Entschädigungsanspruch für Kapitalanlager bei Scheingewinnen? Dazu hat der BGH am 23.11.2010 – XI ZR 26/10 – entschieden. Und zwar hat ein Kapitalanleger gegen die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen im Falle der Insolvenz eines Wertpapierhandelsunternehmens keinen Anspruch auf Zahlung von Scheingewinnen, die das Unternehmen in Kontoauszügen oder Saldenbestätigungen ausgewiesen hatte.
Was ist passiert?
In dem zugrunde liegenden Fall nimmt der Kläger die beklagte Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen in Anspruch. Und zwar auf Entschädigung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz.
Der Kläger beteiligte sich im September 1999 mit einem Anlagebetrag von 38.461,54 DM zuzüglich eines 4%-igen Agios in Höhe von 1.538,46 DM an dem Phoenix Managed Account. Der Phoenix Managed Account war eine von der Phoenix Kapitaldienst GmbH im eigenen Namen und für gemeinsame Rechnung von insgesamt ca. 30.000 Anlegern verwalteten Kollektivanlage. Gegenstand dieser Kollektivanlage war die Anlage der Kundengelder in Termingeschäften (Futures und Optionen) für gemeinsame Rechnung zu Spekulationszwecken.
Entschädigungsanspruch für Kapitalanlager bei Scheingewinnen?
Spätestens seit 1998 legte die Phoenix Kapitaldienst GmbH jedoch nur noch einen geringen Teil der von ihren Kunden vereinnahmten Geldern vertragsgemäß in Termingeschäften an. Ein Großteil der Gelder wurde im Wege eines „Schneeballsystems“ für Zahlungen an Altanleger und für die laufenden Geschäfts- und Betriebskosten verwendet. Auf diese Weise erhielt auch der Kläger in der Folgezeit Auszahlungen über insgesamt 19.304,88 €. Dem Kläger wurden monatliche Kontoauszüge übermittelt, wobei der ihm zuletzt zugegangene Kontoauszug zum 28. Februar 2005 einen Kontostand von 7.571,76 € aufwies, obwohl tatsächlich keine Gewinne erwirtschaftet worden waren.
Im März 2005 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen der Phoenix Kapitaldienst GmbH den weiteren Geschäftsbetrieb und stellte am 15. März 2005 den Entschädigungsfall fest. Am 1. Juli 2005 wurde über das Vermögen der Phoenix Kapitaldienst GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger nimmt die Beklagte klageweise in Anspruch. Und zwar auf der Grundlage des letzten Kontoauszuges und nach Abzug des gesetzlichen Selbstbehalts von 10% eine Entschädigungsleistung von 6.814,58 €.
Entschädigungsanspruch für Kapitalanlager bei Scheingewinnen? Dazu der BGH:
Der Bundesgerichtshof hat der Revision des Klägers nur zu einem geringen Teil stattgegeben. Und zwar hat der BGH die Klage nur in Höhe der Differenz zwischen der Nettoanlagesumme und den Auszahlungen sowie nach Abzug des Selbstbehalts von 10% für begründet erachtet. Einen darüber hinausgehenden Anspruch hat der XI. Zivilsenat dagegen verneint. Die von der Phoenix Kapitaldienst GmbH erstellten Kontoauszüge und Saldenbestätigungen stellen bereits keine abstrakten Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnisse dar, die Grundlage eines Entschädigungsanspruchs sein könnten.
Darüber hinaus hat der Senat aber auch einen Entschädigungsanspruch im Hinblick auf die in den Kontoauszügen ausgewiesenen Scheingewinne aus grundsätzlichen Erwägungen verneint. Zum einen würden sich dem Wortlaut des § 1 Abs. 4 Satz 1 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes keine Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass der Entschädigungsanspruch auch Scheingewinne umfassen soll. Zum anderen auch nicht den Gesetzesmaterialien oder der Anlegerentschädigungsrichtlinie 97/9/EG vom 3. März 1997.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 226/2010
Entschädigungsanspruch für Kapitalanlager bei Scheingewinnen?
Dazu siehe auch: https://raheinemann.de/anspruch-des-anlegers-auf-rueckabwicklung-einer-fondsbeteiligung/