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Am 12.09.2017 hat der BGH entschieden, dass mehrere vorformulierte Entgeltklauseln eines Kreditinstituts unwirksam sind und deshalb gegenüber Verbrauchern nicht verwendet werden dürfen.

Was ist passiert?

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein. Dieser ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen. Der Kläger behauptet, dass verschiedene Klauseln, die die beklagte Sparkasse in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis gegenwärtig verwendet bzw. verwendet hat, unwirksam seien. Im Einzelnen geht es dabei um folgende Regelungen:

– Klausel 1: die Beklagte erhebt für die berechtigte Ablehnung der Einlösung einer SEPA-Lastschrift ein Entgelt i.H.v. 5 Euro erhebt („Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Einlösung einer SEPA-Basis-Lastschrift bei Postversand 5,00 Euro“);

– Klauseln 2 und 3: an zwei unterschiedlichen Stellen im Preis- und Leistungsverzeichnis wird die jeweils inhaltsgleiche Regelung getroffen, wonach für die Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung einer Einzugsermächtigungs-/Abbuchungsauftragslastschrift bei fehlender Deckung ein Entgelt i.H.v. 5 Euro anfällt („Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung (bei Postversand) einer Einzugsermächtigungs-/Abbuchungsauftragslastschrift mangels Deckung 5.00 Euro“);

– Klausel 4: die Beklagte berechnet bei Überweisungen innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) in Währungen eines Staates außerhalb des EWR (Drittstaatenwährung) sowie bei Überweisungen in Staaten außerhalb des EWR (Drittstaaten) für die Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung eines Überweisungsauftrages bei fehlender Deckung ein Entgelt in Höhe von 5 Euro („Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung (bei Postversand) … eines Überweisungsauftrages mangels Deckung 5,00 Euro“);

– Klausel 5: eine Regelung, die mit der Klausel 4 wortgleich ist, betrifft Überweisungen innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) in Euro oder in anderen EWR-Währungen;

– Klausel 6: die Beklagte erhebt unter anderem für die Aussetzung und die Löschung eines Dauerauftrages bis zum 01.07.2013 auch von Verbrauchern ein Entgelt i.H.v. 2 Euro („Dauerauftrag: Einrichtung/Änderung/Aussetzung/Löschung 2 Euro“);

– Klausel 7: nach der Klausel, die die Beklagten bis zum 13.12.2012 verwendet hatte, fiel für die Führung eines Pfändungsschutzkontos ein monatliches Entgelt i.H.v. 7 Euro an („Pfändungsschutzkonto: Privat-/Geschäftsgirokonto; Privatgirokonto: Grundpreis je angefangenen Monat 7 Euro“);

– Klausel 8: die Beklagte stellt für die Änderung oder Streichung einer Wertpapierorder ein Entgelt i.H.v. 5 Euro in Rechnung („Änderung, Streichung einer Order 5 Euro“).

Nach Ansicht der Klägerin verstoßen Klauseln 1 bis 5 und 7 insgesamt, die Klausel 6 hinsichtlich der Varianten „Aussetzung“ und „Löschung“ sowie die Klausel 8 bezüglich der Alternative „Streichung einer Order“ gegen § 307 BGB. Die Klägerin nimmt die Beklagte insoweit darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen.

Mit Ausnahme der Klauseln 7 und 8 hatte die Unterlassungsklage vor dem Landgericht Freiburg, Urt. v. 14.04.2014 – 2 O 48/13 –  Erfolg.

Vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe, Urt. v. 02.12.2015 – 13 U 72/14 – hatte die Berufung des Klägers auch in Bezug auf die Klauseln 7 und 8 Erfolg.

Was sagt der BGH dazu?

Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat der BGH zurückgewiesen.

