BGH, Beschl. v. 26. Oktober 2011 – IV ZB 33/10
Der BGH hat entscheiden, dass kein Verstoß gegen § 14 HeimG vorliegt, wenn der Heimträger keine Kenntnis von der Erbeinsetzung hatte.
Was war passiert?
Ein Vater hat seinen schwerbehinderten Sohn, der in einer Einrichtung für Menschen mit schwerer Behinderung lebt, in einem notariellen Testament zum nicht befreiten Vorerben und die Einrichtung zum Nacherben sowie zum Ersatzerben eingesetzt.
Nach dem Tod des Vaters beantragte der Sohn einen Erbschein, der ihn als Alleinerben nach seinem Vater ausweisen sollte. Das Nachlassgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichteten Beschwerden wurden zurückgewiesen. Das nunmehr zu entscheidende Gericht hat die Frage zur Auslegung des § 14 HeimG dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.
Was sagt das Gericht dazu?
Nach Ansicht des erkennenden Senats können auch testamentarische Verfügungen vom Verbot des § 14 HeimG erfasst sein. Ein Verstoß gegen die Norm zieht die Nichtigkeit des Testaments nach sich, auch wenn sich das Verbot nur gegen den Heimträger richtet.
Ein Eingreifen des § 14 HeimG setze voraus, dass sich der Heimträger etwas versprechen oder gewähren lasse. Eine einseitige Willenserklärung genügt insoweit nicht. Bei einem „stillen Testament“ eines Heimbewohners, von dem der Heimträger bis zum Eintritt des Erbfalls keine Kenntnis erlangt hat, fehle es am Merkmal des „sich gewähren lassen“.
Dies sei auch nicht anders zu beurteilen, wenn das den Heimträger begünstigende Testament nicht vom Heimbewohner, sondern von einem Angehörigen stammt und der Heimbewohner nach dem Tod des Erblassers weiterhin in dem Heim lebt. Unter dem Gesichtspunkt des Heimfriedens ergibt sich keine Veranlassung zu einer Vorzugsbehandlung des Heimbewohners. Die letztwillige Verfügung ist nicht mehr änderbar, lediglich Dankbarkeit könnte das Verhalten des Heimträgers beeinflussen.
Was lernen wir daraus?
Nachdem das vorlegende Gericht von der Ansicht des früher in einem ähnlichen Fall entscheidenden OLG München (Testament nichtig, OLG München vom 20.07.2006, Az.: Wx 119/06) abweichen wollte, hat der BGH seine Auffassung zu den sog. Behindertentestamenten klargestellt. Es ist oftmals der Wunsch von Eltern mit behinderten Kindern, das Heim als Nacherben einzusetzen, in dem das behinderte Kind lebt. Solche Testamente sind nunmehr ausdrücklich zulässig, sofern der Heimträger nichts von dem Testament weiß.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass der vorliegenden Entscheidung ein Fall aus dem Jahr 2005 zugrunde liegt. Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 ist die Heimgesetzgebung Ländersache. Zwischenzeitlich gibt es keine einheitliche „Heimgesetzgebung“ mehr, da fast jedes Bundesland sein eigenes „Heimgesetz“ erlassen hat – natürlich jeweils mit neuer Gesetzesbezeichnung. Die Regelungen weichen auch von Bundesland zu Bundesland mehr oder weniger stark voneinander ab. Die alte Regelung des § 14 HeimG findet sich nunmehr beispielsweise jeweils neu gefasst in § 10 WTG (Wohn- und Teilhabegesetz) Nordrhein-Westfalen oder § 15 WTG Sachsen – Anhalt oder § 14 Brandenburgisches Pflege- und Betreungswohngesetz (BbgPBWoG) wieder.
Nichtsdestotrotz dürfte die Entscheidung des BGH auf die Länderregelungen weitgehend übertragbar sein, zumal diese sich nicht grundlegend von der Regelung des alten § 14 HeimG unterscheiden.
(RH)