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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19.09.2013 – 5 U 34/13

Nach dem Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 19. September 2013 – 5 U 34/13 muss die mit dem Rat einer Bank an ihren Kunden zur Umschichtung von Wertpapieren verbundene Verkaufs- und Kaufempfehlung in Bezug auf das Anlageobjekt unter Berücksichtigung der objektiven Gegebenheiten aus nachträglicher Sicht jeweils lediglich „vertretbar“ sein. Höhere Anforderungen an die Beratungsempfehlung der Bank bestehen bei einer Umschichtung nicht.

Was war passiert?
Die Klägerin war langjährige Kundin der Commerzbank. Im Jahr 2006 eröffnete sie ein Depot.

Bei einem Beratungsgespräch im Jahr 2008 empfahl ihr ein Berater der Bank die im Depot befindlichen Anteile an einem offenen Immobilienfonds zu verkaufen und im Gegenzug Anteile an einem sog. Dachfonds zu kaufen. Die Empfehlung begründete er damit, dass die Kundin mit dem Dachfonds breiter aufgestellt sei und sich dadurch ihr Risiko verringere.

Die Kundin handelte entsprechend dieser Empfehlung, die Bank kassierte einen Aufschlag von 5%.

Im September 2010 setzte die Fondsverwaltung des Dachfonds den Handel aus und wird inzwischen abgewickelt.

Die Kundin verlangt Schadensersatz wegen Falschberatung und bloßer „Provisionsschneider“ von der Bank.

Was sagt das OLG Schleswig-Holstein dazu?
Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Schadensersatzansprüche bestehen nach Ansicht des Gerichts nicht.

Bei einer von der Bank empfohlenen Umschichtung müsse die Bank nicht nachweisen , dass es sich bei der „Tauschempfehlung“ objektiv tatsächlich um eine bessere Anlage handele. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger. Die Bewertung und Empfehlung der Bank muss lediglich „vertretbar“ sein. Höhere Anforderungen an die Beratungsempfehlung der Bank bei einer Umschichtung würden der beratenden Bank letztlich das Risiko des Erfolgs ihrer Empfehlung auflasten und damit den Bogen der Anlageberatungspflichten überspannen. Dies würde zu einer „Versteinerung“ von Depots führen, da sich Banken bei Umschichtungsempfehlungen nur noch sehr zögerlich äußern würden.

Das Gericht hatte vorliegend nicht zu entscheiden, ob die Empfehlung „vertretbar“ war – die Ansprüche der Klägerin waren bereits verjährt.

Was lernen wir daraus?
Nicht jede einmal getroffene Anlageentscheidung erweist sich im Licht neuer Erkenntnisse als zutreffend. Banken können Kunden Umschichtungen und An- bzw. Verkäufe für ihre Depots empfehlen, ohne die volle Haftung für deren Erfolg zu übernehmen. Eine strengere Haftung würde den Handlungsspielraum der Banken bei Beratungen stark einschränken und umgekehrt die Kunden vor das Problem einer nur noch zögerlichen Beratung stellen.
(RH)