Darlehenswiderruf wegen Pflichtangabenfehler zu Darlehensart und Vertragslaufzeit? Dazu hat der BGH am 03.12.2024, Az. XI ZR 151/23, entschieden. Und zwar ging es in dem vom BGH entschiedenen Fall um die Frage, ob die beklagte Bank im Darlehensvertrag zu einem grundpfandrechtlich gesichertem Annuitätendarlehen zu den gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtangaben zur Art und Vertragslaufzeit des Darlehens korrekt informiert hat.
Was ist passiert?
Der Sachverhalt
Darlehenswiderruf wegen Pflichtangabenfehler zu Darlehensart und Vertragslaufzeit? Dazu hatte der BGH über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Worum geht es?
Und zwar streiten die Parteien um die Wirksamkeit des von den Klägern erklärten Widerrufs ihrer auf den Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags (von den Parteien für den Hauskauf abgeschlossenen Darlehensvertrags) gerichteten Willenserklärungen und der hilfsweise erklärten Kündigung dieses Vertrags.
Zur Finanzierung des Hauskaufs abgeschlossener Darlehensvertrag
Am 21.11.2011schlossen die Parteien einen Immobiliardarlehensvertrag zur Finanzierung eines privat genutzten Einfamilienhauses. Der für den Hauskauf abgeschlossene Darlehensvertrag war im Kopf der Vertragsurkunde als „befristetes grundpfandrechtlich gesichertes Annuitätendarlehen“ bezeichnet. Weiterhin sah der für den Hauskauf abgeschlossene Darlehensvertrag einen Nettodarlehensbetrag von 200.000 € und einen Sollzins von anfänglich 2,99% vor. Dieser Zinssatz war bis zum 30. November 2021 gebunden.
Auszug zum Inhalt des Darlehensvertrags
Weiterhin sind im Vertrag unter anderem folgende Angaben enthalten:
„1 Höhe des Darlehens:
[…] Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, das Darlehen bis spätestens zum 20.11.2012 abzunehmen. […]
3.1 Sollzinssatz:
[…] Bei einem variablen Sollzins oder nach Ablauf der Sollzinsbindung (s.u.) ist die Bank nach dem nachfolgend beschriebenen Verfahren berechtigt, den Sollzinssatz zu erhöhen und in gleicher Weise verpflichtet, den Sollzinssatz zu senken. Die Berechtigung und Verpflichtung der Bank zur Sollzinssatzveränderung orientiert sich an einer Veränderung des Referenzzinssatzes.
Referenzzinssatz ist der am 01.12.2021 ermittelte Durchschnittszinssatz für vergleichbare Kredite gem. EWU Zinsstatistik. […]
Bei einer Sollzinsfestschreibung können Änderungen frühestens mit deren Ablauf erfolgen. Sofern keine neue Sollzinsvereinbarung getroffen wird, kann die Bank entweder den ursprünglich vereinbarten gebundenen Sollzins als veränderlichen Sollzinssatz fortgelten lassen oder den jeweiligen Durchschnittszinssatz für Darlehen dieser Art, welcher im vorausgehenden Monat in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlicht wurde, als veränderlichen Sollzinssatz zugrunde legen. Diesen Sollzinssatz überprüft die Bank anschließend nach den eingangs getroffenen Regelungen.
4 Darlehensrückzahlung und Laufzeit:
Das Darlehen ist wie folgt zurückzuzahlen:
In […] 369 Annuitätsraten aus Sollzins und Tilgung zzgl. sonstiger Kosten zu zahlen jeweils fällig am Ende eines jeden Monats, erstmals am 31.12.2011 mit vorrangiger Verrechnung auf die Sollzinsen, hiervon […] 368 Raten in Höhe von EUR 830,00 sowie eine abweichende Rate in Höhe von EUR 501,08. […]
Bei Sollzinssatzänderungen können die Raten entsprechend geändert werden. […]
Vertragslaufzeit:
Auf Basis der vereinbarten Konditionen ergibt sich eine voraussichtliche Vertragslaufzeit von 370 Monaten. Zinssatz- und Tilgungsänderungen können zu Änderungen der Ratenhöhe und der Anzahl und damit zur Veränderung der anfänglich vereinbarten Darlehenslaufzeit führen. Das Kapitalnutzungsrecht des vereinbarten Darlehens bleibt bei vertragsgemäßer Erfüllung für den gesamten, zur vollständigen Tilgung benötigten Zeitraum erhalten.
5 Effektiver Jahreszins: 3,03 %. […]
Bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses wurde eine Auszahlung zum 30.11.2011 angenommen.“
Die Kläger erklärten dann mit Schreiben vom 11.05.2020 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss des (für den Hauskauf agbeschlossenen) Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen und hilfsweise die außerordentliche Kündigung des Darlehensvertrags.
Darlehenswiderruf wegen Pflichtangabenfehler zu Darlehensart und Vertragslaufzeit? Die Vorinstanzen
Nachdem die Kläger im Laufe des Rechtsstreits das Darlehen vollständig abgelöst hatten, haben sie mit ihrer Klage zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 13.161,36 € nebst Zinsen zu verurteilen. In den Vorinstanzen – LG Heidelberg, 21.12.2021, 2 O 118/21, und OLG Karlsruhe, 11.07.2023, Az. 17 U 11/22 – ist die Klage erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren in Höhe des für den Fall der Wirksamkeit des Widerrufs von den Parteien übereinstimmend errechneten Saldos von 12.459,20 € nebst Zinsen hieraus weiter.