Die Klauseln 1 bis 5 weichen nach Auffassung des BGH von § 675f Abs. 4 Satz 2, § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB und damit von einer gesetzlichen Preisregelung ab, weil das darin jeweils vorgesehene Entgelt i.H.v. 5 Euro für die Unterrichtung über die berechtigte Ablehnung der Ausführung einer SEPA-Lastschrift, einer Einzugsermächtigungs- oder Abbuchungsauftragslastschrift bzw. einer Überweisung auf der Grundlage des Prozessvortrags der Beklagten nicht an den hierfür tatsächlich anfallenden Kosten ausgerichtet ist. Der Zahlungsdienstleister könne mit dem Zahlungsdienstnutzer im Rahmen des Zahlungsdiensterahmenvertrages (§ 675f Abs. 2 BGB) gemäß den – mit den eindeutigen Vorgaben der EU-Zahlungsdiensterichtlinie in Einklang stehenden – Vorschriften der § 675f Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 BGB, § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung eines Zahlungsauftrages ausnahmsweise ein Entgelt vereinbaren, das allerdings nach § 675f Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 BGB angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein müsse. Kosten für die Entscheidung über die Ausführung eines Zahlungsauftrages – auch wenn diese der Ablehnung eines Zahlungsauftrages zwingend vorangeht – müssten allerdings außer Betracht bleiben, weil die Berücksichtigung dieser Kosten sich weder mit dem klaren Gesetzeswortlaut noch mit den ausdrücklichen Richtlinienvorgaben vereinbaren lasse. Vorliegend sei das in den Klauseln 1 bis 5 vorgesehene Entgelt i.H.v. 5 Euro nicht an den Kosten der Beklagten für die Unterrichtung des Zahlungsdienstnutzers ausgerichtet. Die Beklagte habe dagegen in erheblichem Umfang Kostenpositionen berücksichtigt, die ihren eigenen Erläuterungen zufolge lediglich im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Nichtausführung des Zahlungsauftrages stehen, nicht aber mit der Unterrichtung des Kunden hierüber.

Hinsichtlich der Fallgruppen „Aussetzung“ und „Löschung“ eines Dauerauftrages weiche die Klausel 6 ebenfalls von der gesetzlichen Preisregelung des § 675f Abs. 4 Satz 2 BGB ab, weil die Beklagte in diesen Fällen kein Entgelt erheben dürfe. Gemäß § 675c Abs. 3 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZAG stelle die Ausführung eines Dauerauftrages einen Zahlungsdienst dar, für dessen Erbringung als vertragliche Hauptleistung der Zahlungsdienstleister gemäß § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB ein Entgelt verlangen könne. Die Aussetzung und Löschung eines Dauerauftrages zielten aber nicht auf dessen Ausführung, sondern im Gegenteil darauf ab, dass dieser nicht ausgeführt werde und seien als Widerruf (§ 675p BGB) des auf Ausführung des Dauerauftrages gerichteten Zahlungsauftrages zu verstehen. Wie aus § 675f Abs. 4 Satz 2, § 675p Abs. 4 Satz 3 BGB folge, stelle die Berücksichtigung dieses Widerrufs eine gesetzliche Nebenpflicht der Beklagten dar,  weil für die Bearbeitung des Widerrufs nur im Falle von § 675p Abs. 4 Satz 1 BGB ein Entgelt vereinbart werden dürfe. Im Umkehrschluss folge hieraus, dass die Bearbeitung des Widerrufs im Regelfall unentgeltlich zu erfolgen habe. Jedoch entspreche die Klausel 6 nicht diesem Regel-/Ausnahmeverhältnis, sondern sehe unterschiedslos die Erhebung eines Entgelts i.H.v. 2 Euro vor.

Ebenfalls unterliege die Klausel 7 der Inhaltskontrolle, weil sie für die Führung des Pfändungsschutzkontos ein Entgelt i.H.v. 7 Euro vorsehe, das nach den Vorgaben der Senatsurteile vom 13.11.2012 (XI ZR 500/11 und XI ZR 145/12) eine kontrollfähige Preisnebenabrede darstelle.

Im Hinblick auf die streitige Alternative der „Streichung einer Order“ handele es sich bei der Klausel 8 gleichfalls um eine der Inhaltskontrolle unterworfene Preisnebenabrede. Hiermit wälze die Beklagte Aufwand zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht auf den Kunden ab. Wenn der Erwerb von Wertpapieren durch eine Bank im Kundenauftrag im Wege des Kommissionsgeschäfts erfolge, so sei Hauptleistungspflicht und damit die durch eine Preishauptabrede abzugeltende Hauptleistung des Kommissionärs das mit der gebotenen Sorgfalt zu erbringende Bemühen, dem Auftrag des Kommittenten entsprechende Kaufverträge abzuschließen. Diese Verpflichtung bestehe bei der Streichung einer Wertpapierorder nicht fort und könne aus diesem Grunde nicht die zu vergütende Hauptleistung sein. Eine Bank, die die Streichung einer Wertpapierorder berücksichtige, erbringe ferner keine rechtlich nicht geregelte Sonderleistung. Bis zur Ausführung des Kommissionsgeschäfts stelle die Streichung einer Wertpapierorder eine – jederzeit mögliche – Kündigung des Kommissionsvertrages dar. Damit einher gehe die gesetzliche Nebenpflicht des Kommissionärs, dieser Kündigung Folge zu leisten und ihr im Verhältnis zum Kommittenten Rechnung zu tragen. Die Klausel 8 wälze einen Aufwand der Beklagten zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht auf den Kunden ab, indem für diesen Fall ein Entgelt i.H.v. 5 Euro vorsehe. Sie unterliege damit als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle. Unerheblich sei, dass der Kunde Wertpapiere von seiner Bank auch im Wege des sog. Festpreisgeschäfts erwerben könne, von dem der Kunde sich nicht jederzeit einseitig lösen könne, weil die Klausel 8 nicht zwischen einem Erwerb von Wertpapieren im Wege des Kommissions-geschäfts oder des sog. Festpreisgeschäfts differenziere.

