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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2010 – L 5 KR 82/08

Der Zahlungsanspruch eines Krankenhauses korrespondiert mit dem Anspruch der Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Voraussetzung für den Zahlungsanspruch ist, dass tatsächlich eine Krankenhausbehandlung durchgeführt wurde und bei der Versicherten eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Sinne von § 39 SGB V bestanden hat.
(Leitsätze des Bearbeiters)

Der Fall:
Beim klagenden Krankenhaus handelt es sich um ein Belegkrankenhaus, das über keine Zulassung für ambulantes Behandeln verfügt. Die bei der Beklagten gesetzlich versicherte Frau W. (nachfolgend: „W“) war vom 21. Februar 2005 bis 22. Februar 2005 bei der Klägerin in stationärer Behandlung. Bei W wurde am 21. Februar 2005 eine operative Zahnwurzelentfernung durchgeführt. Für diese stationäre Behandlung machte die Klägerin mit Rechnung vom 28. Februar 2005 insgesamt 433,99 € bei der Beklagten geltend. Eine von der Beklagten veranlasste Begutachtung durch den MDK kam zu dem Ergebnis, dass die Notwendigkeit einer vollstationärer Krankenhausbehandlung nicht vorgelegen habe. Die Beklagte lehnte daraufhin die Bezahlung der Rechnung ab.

Das SG Lübeck hat mit Urteil vom 22. Mai 2008 die von der Klägerin dort eingereichte Zahlungsklage abgewiesen. Das Gericht hat sich dabei auf das im Prozess eingeholte Sachverständigengutachten gestützt.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt.

Die Entscheidung:
Das Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

Eine stationäre Behandlung der Versicherten im Krankenhaus der Klägerin im Sinne von § 39 SGB V ist nach Ansicht des LSG nicht erforderlich gewesen, weil im vorliegenden Fall eine ambulante ärztliche Versorgung ausreichend gewesen wäre.

Der nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung geltend gemachte Vergütungsanspruch der Klägerin korrespondiere mit dem Anspruch der Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Er setze voraus, dass eine Krankenhausbehandlung tatsächlich durchgeführt worden sei und bei der Versicherten die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Sinne von § 39 SGB V bestanden habe.

Problematisch war im vorliegenden Fall, ob für die unstreitig durchgeführte Krankenhausbehandlung bei der Versicherten eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der W im Sinne von § 39 SGB V bestanden hatte.

Das Krankenhaus hat nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V bei Aufnahme und während der Behandlung des Patienten die Voraussetzungen der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zu prüfen. Entsprechend des Beschlusses des Großen Senates des BSG vom 25. September 2007- GS 1/06, muss die Annahme der Voraussetzungen für die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit objektiv vertretbar gewesen sein, wobei sowohl medizinische Gesichtspunkte als auch das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 SGB V berücksichtigt werden müssen. Danach ist maßgeblich, dass der einweisende oder behandelnde Krankenhausarzt in seiner vorausschauenden Betrachtung die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung angenommen hat, wobei die Notwendigkeit auch nachträglich verneint werden könne.

Die bei der Versicherten am 21. Februar 2005 durchgeführte Operation ist eine Maßnahme gewesen, die nach dem gemäß § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V vereinbarten Katalog grundsätzlich ambulant durchführbar gewesen wäre. Eine stationäre Durchführung von der in der Regel ambulant durchführbaren Operationen und Eingriffen ist nach Maßgabe der Anlage 2 zum Vertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V zwar möglich. Jedoch haben nach Ansicht des LSG die dort aufgeführten Risiken nach der gebotenen ex ante-Betrachtung tatsächlich nicht vorgelegen. Allein die Möglichkeit, dass sich im Rahmen der ambulanten Behandlung wegen vorhandener Begleiterkrankungen eine neue Situation ergeben könnte, rechtfertige nicht, von vornherein eine stationäre Behandlung zu planen. Dass die häuslichen Verhältnisse der Versicherten eine Überwachung nach der Operation nicht möglich machten, sei von der Klägerin nicht vorgetragen worden.

Eine vollstationäre Behandlung ist dann gegeben, wenn sie sich nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes in der Vorausschau über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt.

Nach Ansicht des LSG rechtfertigt schon der Behandlungsplan keine vollstationäre Behandlung. Die Dokumentationen in der Krankenakte würden nicht erkennen lassen, warum der Eingriff stationär geplant wurde. Der Senat stütze sich dabei auf die Ausführungen des medizinischen Sachverständigen.

Konsequenzen für die Praxis:
Das Urteil verdient uneingeschränkte Zustimmung. Das LSG hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Voraussetzungen für die Möglichkeit einer stationären Behandlung nach Anlage 2 zum Vertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V nicht vorliegen und nach den vorliegenden Dokumentationen auch der Behandlungsplan keine stationäre Behandlung rechtfertigt.

Im Unterschied zum Urteil des vom 18. September 2008 – B 3 KR 22/07 R, kommt auch keine Vergütung einer nicht notwendigen stationären Behandlung als Leistungen des ambulanten Operierens nach § 115b SGB V in Betracht. Die Klägerin war nämlich nicht zum ambulanten Operieren zugelassen.
(RH)