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Der BGH hat am 22.11.2016, Az. XI ZB 9/13, entschieden, dass die Telekom zum so genannten zweiten Börsengang in ihrem Verkaufsprospekt keine falschen Angaben gemacht und daher auch keine Anleger geschädigt hat.

Was ist passiert?

Im Zusammenhang mit den massenhaft erhobenen Klagen von Aktionären der Deutschen Telekom AG können Gegenstand des  Kapitalanleger-Musterverfahrens nur verallgemeinerungsfähige Vorfragen zu den einzelnen Aktionärsklagen sein. Dabei steht im Mittelpunkt des Verfahrens die (Un-)Richtigkeit des anlässlich des sog,. „zweiten Börsengangs“ der Deutschen Telekom AG herausgegebenen Verkaufs- und Börsenzulassungsprospekts. Im Jahr 1999 wurden auf Grundlage dieses Prospekts u.a. 250 Mio. neue Stückaktien aus einer im Juni 1999 erfolgten Kapitalerhöhung zum Börsenhandel zugelassen und von der Deutschen Telekom AG öffentlich zum Verkauf angeboten. Der Prospekt diente zudem dazu, über 1,7 Mrd. Aktien aus dem Bestand der Bundesrepublik Deutschland und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zum Börsenhandel zuzulassen. Ab dem Jahr 2001 kam es zu zahlreichen Klagen gegen die Deutsche Telekom AG, die Bundesrepublik Deutschland, die KfW und einen Teil der Konsortialbanken, nachdem der Kurs der Aktien stark gefallen war.

Der Musterkläger und die auf seiner Seite Beigeladenen hatten im Musterverfahren vor dem OLG Frankfurt am Main, eine Vielzahl von Prospektfehlern geltend gemacht. Das Vorliegen eines Prospektfehlers haben die Musterbeklagten – die Deutsche Telekom AG, die Bundesrepublik Deutschland, die KfW und eine in den Ausgangsverfahren verklagte Konsortialbank – in Abrede gestellt und sich auf Verjährung berufen. Über die ihm durch mehrfach berichtigten und ergänzten Vorlagebeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main v. 22.11.2006, Az. 3/7 OH 2/06, vorgelegten Fragen und über die mit Erweiterungsbeschluss des Oberlandesgerichts einbezogenen Feststellungsziele hat  das Oberlandesgericht hat durch Musterentscheid vom 03.07.2013, Az.  23 Kap 2/06, entschieden. Einen Prospektfehler hat es nicht festgestellt. Es hat lediglich Feststellungen zu Teilaspekten, wie zur Prospektverantwortlichkeit der Deutschen Telekom AG, zu Verjährungsfragen, zur Darlegungs- und Beweislast und zum Adressatenkreis des Prospekts getroffen und im Übrigen die beantragten Feststellungen nicht getroffen. 36 Beigeladene haben gegen den Musterentscheid Rechtsbeschwerde eingelegt.

Was sagt der BGH dazu?

Der BGH hat entschieden, dass das Oberlandesgericht die gerügten Prospektfehler zu Recht verneint hat.

Der Prospekt berichtet nach Auffassung des BGH zutreffend und vollständig über das Immobilienvermögen der Deutschen Telekom AG mit mehr als 12.000 Grundstücken und etwa 33.000 baulichen Anlagen. Das Oberlandesgericht sei aufgrund einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Wert des Immobilienvermögens im Prospekt nicht wesentlich zu hoch angegeben worden war. Der Prospektfehler, den der BGH in dem anlässlich des „dritten Börsengangs“ der Deutschen Telekom AG im Jahr 2000 herausgegebenen Verkaufsprospekt festgestellt hat (Beschl. v. 21.10.2014 – XI ZB 12/12 – BGHZ 203, 1), betraf einen zeitlich nachfolgenden Geschäftsvorfall, der im hier verfahrensgegenständlichen Prospekt zum „zweiten Börsengang“ noch keine Rolle spielte.

Für alle Ausgangsverfahren stehe damit bindend fest, dass aus den betreffend den Prospekt des „zweiten Börsengangs“ gerügten Unvollständigkeiten und Unrichtigkeiten keine Prospekthaftungsansprüche gemäß §§ 45 ff. BörsG a.F. i.V.m. § 13 VerkProspG a.F. und keine deliktischen Schadensersatzansprüche hergeleitet werden können. Auf weitere Fragen zur Darlegungs- und Beweislast, zur Verjährung, zum Adressatenkreis des Prospekts und zur Aktivlegitimation, die dem Oberlandesgericht zur Vorabentscheidung vorgelegt worden waren und zu denen es ebenfalls Feststellungen getroffen hat, werde es in den Ausgangsverfahren daher nicht mehr entscheidungserheblich ankommen. Der BGH hat aus diesem Grunde die dazu getroffenen Feststellungen auf die Rechtsbeschwerden der Beigeladenen und die Anschlussrechtsbeschwerde der Deutschen Telekom AG aufgehoben und den Vorlagebeschluss insoweit für gegenstandslos erklärt.

 

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 14/2017 v. 01.02.2017 und Juris das Rechtsportal

 

RH