Monokausaule Kodierung bei Krankenhausvergütung nach DRG-System. Dazu hat das BSG am 18.09.2008, B 3 KR 15/07 R, entschieden. In der Übersicht werden die folgendenden 3 Punkte aus dieser Entscheidung festgehalten.
1.) Der „Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V“ (OPS-301) ist vom Grundsatz der Abbildung eines durchgeführten Eingriffes mit einem Kode (monokausale Kodierung) beherrscht. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur für Abbildung komplexer Eingriffe eine Kodierung von Operationen mit mehreren Kodes vorgesehen, wenn für solche Fälle im OPS-301 Hinweise formuliert sind, die auf eine gesonderte Kodierung der einzelnen durchgeführten Eingriffe verweisen.
2.) Welche Kodierung bzw. Zusatzkodierung vorzunehmen ist, richtet sich ausschließlich nach dem „Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V“ (OPS-301) und den Kodierrichtlinien. Der Grouper des OPS-Kodes bestimmt nur, wie nach der vorgenommenen Verschlüsselung abzurechnen ist.
3.) Bei einer Linksherzkatheteruntersuchung in der Technik nach Sones ohne Komplikationen ist nur der Kode OPS 1-275.3 zu verschlüsseln und nach der DRG F44B abzurechnen.
Was ist passiert?
Das klagende Krankenhaus führte im Jahre 2004 bei einer Patientin eine Linksherzkatheteruntersuchung in der Technik nach Sones ohne Komplikationen durch. Bei dieser Technik wird das Gefäß (Arteria brachialis) frei präpariert und dann der Katheter über dieses Gefäß eingeführt. Nach Abschluss der Untersuchung wird eine chirurgische Gefäßnaht angelegt.
Für die Behandlung stellte das Krankenhaus der beklagten Krankenkasse die DRG F14B – Gefäßeingriffe außer große rekonstruktive Eingriffe ohne Herz-Lungen-Maschine ohne äußerst schwere CC in Rechnung. Dabei verschlüsselte das Krankenhaus neben dem Kode OPS 1-275.3 (Transarterielle Linksherzkatheteruntersuchung: Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel, Druckmessung in der Aorta und Aortenbogendarstellung) auch die Kodes OPS 5-399.3 (Andere Operationen an Blutgefäßen: Operative Einführung eines Katheters in eine Arterie) und OPS 5-388.12 (Naht von Blutgefäßen: Arterien Schulter und Oberarm: Arteria brachialis).
Die Krankenkasse beglich nur einen Teil der Rechnung und vertrat die Ansicht, dass lediglich die DRG F44B (Invasive kardiologische Diagnostik bei koronarer Herzerkrankung ohne äußerst schwere oder schwere CC) abgerechnet werden könne. Der Verschluss des Gefäßzugangs mittels einer Gefäßnaht sei Teil der Prozedur 1-275.3. Daher komme eine zusätzliche Verschlüsselung der Kodes 5-399.3 und 5-388.12 nicht in Betracht.
Sowohl das Sozialgericht als auch das Landessozialgericht haben sich der Meinung der Krankenkasse angeschlossen und die Klage des Krankenhauses abgewiesen.
Monokausaule Kodierung bei Krankenhausvergütung nach DRG-System – Dazu das BSG:
Die Entscheidung
Das Krankenhaus hatte auch mit der Revision vor dem Bundessozialgericht (BSG) keinen Erfolg. Die Behandlung, so das BSG, sei nach der DRG F44B und nicht nach DRG F14B abzurechnen.
System des Fallpauschalenkatalogs
Der Fallpauschalenkatalog sei nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG erfolge in zwei Schritten. Zuerst werde die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen mit einem Kode gemäß dem „Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V“ (OPS-301) verschlüsselt. In einem zweiten Schritt erfolge die Zuordnung des in den Computer eingegebenen Kodes zu einer bestimmten DRG, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die Errechnung der von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung erfolge.
Diesem als „Groupierung“ bezeichneten Prozess der Fallgruppenzuordnung (DRG-Zuordnung) liege ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde. Auf der Basis eines „Entscheidungsbaumes“ werde anhand verschiedener Kriterien eine exakte DRG-Zuordnung vorgenommen. Zur Einstufung in die jeweils abzurechnende DRG würden zertifizierte Software-Programme (Grouper) eingesetzt. In diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus werde entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Kode nach dem OPS-301 eine bestimmte DRG angesteuert.
