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Mit Urteil vom 17.11.2015, Az. B 1 KR 12/15 R, stellte das BSG fest, dass erst das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz eine Flexibilisierung beruflicher Betätigung von Vertragsärzten zulässt und seit 2007 ein Vertragsarzt gleichzeitig auch als angestellter Arzt in einem Krankenhaus arbeiten kann.

Was ist passiert?

Die Trägerin eines für Versicherte zugelassenen Krankenhauses behandelte den bei der beklagten Krankenkasse Versicherten vom 4. bis 9.7.2006 mittels dorsaler Spondylodese des 1. Segments. Die Operation wurde von dem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Neurochirurgen durchgeführt, der zu diesem Zeitpunkt in keinem Anstellungsverhältnis zum Krankenhaus stand. Die Klägerin berechnete 8165,91 Euro (Fallpauschale – DRG I09C – Wirbelkörperfusion ohne äußerst schwere oder schwere CC). Die Beklagte lehnte die Zahlung ab. Das SG Darmstadt, Az. S 10 KR 241/07, hatte die Klage abgewiesen. Dem Krankenhaus stehe keine Krankenhausvergütung zu, wenn wie hier die den Krankenhausaufenthalt als Hauptleistung bestimmende Operation durch einen niedergelassenen Vertragsarzt erbracht werde, der nicht zugleich Angestellter des Krankenhauses sei. Das Hessische LSG, Az. L 1 KR 341/11, hat das Urteil des SG Darmstadt aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung nebst Zinsen verurteilt. Leistungen iSv § 109 Abs 4 S 1 SGB V könnten auch von nicht angestellten Ärzten erbracht werden.

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von §§ 39 Abs 1 S 3, 107 Abs 1, 109 Abs 4 S 2 SGB V und § 2 Abs 1 KHEntgG.

Was sagt das BSG dazu?

Die Revision der beklagten Krankenkasse ist erfolgreich gewesen. Das BSG führte in seiner Entscheidung vom 17.11.2015 aus, dass der geltend gemachte Vergütungsanspruch der klagenden Krankenhausträgerin für die stationäre Behandlung des Versicherten nicht zustehe. Krankenhäuser hätten im Jahr 2006 ihre Hauptleistungen hier die elektive Spondylodese für Versicherte der GKV nicht von Vertragsärzten erbringen lassen dürfen. Erst das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz sehe zur Flexibilisierung beruflicher Betätigung ab 2007 organisationsrechtliche Erleichterungen vor. Ein Vertragsarzt könne seitdem gleichzeitig auch als angestellter Arzt in einem Krankenhaus arbeiten.

Was lernen wir daraus?

Der Entscheidung des BSG ist zuzustimmen.

Das BSG führte dazu in seinem Urteil richtig aus, dass das Vertragsarztrechtsänderungs-gesetz vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) zur Flexibilisierung der beruflichen Betätigungsmög-lichkeiten (BT-Drucks 16/2474 S 21) erst mit Wirkung vom 1.1.2007 organisationsrechtliche Erleichterungen der Leistungserbringung durch Vertragsärzte im Krankenhaus vorgesehen habe. Es hätte dem § 20 Abs 2 Ärzte-ZV folgenden Satz angefügt: „Die Tätigkeit in oder die Zusammen-arbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 SGB V oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V ist mit der Tätigkeit des Vertragsarztes verein-bar.“ Ärzte könnten seitdem als Vertragsärzte und daneben auch als angestellte Ärzte in Krankenhäusern arbeiten. Eine Tätigkeit im Krankenhaus bewirke keine Ungeeignetheit für die daneben ausgeübte vertragsärztliche Tätigkeit im Sinne von § 20 Abs 2 Ärzte-ZV mehr (BT-Drucks 16/2474 S 16).

Zeitgleich sei weiterhin mit Wirkung zum 1.1.2007 auch § 95 Abs 3 S 1 SGB V durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz geändert und zur Flexibilisierung der beruflichen Betätigungsmöglichkeit anstelle einer „Vollzulassung“ die Möglichkeit einer „Teilzulassung“ (§ 19a Abs 2 Ärzte-ZV) geschaffen worden (BT-Drucks 16/2474 S 37).

Auch § 2 Abs. 1 S. 1 KHEntgG sei etwas später analog geändert worden und hätte in der seit 01.01.2013 geltenden Fassung folgenden Wortlaut: „Krankenhausleistungen nach § 1 Abs. 1 sind insbesondere ärztliche Behandlung, auch durch nicht fest angestellte Ärztinnen und Ärzte, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung; sie umfassen allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen. Zu den Krankenhausleistungen gehören nicht die Leistungen der Belegärzte (§ 18) sowie der Beleghebammen und -entbindungspfleger.“

Quelle: Bundessozialgericht Kassel Entscheidungen

 

RH