Mehr Infos

Am 15.12.2016 hat das BVerfG, Az. 1 BvR 935/14, entschieden, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung zur Prüfung der Notwendigkeit einer stationären Behandlung eines Patienten auch länderübergreifend beauftragt werden darf.

Was ist passiert?

Die Beschwerdeführerin betreibt ein Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen. Im Ausgangsverfahren war sie verurteilt worden, Behandlungsunterlagen eines Patienten, der bei einer Betriebskrankenkasse mit Sitz in Nordrhein-Westfalen versichert war, an den Medizinischen Dienst (MDK) in Rheinland-Pfalz herauszugeben. Die Beschwerdeführerin wandte hiergegen ein, dass für alle dem Medizinischen Dienst in § 275 SGB V zugewiesenen Prüfaufgaben keine länderübergreifende Beauftragung erfolgen könne. Eine örtliche Begrenzung der Prüfungskompetenz des Medizinischen Dienstes hat das BSG letztlich verneint (BSG, Urt. v. 17.12.2013 – B 1 KR 52/12 R). Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer Verfassungsbeschwerde die Verletzung ihrer Grundrechte in Verbindung mit dem Rechtsstaats- und Bundesstaatsprinzip.

Was sagt das BVerfG dazu?

Die Verfassungsbeschwerde gegen die länderübergreifende Beauftragung des Medizinischen Dienstes hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen.

Eine örtliche Begrenzung der Prüfungskompetenz des Medizinischen Dienstes schreibt das Grundgesetz nach Auffassung des BVerfG nicht vor, wenn dieser auf Grundlage von §§ 275, 276 SGB V tätig wird.

Die wesentlichen Erwägungen des BVerfG:

  1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit die Beschwerdeführerin rügt, sie sei in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt. Zur Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gehört die schlüssige Behauptung des Beschwerdeführers, dass er selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch die öffentliche Gewalt in seinen grundrechtlich geschützten Positionen verletzt sei. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ihrer Patienten (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Insoweit macht sie im Ergebnis nicht eigene Grundrechte, sondern solche ihrer Patienten geltend.
  1. Die Verfassungsbeschwerde ist auch unzulässig im Hinblick auf die Rüge einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG). Aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin ergibt sich keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung durch den Einsatz überörtlicher Medizinischer Dienste. Ein konkreter individueller Nachteil für die Beschwerdeführerin ist nicht erkennbar.
  1. Die Verfassungsbeschwerde ist im Übrigen jedenfalls unbegründet. Das angegriffene Urteil des BSG verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten. In nicht zu beanstandender Weise hat das BSG festgestellt, dass weder Wortlaut noch Systematik, Entstehungsgeschichte und Zielsetzung des § 276 Abs. 2 SGB V Anhaltspunkte für die Annahme böten, dass die dem Medizinischen Dienst zugewiesenen Aufgaben ausschließlich nach räumlichen Wirkungskreisen wahrzunehmen seien. Auch verfassungsrechtlich ist die von der Beschwerdeführerin begehrte einschränkende Auslegung nicht geboten. Für die Organisation und das Verfahren der Krankenversicherung räumt Art. 87 Abs. 2 GG dem Gesetzgeber einen großen Spielraum ein. Die Organisationsbefugnis des Bundes berechtigt ihn auch, Verbindungen zwischen Sozialversicherungsträgern herzustellen oder länderüberschreitende Leistungsbeziehungen zu regeln. Ein verfassungsrechtliches Verbot bundesgesetzlicher Regelung länderübergreifenden Zusammenwirkens in der Krankenversicherung besteht nicht.

 

Quelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 96/2016 v. 15.12.2016 und Juris das Rechtsportal

 

RH