Der 6. Senat BSG, Az. B 6 KA 6/16 R, hat am 25.01.2017 entschieden, dass kein Anspruch darauf besteht, dass die Kapazitätsgrenze, bis zu deren Erreichen psychotherapeutische Leistungen ohne Abstaffelung vergütet werden, praxis- und nicht arzt- bzw therapeutenbezogen ermittelt werden.
Was ist passiert?
Klägerin ist eine aus zwei psychologischen Psychotherapeuten bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), Beklagte eine kassenärztliche Vereinigung (KÄV). Die beklagte KÄV berücksichtigte bei der Berechnung des Honorars der BAG für die vier Quartale des Jahres 2009 die von einem der beiden Psychotherapeuten erbrachten Leistungen nur bis zu einer zeitbezogenen Kapazitätsgrenze ohne Abstaffelung. Diese Kapazitätsgrenze wurde von Leistungen des anderen Psychotherapeuten, die mit festen Punktwerten der Honorarberechnung der BAG zu Grunde gelegt wurden, unterschritten.
Die Klägerin hatte im Widerspruchs- und im Klageverfahren vor dem SG Marburg, Az. S 11 KA 98/12, ohne Erfolg geltend gemacht, dass die Kapazitätsgrenze in der psychotherapeutischen BAG praxisbezogen und nicht arztbezogen ermittelt werden müsse, sodass sich Unterschreitungen des einen und Überschreitungen des anderen Praxispartners ausgleichen könnten. Das Urteil des SG Marburg sowie die angefochtenen Bescheide hatte das LSG Darmstadt, Az. L 4 KA 14/14, aufgehoben und die Beklagte zur Neubescheidung verurteilt. Die maßgebenden Beschlüsse des Bewertungsausschusses sähen zwar eine arztbezogene Berechnung der Kapazitätsgrenze vor. Jedoch verstießen die Beschlüsse damit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Es liege kein sachlicher Grund dafür vor, die Kapazitätsgrenze der nicht in das Regelleistungsvolumen (RLV) einbezogenen Psychotherapeuten arztbezogen zu ermitteln, während die Grenze bei den Arztgruppen, die den Regelleistungsvolumen unterliegen praxisbezogen ermittelt werde. Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, der Bewertungsausschuss habe mit der Regelung arztbezogener Kapazitätsgrenzen für Psychotherapeuten seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Zwischen den Vertragsärzten, die dem RLV unterfielen, und den Psychotherapeuten, deren zeitgebundene Leistungen außerhalb von RLV vergütet würden, bestünden wesentliche Unterschiede, die eine unterschiedliche Berechnungsweise der verschiedenen Budgetgrenzen rechtfertigten.
Was sagt das BSG dazu?
Die Revision der beklagten kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) hatte Erfolg.
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Kapazitätsgrenze, bis zu deren Erreichen psychotherapeutische Leistungen ohne Abstaffelung vergütet werden, praxis- und nicht arzt- bzw therapeutenbezogen ermittelt werden. Auch die Klägerin zieht nicht in Zweifel, dass die Berechnung der Beklagten den Vorgaben aus den maßgebenden Beschlüssen des Bewertungsausschusses (BewA) entspricht. Keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG begründet der Umstand, dass die Grenze, bis zu der Leistungen mit einem festen Punktwert vergütet werden, bei psychotherapeutischen Leistungen personenbezogen, bei den dem Regelleistungsvolumen (RLV) unterworfenen Arztgruppen dagegen praxisbezogen ermittelt wird. Gerechtfertig ist die Ungleichbehandlung durch die Besonderheiten der psychotherapeutischen Leistungen und ihrer Vergütung. Vom System der RLV unterscheidet sich grundlegend das für psychotherapeutische Leistungen geltende System der Leistungsbewertung. Das RLV erfasst nicht notwendig alle wesentlichen Leistungen des jeweiligen Fachgebiets in jedem Behandlungsfall. Dagegen werden die von psychologischen Psychotherapeuten erbrachten, überwiegend antrags- und zeitgebundenen Leistungen bis zu einer typisierend ermittelten – auf den einzelnen Therapeuten bezogenen – Grenze der Vollauslastung mit festen Punktwerten vergütet. Zu Grunde liegt dem der Gedanke, dass der einzelne Therapeut die Menge der erbrachten Leistungen aufgrund der starren Zeitvorgaben nur in engen Grenzen ausweiten kann. Die Zusammenarbeit in einer BAG vermag die danach allein maßgebende Grenze der Vollauslastung des einzelnen Therapeuten nicht weiter zu verschieben.
Quelle: Juris das Rechtsportal
RH