Die angegriffenen Klauseln würden der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle nicht standhalten, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen abgewichen werde, nicht zu vereinbaren seien (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und die Kunden der Beklagten entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Bereits deshalb gelte dies für die Klauseln 1, 2, 3, 5 und 6 (im angegriffenen Umfang der „Aussetzung“ und „Löschung“ eines Dauerauftrages), weil sie gegen die Vorgaben von § 675f Abs. 4 Satz 2, § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB verstoßen, von denen gemäß § 675e Abs. 1 BGB nicht zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden dürfe.

Die Klausel 4 weiche von den gemäß § 675e Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BGB disponiblen Vorgaben der § 675f Abs. 4 Satz 2, § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB ab. Dadurch werde die unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB indiziert. Weder vorgetragen noch sonst ersichtlich seien Umstände, nach denen diese Vermutung als widerlegt anzusehen sein könnte.

Nach den Vorgaben der Senatsurteile vom 13.11.2012 (XI ZR 500/11 und XI ZR 145/12) halte die Klausel 7 einer Inhaltskontrolle ebenfalls nicht stand.

Die Klausel 8 sei unwirksam, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweiche. Dies deshalb, weil sie einen Aufwand der Beklagten für die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht auf den Kunden abwälze. Dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Rechtspflichten zu erfüllen habe, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können gehöre zu den wesentlichen Grundgedanken auch des dispositiven Rechts. Hierauf bestehe ein Anspruch nur, wenn dies im Gesetz ausnahmsweise vorgesehen sei, was vorliegend nicht der Fall sei. Die unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB werde durch die Abweichung von den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung indiziert, ohne dass Umstände ersichtlich oder vorgetragen wären, die diese Vermutung widerlegen. Auch die erforderliche Wiederholungsgefahr bestehe schließlich im Hinblick auf die Verwendung der beanstandeten Klauseln.

Die Beklagte habe die auf Grund der Verwendung der Klauseln 1 bis 5 und 8 in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis vermutete Wiederholungsgefahr nicht widerlegt. Bezüglich der Klausel 6 sei darüber hinaus gleichfalls von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. Diese Regelung habe die Beklagte nicht nur außergerichtlich, sondern auch noch im Rechtsstreit verteidigt. Allein zur Widerlegung der Wiederholungsgefahr reiche nicht aus, dass sie die Klausel mit Wirkung zum 01.07.2013 in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis geändert habe, Unerheblich sei auch, ob die Aufnahme der Klausel 6 in das Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten nach deren Vortrag auf einem redaktionellen Versehen beruhe.

In Bezug auf die Klausel 7 sei eine Wiederholungsgefahr sei ebenfalls nicht ausgeräumt. Abgesehen davon, dass allein die insoweit erfolgte Änderung des Preis- und Leistungsverzeichnisses der Beklagten zum 13.12.2012 für sich gesehen die Wiederholungsgefahr nicht entfallen lasse, sei eine abweichende Beurteilung auch nicht unter Berücksichtigung des weiteren Umstandes veranlasst, dass dies in Reaktion auf die vorgenannten Senatsurteile vom 13.11.2012 (XI ZR 500/11 und XI ZR 145) erfolgt sei. Gegenüber dem Kläger habe die Beklagte habe diese Klausel nämlich noch vorgerichtlich in der Sache verteidigt und sich erst im Prozess darauf zurückgezogen, es sei keine Wiederholungsgefahr mehr gegeben. Daher sei die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht entbehrlich. Aufgrund der Änderung der Regelung mit Wirkung für die Zukunft sei darüber hinaus nicht die Gefahr beseitigt, dass sich die Beklagte in der Abwicklung von Altfällen auf die unwirksame Klausel berufen könnte, da sie insoweit keine Maßnahmen getroffen habe, dieser Gefahr zu begegnen.

  

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 140/2017 v. 12.09.2017 und Juris das Rechtsportal

 

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