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AG Haldensleben, Urt. v. 23. September 2010 – 17 C 133/10

1.) Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Geschäft bei eBay ein Privat-Verkauf ist oder ein unternehmerisches Handeln vorliegt, kommt dem Umfang der Handelstätigkeit herausragende Bedeutung zu. Jedenfalls bei 245 eBay-Bewertungen liegt ein unternehmerisches Handeln vor.
2.) Der Kaufvertrag bei eBay kommt mit dem „Zuschlag“ zustande.

(Leitsätze des Bearbeiters)

Der Fall:
Der Kläger hatte vom Beklagten bei eBay einen Transporter VW T 4 für knapp € 2.000 erworben. Der Beklagte hatte das Fahrzeug unter der Verkäuferbezeichnung „XYkurier“ eingestellt. Für diesen Account lagen bei Vertragsschluss insgesamt 245 eBay-Bewertungen vor. Im Angebotstext hieß es unter anderem wie folgt:

„Verkaufe hier wegen Neuanschaffung unseren VW T 4 Kastenwagen/Transporter. … Innerhalb des letzten Jahres wurden folgende Teile erneuert: Schweller rechts und links, Zahnriemen, Spurstangenkopf, Traggelenk, Buchse, Querlenker, Stoßdämpfer Feder hinten Umbau auf verstärkt und ein wenig Kleinkram. Das Auto hat ein geführtes Checkheft und wurde alle 10.000 km gewartet. … Da es sich um einen Privatverkauf handelt, keine Garantie etc.. … Das Auto kann und sollte vorher besichtigt werden, um Missverständnisse zu vermeiden. … Ich bin auch zu selten damit gefahren, war mal ein Auto aus meiner Firma, mit dem ein anderer gefahren ist.“

Zwei Tage nach Ende der Auktion begab der Kläger sich zum Beklagten, um das Fahrzeug abzuholen. Dabei überreichte der Kläger dem Beklagten einen schriftlichen Kaufvertrag, wonach die Gewährleistung für das Fahrzeug ausgeschlossen sein und es sich um ein „Bastlerauto“ handeln sollte. Beide unterzeichneten den Kaufvertrag und der Beklagte erhielt den Zulassungsschein. Daraus war ersichtlich, dass der Transporter auf die „Firma Autovermietung und Express XY“ zugelassen war.

Am dritten Tag nach der Auktion widerrief der Kläger den Kaufvertrag, erklärte die Anfechtung und trat schließlich vom Vertrag zurück. Zur Begründung gab er an, dass das Fahrzeug nur wenige Kilometer nach Übergabe liegen geblieben war.

Die Entscheidung:
Das Amtsgericht Haldensleben hat den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt.

Dies ergebe sich aus §§ 312b, 312d, 355, 357, 346 ff. BGB.

Zwischen den Parteien sei ein so genannter Fernabsatzvertrag geschlossen worden. Insbesondere sei der Beklagte als Unternehmer tätig geworden. Unternehmer sei gemäß § 14 BGB eine natürliche Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Dies setze ein selbstständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus. Eine Gewinnerzielungsabsicht sei nicht erforderlich.

Dass der Beklagte den Verkauf als Unternehmer vorgenommen habe, ergebe sich daraus, dass – zwischen den Parteien unstreitig – der Beklagte die Veräußerung im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit als Fuhrunternehmer vorgenommen habe. Der Kläger habe zu Recht darauf hingewiesen dass das Fahrzeug zum Gewerbebetrieb des Beklagten gehört hat. Es gehörte daher zu dessen Betriebsvermögen und sollte durch ein anderes Fahrzeug ersetzt werden. Der Veräußerungsakte des Beklagten sei daher seiner gewerblichen Sphäre zuzuordnen

Darüber hinaus komme für die Frage, ob eine Verkaufstätigkeit über eBay privat oder unternehmerisch vorgenommen werde, dem Umfang und der Dauer der Handelsaktivität im Internet eine herausragende Bedeutung zu. Angesichts der Anzahl von 245 für den Beklagten bei eBay abgegebener Bewertungen sei davon auszugehen, dass er im großen Umfang Verkäufe vornehme. Dieses Maß überschreite den Umfang rein privater Handelsaktivität deutlich. Angesichts dessen können nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Beklagte nur bei Gelegenheit, aus rein privaten Motiven heraus, Veräußerungen vorgenommen habe.

Daran ändere auch nichts, dass die Parteien noch einen schriftlichen Kaufvertrag geschlossen haben. Denn der Kaufvertrag sei bereits durch den Zuschlag an den Kläger zu Stande gekommen. Damit sei auch schon das Widerrufsrecht entstanden, von dem der Kläger wirksam Gebrauch gemacht habe.

Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, der Abschluss des Kaufvertrages habe unter der Bedingung einer vorhergehenden Besichtigung des Fahrzeugs gestanden. Eine solche Annahme sei lebensfremd und widerspreche den gewöhnlichen Abläufen bei Geschäften über eBay. Sowohl Verkäufer als auch Käufer seien regelmäßig daran interessiert, dass bereits durch die “ Internet-Auktion“ selbst verbindliche Rechtsfolgen entstehen.

Konsequenzen für die Praxis:
Die Entscheidung liegt hinsichtlich der Frage der Abgrenzung zwischen privatem und unternehmerischen Handeln beim Verkauf über eBay auf einer Linie mit der übrigen Rechtsprechung. Soweit das Gericht ausführt, dass es auch auf die „Dauer“ der Tätigkeit ankommt, fehlt es allerdings an den entsprechenden Feststellungen. Allein die Anzahl kann jedenfalls – und dies selbst nach den Ausführungen des AG Haldensleben – nicht das entscheidende Kriterium sein.

Die Entscheidung zeigt, auf welchem Wege sich ein Käufer nach einem Online-Kauf schnell und leicht vom Vertrag lösen kann, wenn die gekaufte Sache mangelhaft ist: oft hilft hier ein Widerruf schneller und einfacher als die Ausübung von Gewährleistungsrechten.
(LH)