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BGH, Urteil vom 18.09.2012 – XI ZR 344/11

Mit seiner Entscheidung vom 18.09.2012 – XI ZR 344/11 äußert sich der XI. Senat des BGH grundlegend zur Prospekthaftung für außerbörslich gehandelte Wertpapiere.

Was war passiert?
Die Wohnungsbau Leipzig-West AG (AG) legte zwischen 1999 und 2006 zahlreiche Inhaberschuldverschreibungen ohne Börsenzulassung mit einem Gesamtvolumen von 565 Millionen Euro auf. Darunter war auch die mit dem Prospekt „Ausgewogene Konditionen“ beworbene Anleihe. Der Kläger zeichnete im April 2005 Anteile im Wert von 5.000,00 €. Der Beklagte war zu 73% Mehrheitsaktionär und herrschender Unternehmer der AG. Auf Grund von Einzelzuweisungen des Beklagten erfolgten hohe Zahlungen der AG an ihn.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Rückzahlung des Anlagebetrages nebst Zinsen. Der Beklagte wendet sich mit seiner Revision gegen das dem Kläger stattgebende Urteil des Berufungsgerichts.

Was sagt das Gericht dazu?
Der BGH bestätigt das Berufungsurteil und weist die Revision des Beklagten zurück.

Nach Ansicht des Gerichts war der Prospekt „Ausgewogene Konditionen“ unvollständig, weil daraus nicht hervorging, dass der Beklagte als herrschender Unternehmer auf Grundlage eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages dem Vorstand der AG Weisungen erteilen konnte, die nur ihm dienten. Richtet sich ein Prospekt, wie im vorliegenden Fall, an ein unkundiges und börsenunerfahrenes Publikum, so bestimmt sich der Empfängerhorizont für Prospekterklärungen nach den Fähigkeiten eines (Klein-)Anlegers, der über keine Spezialkenntnisse verfügt und sich allein anhand der Prospektangaben über die Kapitalanlage informiert.

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war selbst bei eingehender Lektüre des Prospekts nicht erkennbar, dass der Beklagte der AG auf seine Weisung zu seinem Vorteil hin Kapital entziehen konnte.

Der Beklagte ist nach Ansicht der Richter auch für den fehlerhaften Prospekt verantwortlich, denn er hatte als Begünstigter des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages mit der AG ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse an der Einwerbung von Anlegergeldern durch die Ausgabe der Inhaberschuldverschreibungen.

Was lernen wir daraus?
In dieser grundsätzlichen Entscheidung wird deutlich, dass Wertpapier-Emittenten eine umfassende Pflicht zur Aufklärung ihrer Anleger über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse und Risiken, trifft. Dies gilt nicht nur für Papiere, die an der Börse gehandelt werden, sondern auch für den außerbörslichen Kapitalmarkt. Es reicht nicht aus, im Verkaufsprospekt auf Unternehmensverträge wie „Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge“ hinzuweisen. Vielmehr müssen die sich daraus ergebenden Risiken für den Anleger konkret erläutert werden.
(RH)