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LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 07. Februar 2008 – L 5 KNK 1/07

1.) Eine Kürzung der tatsächlichen Verweildauer um nicht notwendige Tage widerspricht Sinn und Zweck von § 1 Abs. 3 FPV und ist daher ausgeschlossen.
2.) Ein Abschlag gemäß § 1 Abs. 3 FPV kommt nur in Betracht, wenn die tatsächliche Behandlungsdauer die untere Grenzverweildauer unterschreitet.

(Leitsätze der Bearbeiter)

Der Fall:
Ein bei der beklagten Krankenkasse versicherter Patient war zur Durchführung einer Koronarangiografie ins Krankenhaus eingewiesen und dort aufgenommen worden. Noch am Aufnahmetag erfolgte ein Aufklärungsgespräch. Am Folgetag wurde die Koronarangiografie durchgeführt und der Patient wiederum einen Tag später entlassen.

Das Krankenhaus rechnete nach DRG F49C ab. Die Krankenkasse beglich die Krankenhausrechnung zunächst auch vollständig, behielt sich aber eine medizinische Prüfung der Behandlungsdauer vor.

Nachfolgend berief die Krankenkasse sich darauf, die Koronarangiografie hätte bereits am Aufnahmetag durchgeführt werden können. Somit verkürze sich der Krankenhausaufenthalt des Versicherten um einen Tag. Den ihrer Ansicht nach überzahlten Betrag verrechnete die Krankenkasse mit einer anderen Forderung des Krankenhauses.

Auf die Klage des Krankenhauses hat das Sozialgericht Koblenz die Krankenkasse zur Zahlung des verrechneten Betrages nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung führte das Gericht aus, es sei zutreffend nach DRG F49C kodiert worden. Eine Fehlbelegung habe nicht vorgelegen.

Gegen dieses Urteil hat die Krankenkasse Berufung eingelegt.

Das Urteil:
Der Ansicht der Krankenkasse, es sei eine Kürzung gemäß § 1 Abs. 3 Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2005 (FPV) vorzunehmen, hat das Landessozialgericht (LSG) eine Absage erteilt und die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt.

Die tatsächliche Verweildauer habe – ohne den Entlassungstag – zwei Tage betragen. Die Verweildauer in diesem Sinne ergebe sich aus § 1 Abs. 7 S. 1 FPV als der Anzahl der Belegungstage. Belegungstage seien nach § 1 Abs. 7 S. 2 FPV der Aufnahmetag sowie jeder weitere Tag des Krankenhausaufenthalts ohne den Verlegungs- oder Entlassungstag.

Diese Zeitdauer, so das LSG weiter, sei nicht kürzer gewesen als die untere Grenzverweildauer. Für die in Rede stehende Fallpauschale DRG F49C ergebe sich unter Heranziehung der Definition der unteren Grenzverweildauer in § 7 der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser (KFPV) nämlich eine solche von 2 Tagen.

In Bezug auf § 1 Abs. 3 FPV könne von der Krankenkasse auch nicht eingewandt werden, dass es nur auf die notwendige Behandlungsdauer ankomme. Nur bei einer tatsächlichen Behandlungsdauer, die die untere Grenzverweildauer unterschreitet, rechtfertige § 1 Abs. 3 FPV eine Kürzung – und zwar durch verminderte Aufwendungen des Krankenhauses. Der Gesichtspunkt geringeren Aufwands müsse jedoch außer Betracht bleiben, wenn es um die Frage gehe, ob von einer niedrigeren als der tatsächlichen Verweildauer ausgegangen werden könne.

Eine Kürzung der tatsächlichen Verweildauer um nicht notwendige Tage scheide aus. Dies widerspreche Sinn und Zweck von § 1 Abs. 3 FPV. Die Norm rechtfertige einen Abschlag nur bei einer kürzeren als der unteren Grenzverweildauer. Die untere Grenzverweildauer sei als wirtschaftliche Größe gedacht und lege fest, wie viele Tage ein Patient mindestens im Krankenhaus verbringen sollte. Die Festlegung diene dazu, Fehlanreize zu vermeiden, die zum Beispiel zu medizinisch nicht gerechtfertigten frühzeitigen Entlassungen führen könnten. Es würde Sinn und Zweck der unteren Grenzverweildauer widersprechen, im Rahmen des § 1 Abs. 3 FPV eine niedrigere als die tatsächliche Grenzverweildauer zu Grunde zu legen.

Konsequenzen für die Praxis:
Krankenhäusern, die sich nach einer Prüfung durch den MDK/MDS dem Einwand der Krankenkasse ausgesetzt sehen, die Behandlung sei im zeitlichen Umfang nicht notwendig gewesen, gibt die Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz gute Argumente zur Durchsetzung ihrer Vergütungsansprüche an die Hand. Die Aussage des Gerichts, dass im Rahmen des § 1 Abs. 3 FPV eine Kürzung der tatsächlichen Verweildauer um nicht notwendige Tage nicht zulässig ist, ist eindeutig.

Die Notwendigkeit der Verweildauer wird daher nur für Auseinandersetzungen um das Überschreiten der oberen Grenzverweildauer nach § 1 Abs. 2 FPV Bedeutung haben. Hierüber hatte das LSG Rheinland-Pfalz jedoch nicht zu befinden.
(RH/LH)