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AG Haldensleben, Urt. v. 18. November 2010 – 17 C 154/09

Kommt ein rechtsgeschäftliches Handeln einer natürlichen Person als Verbraucher oder Unternehmer in Betracht, so besteht jedenfalls dann kein Verbraucher-Widerrufsrecht nach §§ 312d, 355 BGB, wenn eine ausschließlich zum gewerblichen Einsatz gedachte Kabelschälmaschine gekauft wird.
(Leitsatz des Bearbeiters)

Der Fall:
Der Kläger betrieb ausweislich seines Eintrags auf den Internetseiten seiner Wohnsitzgemeinde einen so genannten „Homeservice“. In diesem Rahmen übernahm er Dienstleistungen aller Art, insbesondere aber auch Kabelverlegearbeiten.

Am 31. August 2008 kaufte der Kläger vom Beklagten über die Internethandelsplattform eBay eine Granulat-Kabelschälmaschine. Mit dieser ist es möglich, von Kupfer-Elektroleitungen die Isolierung abzutrennen. Der so gewonnene Kupferdraht wird anschließend von der Maschine zu Granulat verkleinert. Das Kupfer-Granulat kann so dem Recycling zugeführt werden.

Mit Schreiben vom 19. September 2008 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Rückzahlung des Kaufpreises. Zudem machte er geltend, die Maschine habe von Anfang an nicht richtig funktioniert. Auf das Angebot des Beklagten, die Maschine durch Übersendung von Ersatzteilen in Gang zu setzen habe er nicht eingehen müssen. Er sei nämlich davon ausgegangen, dass die Maschine auch dann nicht funktionieren würde.

Die Entscheidung:
Das AG Haldensleben hat die Klage abgewiesen.

Dem Kläger stehe kein Widerrufsrecht aus § 312d Abs. 1 BGB zu. Der Kläger sei kein Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift.

Das vom Kläger erworbene Gerät sei für einen Einsatz im privaten Bereich nicht geeignet. Es finde seine typische Verwendung im Baubereich. Das Gericht sei überzeugt, der Kläger habe das Gerät im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit im „Homeservice“ einsetzen wollen. Der Kläger habe zudem nicht verschweigen dürfen, dass er beruflich in einem Bereich tätig ist, in dem der Einsatz einer solchen Maschine einen Sinn ergebe.

Ferner könne der Kläger auch nicht gemäß §§ 433, 437 Nr. 2, 439 BGB vom Kaufvertrag zurücktreten. Der Kläger habe dem Beklagten nämlich das diesem zustehende Nachbesserungsrecht nicht eingeräumt: Er, der Kläger, habe einen Nachbesserungsversuch ausdrücklich abgelehnt.

Schließlich sei auch ein vertragliches Rücktrittsrecht nicht vereinbart.

[fusion_builder_container hundred_percent=“yes“ overflow=“visible“][fusion_builder_row][fusion_builder_column type=“1_1″ background_position=“left top“ background_color=““ border_size=““ border_color=““ border_style=“solid“ spacing=“yes“ background_image=““ background_repeat=“no-repeat“ padding=““ margin_top=“0px“ margin_bottom=“0px“ class=““ id=““ animation_type=““ animation_speed=“0.3″ animation_direction=“left“ hide_on_mobile=“no“ center_content=“no“ min_height=“none“][UPDATE 15.04.2011: Der Kläger hat Berufung eingelegt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.]

Konsequenzen für die Praxis:
Das Urteil verdient uneingeschränkte Zustimmung. Es bietet eine gute Argumentationsgrundlage für ähnlich gelagerte Fälle

Die Entscheidung liegt auf einer Linie mit dem Urteil des BGH vom 30. September 2009 – VIII ZR 7/09. Danach ist eine natürliche Person,  die – wie vorliegend der Kläger – sowohl als Verbraucher (§ 13 BGB) als auch als Unternehmer (§ 14 BGB) am Rechtsverkehr teilnimmt,  im konkreten rechtsgeschäftlichen Handeln dann nicht als Verbraucher anzusehen, wenn das Handeln eindeutig und zweifelsfrei der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Dies ist nach der Rechtsprechung des BGH insbesondere dann der Fall, wenn das in Rede stehende Rechtsgeschäft objektiv in Ausübung der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit der natürlichen Person abgeschlossen wird (§ 14 BGB).

So lag der Fall auch hier, weil ein privater Einsatz einer Kabelschälmaschine schlicht nicht sinnvoll vorstellbar ist.
(LH)[/fusion_builder_column][/fusion_builder_row][/fusion_builder_container]