Darlehenswiderruf wegen Pflichtangabenfehler zu Darlehensart und Vertragslaufzeit? Dazu der BGH
Die Entscheidung
Der BGH hat die von den Klägern eingelegte Revision zurückgewiesen.
Art des für den Hauskauf aufgenommenen Darlehens ordnungsgemäß angegeben
Darlehenswiderruf wegen Pflichtangabenfehler zu Darlehensart und Vertragslaufzeit? Und zwar habe die Beklagte ihre Verpflichtung aus § 492 Abs, 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB aF, § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB, die Art des Darlehens anzugeben, ordnungsgemäß erfüllt, so der BGH. Die Bezeichnung des Darlehens als „befristet“ sei nicht zu beanstanden.
Und zwar erfülle ein Darlehensgeber seine Verpflichtung, die Art des Darlehens anzugeben, wenn er im Darlehensvertrag das Darlehen als „befristet“ bezeichnet. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Angabe „befristet“ untermauert wird durch die Regelung, dass der Sollzins lediglich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gebunden war. Anschließend sollte, sofern es nicht zu einer neuen Sollzinsvereinbarung kommt, ein näher definierter veränderlicher Sollzinssatz gelten. Anders als bei Darlehensverträgen, bei denen für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt ist, hätte es in diesem Fall zur Fälligstellung keiner Kündigung nach § 488 Abs. 3 Satz 1 BGB bedurft.
Vertragslaufzeit des für den Hauskauf aufgenommenen Darlehens ordnungsgemäß angegeben
Des Weiteren habe die Beklagte die Angaben zur Vertragslaufzeit § 492 Abs, 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB aF, § 3 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB) ordnungsgemäß erteilt.
Und zwar beinhalte die Vertragslaufzeit die Dauer, für die der Darlehensvertrag nach der Vereinbarung der Parteien bestehen soll und für die der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer ein Kapitalnutzungsrecht einräumt, so der BGH. Die Laufzeit könne durch ein Enddatum oder die Dauer in Jahren und Monaten angegeben werden.
Diese Voraussetzungen hätte die Beklagte erfüllt, so der BGH. Und zwar ergebe sich aus Ziffer 4 des für den Hauskauf abgeschlossenen Darlehensvertrags („Vertragslaufzeit, dass die voraussichtliche Vertragslaufzeit auf Basis der vereinbarten Konditionen 370 Monate beträgt. Zugleich werde klargestellt, dass Änderungen von Zinssatz und Tilgung zu einer Veränderung der Darlehenslaufzeit führen können.
Die Beklagte habe damit hinreichend klar und verständlich darüber informiert, dass sich die Vertragslaufzeit durch die Veränderlichkeit der Konditionen nach Auslaufen der Sollzinsbindung verkürzen oder verlängern kann. Hieraus könne der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher die voraussichtliche Vertragslaufzeit ersehen.
Darlehenswiderruf wegen Pflichtangabenfehler zu Darlehensart und Vertragslaufzeit? Effektiver Jahreszins des für den Hauskauf aufgenommenen Darlehens ordnungsgemäß angegeben
Außerdem habe die Beklagte ihre Verpflichtung aus § 492 Abs, 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB aF, § 3 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB, den effektiven Jahreszins anzugeben, ordnungsgemäß erfüllt. Das Berufungsgericht habe rechts- und verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass die Beklagte den effektiven Jahreszins zutreffend angegeben hat.
Und zwar habe das Berufungsgericht zutreffend zugrunde gelegt, dass gemäß Art. 247 § 3 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF i.V.m. § 6 Abs. 5 PAngV aF und Ziffer I Buchst. c der Anlage zu § 6 PAngV aF bei der Berechnung für ein Jahr 365 Tage (für ein Schaltjahr 366 Tage), 52 Wochen oder 12 Standardmonate à 30,41666 Tage (auch für Schaltjahre) zugrunde gelegt werden. Aufgrund dessen habe das Berufungsgericht zu Recht die von den Klägern vorgelegte Berechnung verworfen, die im Übrigen bei Zugrundelegung der zutreffenden Zinsmethode ebenfalls zu dem in dem Darlehensvertrag angegebenen effektiven Jahreszins von 3,03% p.a. kommen würde, so der BGH.
Quelle: Juris das Rechtsportal
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Siehe auch
Der Darlehensvertrag – Ihr Anwalt für private und gewerbliche Darlehensverträge
Arglistige Täuschung einer Bank zur Darlehensvertragsbeendigung?
Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nur mit Sondertilgung?
Gebühr für vorzeitige Kreditrückzahlung unzulässig?
Ewiges Widerrufsrecht bei Kaskadenverweis?
Rechtsanwalt Rolf Heinemann: Darlehenswiderruf wegen Pflichtangabenfehler zu Darlehensart und Vertragslaufzeit? Dazu hat der BGH am 03.12.2024, Az. XI ZR 151/23, entschieden. Dazu fragen Sie den Fachanwalt für Bankrecht und Kapitalmarktrecht in unserer Kanzlei