Ob Umgangszeiten oder die Wahl des neuen Wohnorts: Schriftlich festgehaltene Vereinbarungen schaffen Sicherheit und vermeiden spätere Missverständnisse. Im Ernstfall können sie sogar beim Gericht eine wichtige Rolle spielen.
Am Ende profitieren vor allem die Kinder davon, wenn Mutter und Vater kooperieren, anstatt auf dem Rücken des Kindes Rechte gegeneinander auszuspielen.

Gemeinsames Sorgerecht & Umzug: Fazit

Ein Umzug bei gemeinsamem Sorgerecht ist nie nur eine Frage der Organisation, sondern immer auch eine rechtliche und emotionale Herausforderung. Ob kurze Distanz oder mehrere hundert Kilometer: Der neue Wohnort beeinflusst den Aufenthalt des Kindes, den regelmäßigen Umgang und das gesamte Familienleben. Ohne Zustimmung des anderen Elternteils droht schnell ein Konflikt, den im Zweifel das Familiengericht im Sinne des Kindeswohls entscheiden muss.

Wer frühzeitig kommuniziert, Absprachen dokumentiert und im Zweifel auf Mediation setzt, kann langwierige Streitigkeiten vermeiden. Bei Unsicherheiten oder Uneinigkeit empfiehlt es sich, den Fachanwalt für Familienrecht in unserer Kanzlei zu kontaktieren. So lassen sich die eigenen Rechte klären – und vor allem die Interessen des Kindes bestmöglich wahren.

Sie haben Fragen im Zusammenhang mit einem Umzug beim gemeinsamen Sorgerecht? Gerne ist die Kanzlei Heinemann für Sie da. Treten Sie mit uns in Kontakt oder vereinbaren Sie direkt einen Termin.