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LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14. Juli 2011 – L 16 KR 73/10

 

Ein Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Krankengeld, wenn er am letzten Tag seines Arbeitsverhältnisses von einem Arzt krankgeschrieben wird. Dies gilt auch dann, wenn mit dem Arbeitsverhältnis auch die Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld endet. Entscheidend ist, dass die Arbeitsunfähigkeit zu einem Zeitpunkt festgestellt worden ist, in dem Versicherungsschutz bestand.

Der Fall:
Die Klägerin begehrt Zahlung von Krankgeld. Sie war als Angestellte bis zum 30.09.2008 im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Beklagten pflichtversichert. Am 30.09.2008 wurde die Klägerin bis zum 10.10.208 durch ärztliches Attest arbeitsunfähig geschrieben. Am 01.10.2008 meldete sich die Klägerin arbeitslos.

Die Beklagte lehnte die Gewährung von Krankengeld ab. Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter ende mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis endet, hier also am 30.09.2008. Der Anspruch auf Krankengeld entstehe erst an dem Tag, der auf die ärztliche Feststellung folgt; im vorliegenden Fall der 01.10.2008. An diesem Tag habe für die Klägerin keine den Krankengeldanspruch umfassende Mitgliedschaft mehr bestanden.
Der daraufhin eingelegte Widerspruch hatte keinen Erfolg. Die dann vor dem SG Düsseldorf erhobene Klage hatte Erfolg.

Die Entscheidung:
Die Beklagte hat gegen das Urteil erfolglos Berufung eingelegt.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass es für § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V (Fortbestehen der Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger) ausreichend ist, wenn die Arbeitsunfähigkeit zu einem Zeitpunkt festgestellt worden ist, an dem noch die Versicherung mit Krankengeldanspruch bestanden hat und sich dann der Krankengeldanspruch nahtlos an das beendete Arbeitsverhältnis anschließt. Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenkasse besteht demnach fort.

Außerdem sei es widersprüchlich, dass bei Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses kein Krankengeldanspruch entstehen soll, während eine am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses ausgestellte Folgebescheinigung ohne weiteres den entstandenen Krankengeldanspruch erhalten soll.
Eine andere Auslegung erscheint mit § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nach Ansicht des Gerichts nicht vereinbar. Nach dem Wortlaut der Norm soll die Mitgliedschaft Versicherter „fortbestehen“. Sinn und Zweck ist es, Versicherten, die aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen keine neue Mitgliedschaft begründen, für einen begrenzten Zeitraum den uneingeschränkten Versicherungsschutz zu erhalten.

Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen. Die Beklagte hat Revision zum BSG eingelegt.

Konsequenzen für die Praxis:
Arbeitnehmer haben auch dann einen Anspruch auf Krankengeld, wenn sie erst am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses arbeitsunfähig geschrieben werden.
(RH)