Am 13.04.2017, Az. 132 C 17280/16, hat das AG München entschieden, dass eine Tätowiererin einer Kundin den Preis für das Stechen eines Tattoos erstatten, sowie Schmerzensgeld und für sämtliche Folgeschäden aus der mangelhaften Tätowierung zahlen muss.
Was ist passiert?
Bei der beklagten Tätowiererin ließ sich die Klägerin am 04.03.2016 auf den linken Unterarm folgende Schriftzüge tätowieren: „Je t´aime mon amour, Tu es ma vie, Nous Ensemble Pour Toujours, Liubov ♥ Alexej“. Hierfür zahlte sie 80 Euro in bar. Auf Wunsch der Klägerin erfolgte durch die Beklagte am 26.03.2016 ein korrigierendes Nachstechen. Dafür bezahlte die Klägerin weitere 20 Euro an die Beklagte. Nach Auffassung der Klägerin ist das Tattoo handwerklich in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Sie meint, der gesamte Schriftzug sei verwaschen und unleserlich, die Wörter seien nicht in einer einheitlichen Größe gestochen, Abstände der verschiedenen Wörter und Zeilen würden teilweise deutlich abweichen, einzelne Wörter seien schief, die Linienführung mangelhaft, verwaschen, nicht durchgehend und an einzelnen Stellen ausfransend. Außerdem fühlte sie sich getäuscht von der Beklagten, die ihr wahrheitswidrig gesagt habe, dass sie über mehrjährige Tätowiererfahrung verfüge. Die Beklagte habe auf ihrer Internetplattform fremde Tätowierungen als Referenzen eingestellt. Die Klägerin reichte Klage beim AG München ein und forderte Schmerzensgeld sowie Feststellung, dass ihr die zukünftigen Schäden aus der mangelhaften Tätowierung von der Beklagten ersetzt werden müssen. Sie habe die Absicht, die Tätowierung mittelfristig entfernen zu lassen, wodurch weitere Kosten und Schmerzen entstünden.
Was sagt das AG München dazu?
Das AG München hat die Beklagte antragsgemäß auf Zahlung von 1.000 Euro Schmerzensgeld sowie zur Rückzahlung von 100 Euro verurteilt und festgestellt, dass der Klägerin von der Beklagten sämtliche Folgeschäden aus der mangelhaften Tätowierung zu ersetzen sind.
Die Einwilligung zum Stechen einer Tätowierung bezieht sich nhach Auffassung des Amtsgerichts nur darauf, dass die Behandlung mangelfrei ist und nach den Regeln der Kunst erbracht wird.
Die Klägerin sei durch die Beklagte in ihrer körperlichen Unversehrtheit verletzt worden, indem die Beklagte das Tattoo mangelhaft erstellt habe. Im Urteil werde das Gutachten des hinzugezogenen Sachverständigen wie folgt wiedergegeben: „(…) bei dem streitgegenständlichen Tattoo seien handwerkliche und gestalterische Mängel aber unübersehbar, wie etwa unterschiedliche Strichbreiten und verwackelte Linien, uneinheitliche Abstände zwischen den Buchstaben, teilweise zu eng, so dass ein Wort unleserlich würde; die Namen seien völlig unscharf, was wohl an einer mehrfachen Nachbesserung der Konturlinie liegen würde.“ Ein professioneller Tätowierer – als der sich die Beklagte selber hinstellt – mache derartige Fehler aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen nicht; das Tattoo entspreche damit gerade nicht der Qualität, die die Klägerin habe erwarten dürfen. Angesichts der deutlichen Angaben des Sachverständigen seien die entsprechenden Mängel auch nicht durch die mangelhafte Pflege der Klägerin begründet, sondern allein durch die Beklagte.
Im Hinblick auf den Vorwurf der Täuschung könnten selbst dann, wenn die Behauptungen der Klägerin richtig seien, diese Umstände keine Ansprüche begründen, da die Klägerin in die Prozedur eingewilligt habe. Es handele sich bei den Fragen der Berufserfahrung und etwaiger Referenzbilder nur um das unbeachtliche Motiv für die Einwilligung. Dies ergäbe sich bereits aus der Überlegung, dass die Klägerin diesen Rechtsstreit wohl kaum angestrengt hätte, wenn das Tattoo handwerklich vollkommen in Ordnung wäre, aber es zuträfe, dass die Beklagte nicht über die behauptete Berufserfahrung verfüge.
Quelle: Pressemitteilung des AG München Nr. 79/2017 v. 13.10.2017 und Juris das Rechtsportal
RH