In seinem AG Nienburg, Urteil vom 20. Januar 2015 – 4 Ds 155/14 hat das AG Nienburg Aufzeichnungen einer sogenannten Dashcam als Beweismittel zugelassen. Danach besteht in einem Strafverfahren kein generelles Beweisverwertungsverbot für Dashcam-Aufzeichnungen. Ob eine Dashcam-Aufzeichnung im Strafverfahren verwertet werden darf, ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls.
Hintergrund der Entscheidung war eine Auseinandersetzung im Straßenverkehr: der Angeklagte wollte mit seinem Fahrmanöver den Zeugen H. zum Abbremsen oder Ausweichen verleiten und ihn so für ein vorausgehendes, vermeintlich verkehrswidriges Verhalten maßregeln. Um einen Auffahrunfall zu verhindern, war der Zeuge H. auf den linken Fahrstreifen gewechselt und hatte das Fahrzeug des Angeklagten überholt. Während der Zeuge H. noch sein Fahrzeug beschleunigte, war das Fahrzeug des Angeklagten über die Mittelmarkierung gedriftet, so dass sich die linken Räder seines Fahrzeugs auf der linken Fahrspur befanden und der Zeuge H. seinerseits weiter nach links zur Leitplanke ausweichen musste. Als sich die beiden Fahrzeuge auf gleicher Höhe befanden, hatte der Seitenabstand zwischen den Fahrzeugen bei einer Geschwindigkeit von rund Km/h 100 nur noch ungefähr 5 cm betragen. Nachfolgend war der Zeuge H. sodann zum „… Döner“ gefahren. Der Angeklagte war dem Zeugen mit seinem Fahrzeug gefolgt und hatte ebenfalls auf dem Parkplatz angehalten. Auf dem Parkplatz hatte der Angeklagte den Zeugen H. mit einer Schimpftirade überuogen und ihn als „dummen Wichser“ und „Arschloch“ betitelt.
Da ihm das Fahrzeug des Angeklagten schon kurz vor diesem Fahrverlauf durch sehr dichtes Auffahren aufgefallen war, hatte der Zeuge H . zum Zwecke der Beweissicherung für den etwaigen Fall eines Zusammenstoßes eine neben seinem Innenspiegel angebrachte Kamera (sogenannte Dashcam) aktiviert.
Diesen Vorfall hat das Gericht strafrechtlich als „Nötigung in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs sowie Beleidigung“ bewertet.
Dabei hat es die Aufzeichungen der Dashcam als zulässiges Beweismittel eingestuft.
Fertige nämlich ein Zeuge – wie hier – aus aktuellem und konkreten Anlass vorausschauend Beweismittel zum Nachweis der Begründung, Reichweite und Ausschluss einer gesetzlichen Haftung aus einem Unfallereignis und damit im Hinblick auf ein konkret bestimmbares gesetzliches Schuldverhältnis an, so sei dies mit den in § 6b BDSG und § 28 BDSG genannten Fällen der Erfüllung konkret bestimmter rechtsgeschäftlicher oder rechtsgeschäftsähnlicher Zwecke vergleichbar.
In einem solchen Fall ein rein anlassbezogenen Aufzeichnung zum Zwecke der Beweissicherung dürfe die abstrakte Furcht vor einer allgegenwärtigen Datenerhebung nicht dazu führen, dass den Bürgern sachgerechte technische Hilfsmittel zur effektiven Rechtsverfolgung kategorisch vorenthalten werden.
Dass die Aufzeichnung möglicherweise später unzulässig im Internet veröffentlicht oder zu anderweiten Zwecken missbraucht werden könnte, stehe dem nicht entgegen. Diese Gefahr des späteren Missbrauchs von ursprünglich zulässig gefertigten Beweismitteln bestehe nämlich immer.