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LG Frankfurt am Main, Urt. v. 12. August 2009 – 2-06 S 10/09

Bei einer vor dem 01. September 2008 ausgesprochenen Abmahnung wegen des urheberrechtswidrigen Inverkehrbringens der Fälschung einer Grafik von „Ed Hardy“ auf einem Kleidungsstück hat der Abgemahnte die Kosten für das vorgerichtliche Tätigwerden der Anwälte des Abmahners auf Grundlage eines Streitwerts von € 10.000,00 und einer 1,3 Geschäftsgebühr zu erstatten. Der Abgemahnte hat daher vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 651,80 zu tragen.
(Leitsatz des Bearbeiters)

Der Fall:
Der Beklagte verkaufte bei eBay ein Tank-Top, auf dem eine gefälschte Grafik mit dem Titel „77Tattoo-Eagle“ aufgebracht war. Sämtliche Rechte an der Original-Grafik waren exklusiv der Klägerin übertragen worden.

Die Klägerin ließ den Beklagten wegen einer Verletzung ihrer Lizenzrechte abmahnen.

Der Beklagte gab daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Er verweigerte jedoch die Zahlung der geltend gemachten Abmahnkosten. Diese forderten die Anwälte der Klägerin auf Basis eines Gegenstandswertes von € 30.000,00 ein. Der vom Kläger geforderte Betrag betrug somit € 1.005,40.

Das zunächst angerufene Amtsgericht hat die Klage auf Freistellung hinsichtlich der von der Klägerin an ihre Anwälte bislang noch nicht gezahlten Abmahnkosten als unzulässig abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt – und zwar beschränkt auf Abmahnkosten aus einem Streitwert von € 10.000,00. Dies entspricht einem geforderten Betrag in Höhe von € 651,80.

Die Entscheidung:
Die Berufung hatte Erfolg.

Zur Begründung hat das Landgericht zunächst ausgeführt, dass das Tank-Top mit der fraglichen Grafik als Bildwerk einen Urheberrechtsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG genieße.
Ferner habe der Beklagte das der Klägerin als exklusiver Lizenznehmerin zustehende Verbreitungsrecht nach § 17 Abs. 1 UrhG dadurch verletzt, dass er das Tank-Top bei eBay zum Verkauf angeboten und in Verkehr gebracht hat.

Auf eine Erschöpfung im Sinne von § 17 Abs. 2 UrhG könne der Beklagte sich nicht berufen. Die Klägerin habe nämlich im Einzelnen dargelegt, dass es sich bei dem in Rede stehenden Tank-Top um eine Fälschung handelte. Druckfarben, Schnitt und Stoff-Farben hätten nicht dem Original entsprochen und es hätten Druckdetails gefehlt. Die Abweichung der Druckfarben habe das Gericht unschwer anhand der Gegenüberstellung von Original-Grafik und der Verletzungsgrafik auf dem Tank-Top feststellen können.

Für die vorgerichtliche Abmahntätigkeit stehe den Anwälten der Klägerin eine Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV, §§ 13, 14 RVG zu, wegen der die Klägerin gemäß §§ 683, 670 BGB Freistellung vom Beklagten verlangen könne.  Ein Streitwert von € 10.000,00 sei ebenso wenig zu beanstanden, wie die Geschäftsgebühr mit dem Satz der so genannten Mittelgebühr von 1,3.

Schließlich könne nicht auf § 97a UrhG, wo der Kostenerstattungsanspruch seit dem 01. September 2009 geregelt sei, zurückgegriffen werden. Diese Regelung sei zum Zeitpunkt der Abmahnung noch nicht Kraft gewesen. Ihr komme auch keine rückwirkende Kraft zu.

Konsequenzen für die Praxis:
Das Landgericht hat zu einer vor dem 01. September 2008 ausgesprochenen Abmahnung entschieden. Zu diesem Zeitpunkt war die Regelung des § 97a UrhG, die den Ersatz der Anwaltskosten und den dort genannten Voraussetzungen begrenzt, noch nicht in Kraft. Ob diese so genannte „€-100-Regelung“ auf nach dem 01. September 2008  ausgesprochene Ed-Hardy-Abmahnungen angewendet werden kann, hat die Rechtsprechung bislang noch nicht entschieden.

Rechtsdogmatisch erscheint das Urteil zutreffend – und bietet für Ed-Hardy-Abgemahnte unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit von § 97a UrhG jedenfalls Ansatzpunkte für eine Abwehr von den Betrag von € 651,80 überschreitenden Kostenforderung der Abmahnanwälte. Zu kritisieren bleibt jedoch, dass eine nachvollziehbare Begründung für den nach Ansicht des Landgerichts „nicht zu beanstandenden“ Gegenstandswert gänzlich fehlt. Der Streitwert ist zwar gemäß § 3 ZPO vom Gericht nach freiem Ermessen zu schätzen. Doch darf erwartet werden, dass ein Gericht seine Schätzungserwägungen offen legt.

Mit derselben Folge der Kostentragungspflicht der Höhe nach hat das LG Frankfurt auch noch einmal  mit Urt. v. 26. August 2009 – 2-06 S 12/09 entschieden. Auch hier war eine Abmahnung vor dem 01. September 2008 Gegenstand des Verfahrens.
(LH)