Der konkrete Fall
Bei einer Linksherzkatheteruntersuchung gemäß dem Kode OPS 1-275.3 sei im Jahre 2004 die DRG F44B angesteuert worden. Bei Durchführung einer solchen Untersuchung in der Technik nach Sones sei die DRG F14B nur dann ermittelt worden, wenn neben dem Kode OPS 1-275.3 auch die Kodes OPS 5-388.12 und OPS 5-399.3 verschlüsselt werden.
Eine derartige Verschlüsselung sei jedoch unrichtig.
Grundprinzip monokausaler Kodierung
Auch bei der Anwendung der Technik nach Sones sei nur der Kode OPS 1-275.3 zu verschlüsseln. Die chirurgische Freilegung des Gefäßzugangs sowie der Verschluss des Zugangs mittels einer Gefäßnaht seien Teil der Prozedur 1-275.3. Es könne daher nur die Abrechnung der DRG F44B und nicht die DRG F14B erfolgen.
Grundprinzip des OPS-301 sei die Abbildung eines durchgeführten Eingriffes möglichst mit einem Kode (monokausale Kodierung). Nur ausnahmsweise sei bei der Abbildung komplexer Eingriffe eine Kodierung von Operationen mit mehreren Kodes vorgesehen. In diesen Fällen würden im OPS-301 Hinweise formuliert sein, die auf eine gesonderte Kodierung der einzelnen durchgeführten Eingriffe verweisen würden.
Für die chirurgische Eröffnung und den Verschluss des Gefäßzugangs bei einer Linksherzkatheteruntersuchung finde sich für das Jahr 2004 jedoch weder im Kapitel 1-27 noch im Abschnitt 1.275 des OPS-301 ein entsprechender Hinweis. Gleiches gelte für die Kodes OPS 5-388 und 5-399.
Über die Frage, welche Kodierung bzw. Zusatzkodierung vorzunehmen ist, würden, so das BSG weiter, ausschließlich der OPS-301 und die Kodierrichtlinien entscheiden. Der Grouper des OPS-Kodes hingegen bestimme nur, wie nach der vorgenommenen Verschlüsselung abzurechnen sei. Daher seien allein der OPS-301 und die Kodierrichtlinien, die das Handeln der Beteiligten in Form einer Selbstbindung bestimmen, für die Frage maßgebend, wann eine zusätzliche Prozedur oder Prozedurenkomponente zu kodieren sei.
Unterscheidung zwischen unselbstständigen Teilen einer Prozedur und der (selbstständigen) Prozedur
Bei der chirurgischen Eröffnung und dem Verschluss des Gefäßzugangs mittels einer Gefäßnaht handele es sich zudem nur um unselbstständige Komponenten einer Prozedur, nämlich der Linksherzkatheteruntersuchung.
Es sei grundsätzlich zwischen den Prozedurenkomponenten als unselbstständigen Teilen einer Prozedur und der (selbstständigen) Prozedur an sich zu unterscheiden.
Ein unselbstständiger Teil einer Prozedur liege dann vor, wenn diese Teilprozedur bzw. Komponente ohne Durchführung der Prozedur nicht stattgefunden hätte und von Anfang an als Bestandteil der Maßnahme vorgesehen war. Nach dieser ursächlichen Betrachtungsweise seien im zu beurteilenden Fall die Eröffnung des Gefäßzugangs und die Gefäßnaht nicht gesondert zu verschlüsseln. Beide beide Komponenten seien nur durch die Herzkatheteruntersuchung bei einer eine ASS-Therapie durchführenden Versicherten notwendig geworden. Beiden Komponenten fehle die eigenständige Bedeutung, wie sie z.B. gegeben wäre bei Anlegung der Gefäßnaht zur operativen Versorgung einer akuten Verletzungs- oder Unfallfolge.
Dazu siehe auch: https://raheinemann.de/auswahl-der-hauptdiagnose-nach-dem-ressourcenverbrauch/