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BGH, Urt. v. 02. Dezember 2010 – III ZR 19/10

1.) Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Heimträger verpflichtet ist, die seinem geistig behinderten Bewohner bewilligten Barbeträge zur persönlichen Verfügung (§ 35 Abs. 2 S. 1 SGB XII) zu verwalten, wenn dieser neben dem Lebensunterhalt in Einrichtungen Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in Form der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft oder Hilfe zur Pflege erhält.
2.) Die für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge eingerichtete Betreuung verpflichtet den Betreuer nicht zu tatsächlichen Hilfeleistungen für den Betroffenen, sondern nur zu deren Organisation. Sie erübrigt daher in Ansehung der Verwaltung der Barbeträge entsprechende Leistungen der Sozialhilfe nicht.

(Amtliche Leitsätze des Gerichts)

Der Fall:
Die Beklagte betreibt in 2 Orten in Sachsen-Anhalt jeweils ein Pflegeheim, wo geistig behinderte Menschen dauerhaft leben und betreut werden. Grundlage der Tätigkeit der Beklagten ist ein nach § 79 SGB XII abgeschlossener Rahmenvertrag mit dem Land Sachsen-Anhalt. Auf Grundlage des am 27. August 2007 abgeschlossenen Rahmenvertrages schlossen das Land Sachsen-Anhalt und die Beklagte am 29. Dezember 2007 dann eine Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII, die ab der Ziffer 3 eine Vergütungsvereinbarung mit der Aufgliederung der Vergütung in ein Verzehrgeld, einen Investitionsbetrag und einen weiteren nicht näher bezeichneten Betrag vorsah.

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, die den Heimbewohnern durch den Träger der Sozialhilfe gewährten monatlichen Barbeträge entgegenzunehmen und zu verwalten sowie die Rücküberweisung der betreffenden Beträge zu unterlassen.

Das Amtsgericht Quedlinburg hat die Beklagte verurteilt, den den Heimbewohnern zustehenden und durch den Landkreis Harz nach dem SGB XII gewährten monatlichen Barbetrag entgegenzunehmen, zu verwalten und dessen Rücküberweisung zu unterlassen. Die Berufung dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht Magdeburg als unbegründet zurückgewiesen, jedoch gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Revision zugelassen.

Die Entscheidung:
Auf die Revision der Beklagten hat der 3. Zivilsenat des BGH das Urteil des Landgerichts Magdeburg aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der BGH stellte im Gegensatz zum Berufungsgericht auf die vor abschließender Entscheidung zu klärende Frage ab, ob unter Zugrundelegung des  Landesrahmenvertrages als Grundlage für die Heimverträge für den jeweiligen Leistungstyp ein Bedarf nach Barbedarfsverwaltung besteht. Der Leistungsträger müsste nach Feststellung eines entsprechenden Bedarfs diesen im Rahmen der jeweils behinderungsbedingt festgestellten Selbstständigkeit durch den Leistungserbringer erfüllen lassen.

Zur Pflicht von Pflegeheimbetreibern zur Bargeldverwaltung nach dem Heimvertrag gemäß Wohn- und Betreuungsgesetz (WBVG) und den Regelungen des § 61 Abs. 2 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Nr. 8, § 43 Abs. 2 SGB XI (soziale Betreuung), äußerte sich der BGH inhaltlich nicht. Er überlässt dies dem Berufungsgericht und weist in diesem Zusammenhang auf das bekannte Urteil des Oberverwaltungsgericht Sachsen zur Bargeldverwaltung vom 13. Dezember 2005 – 4 B 886/04 hin.

Der BGH führte in diesem Zusammenhang noch aus, dass die für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge eingerichtete Betreuung nicht die tatsächliche Verwaltung der Barbeträge umfasse, Die Betreuung nach § 1901 Abs. 1 BGB umfasse nämlich nicht Tätigkeiten, die in der tatsächlichen Hilfestellung für den Betroffenen bestehen, ohne zu dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein. Der Betreuer habe solche tatsächlichen Hilfen zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten.

Konsequenzen für die Praxis:
Aussagen zur generellen Verpflichtung des Heimträgers zur Barbetragsverwaltung können aufgrund der Entscheidung des BGH nicht getroffen werden. Hierzu ist die Entscheidung des Berufungsgerichts, an das der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde, abzuwarten. Zu dieser Rechtsfrage gibt es ersichtlich noch keine weitere ober- oder höchstgerichtliche Entscheidung; mit Ausnahme der Urteils sächsischen Oberverwaltungsgerichts.
(RH)

Siehe auch: https://raheinemann.de/muss-ehemann-sein-haus-fuer-pflege-der-ehefrau-verwerten/