Arzttätigkeit gleichzeitig als Hausarzt und Facharzt? Dazu hat das BSG am 13.02.2019, B 6 KA 62/17 R, entschieden. Und zwar dürfe ein Arzt im Rahmen ein und desselben Anstellungsverhältnisses oder ein und derselben Zulassung nicht gleichzeitig an der hausärztlichen und an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Die Erfüllung der besonderen Aufgaben von Hausärzten sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nämlich nicht durch die Möglichkeit gleichzeitiger fachärztlicher Tätigkeit beeinträchtigt werden, so das BSG. Die Anstellung des betreffenden Arztes im MVZ auf einer halben hausärztlich-internistischen und einer halben fachärztlich-internistischen Arztstelle sei mit der gesetzlichen Zuordnung von Arztgruppen entweder zur hausärztlichen oder zur fachärztlichen Versorgung nicht vereinbar.
Was ist passiert?
Der Sachverhalt
Arzttätigkeit gleichzeitig als Hausarzt und Facharzt? Zu dieser Frage hatte das BSG über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Die Klägerin ist Trägerin eines MVZ im Bezirk der zu 6. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV). Und zwar ist das MVZ der Klägerin dort mit einem vollen fachärztlich-internistischen und einem vollen hausärztlich-internistischen Versorgungsauftrag zugelassen.
Streitig ist die Anstellung einer Ärztin, Dr. K., in dem MVZ der Klägerin, auf einer halben hausärztlichen und einer halben fachärztlichen Arztstelle. Die Klägerin beantragte im Zusammenhang mit der Nachbesetzung der hausärztlichen Arztstelle die Teilung beider Arztstellen. Und zwar wollte sie Dr. K. und einen weiteren Arzt jeweils im Umfang eines halben Versorgungsauftrages in der hausärztlichen und in der fachärztlichen Versorgung beschäftigen. Dr. K. war in dem MVZ bisher vollzeitig auf der fachärztlich-internistischen Stelle tätig gewesen. Eine Anstellungsgenehmigung für Dr. K. auf einer halben hausärztlichen und einer halben fachärztlichen Stelle lehnten sowohl der Zulassungsausschuss als auch der beklagte Berufungsausschuss ab.
Die Vorinstanz
Arzttätigkeit gleichzeitig als Hausarzt und Facharzt? Der Beschluss des Beklagten wurde vom Sozialgericht aufgehoben. Weiterhin entschied das SG, dass es der Klägerin gestattet ist, Dr. K. auf jeweils einer halben haus- und fachärztlichen Stelle zu beschäftigen. Und zwar folgt nach Auffassung des SG aus der Unterscheidung von hausärztlicher und fachärztlicher Versorgung und der Zuordnung von Arztgruppen zu einem der beiden Versorgungsbereiche kein gesetzliches Verbot. Aus Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck des § 73 SGB V könne kein gesetzliches Verbot abgeleitet werden, einen Arzt jeweils zur Hälfte in beiden Versorgungsbereichen zu beschäftigen.
Patienten dürften im fachübergreifenden MVZ der Klägerin ohne weiteres hausärztlich-internistisch und fachärztlich-internistisch versorgt werden. Mit der Anerkennung hälftiger Versorgungsaufträge durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz sei eine Flexibilisierung der beruflichen Betätigung beabsichtigt. Dies gehe der Trennung beider Versorgungsbereiche vor.
Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 73 Abs 1a SGB V. Diese Norm trenne die hausärztliche von der fachärztlichen Versorgung. Und zwar müsten sich Doppelqualifizierte Ärzte entscheiden, in welchem der beiden Bereiche sie an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen wollten. Die Einführung hälftiger Versorgungsaufträge habe die zulassungsrechtlichen Folgen des Trennungsprinzips weder beseitigt noch abgeschwächt. Insoweit sei es lediglich darum gegangen, den zeitlichen Umfang eines Versorgungsauftrages, insbesondere im Hinblick auf familiäre Pflichten einschränken zu können.
Arzttätigkeit gleichzeitig als Hausarzt und Facharzt? Was sagt das BSG dazu?
Die Entscheidung
Auf die Sprungrevision des beklagten Berufungsausschusses hat das BSG das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Arzttätigkeit gleichzeitig als Hausarzt und Facharzt? Keine gleichzeitige Teilnahme an der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung
Das klagende MVZ hat nach Auffassung des BSG keinen Anspruch auf die begehrte Anstellungsgenehmigung. Mit der gesetzlichen Zuordnung von Arztgruppen entweder zur hausärztlichen oder zur fachärztlichen Versorgung sei die Anstellung von Dr. K. auf einer halben hausärztlich-internistischen und einer halben fachärztlich-internistischen Arztstelle der Klägerin nicht vereinbar. Jedenfalls könne ein Arzt im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses bei einem Arzt, bei einer Berufsausübungsgemeinschaft, bei einem MVZ oder ein und derselben Zulassung nur entweder hausärztlich oder fachärztlich tätig sein.
Durch die Einführung hälftiger Versorgungsaufträge werde die Trennung von hausärztlicher und fachärztlicher Versorgung bei Zulassungen oder Anstellungsgenehmigungen nicht obsolet. Und zwar solle nach dem Willen des Gesetzgebers die Erfüllung der besonderen Aufgaben von Hausärzten nicht durch die Möglichkeit gleichzeitiger fachärztlicher Tätigkeit beeinträchtigt werden. Die gleichzeitige Teilnahme an der hausärztlichen und an der fachärztlichen Versorgung komme nur nach Maßgabe der in § 73 Abs 1a S 3 und S 4 SGB V geregelten Ausnahmen in Betracht. Diese seien hier nicht einschlägig.
Diese Regelungen des § 73 Abs 1a S 3 und S 4 SGB V würden für MVZ entsprechend gelten, sofern, wie hier, nichts Abweichendes bestimmt sei (§ 72 Abs 1 S 2 SGB V).
Quellen: Pressemitteilungen des BSG v. 07.02. und 13.02.2019 und Juris das Rechtsportal
Arzttätigkeit gleichzeitig als Hausarzt und Facharzt? Fragen Sie Ihren Fachanwalt für Medizinrecht in unserer Kanzlei
Siehe auch:
Streikverbot für Vertragsärzte?
Hausarzt mit Anspruch auf mehrere Versorgungsaufträge?
Ärztlicher Notdienst auch mit ermächtigten Krankenhausärzten?
Kann Teilzeit-Chefarzt zugleich Vertragsarzt sein?
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwalt Rolf Heinemann: Arzttätigkeit gleichzeitig als Hausarzt und Facharzt? Dazu hat das BSG am 13.02.2019, B 6 KA 62/17 R, entschieden. Fragen Sie Ihren Fachanwalt für Medizinrecht in unserer Kanzlei