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SG Heilbronn, Urteil vom 22. März 2013 – S 11 KR 1878/11

Das Sozialgericht (SG) Heilbronn hat mit Urteil vom 22.03.2013 – S 11 KR 1878/11 entschieden, dass die IKK ihrem Versicherten die privatärztlich abgerechneten Kosten für eine medizinisch notwendige „Spendersehnen-OP“ erstatten muss.

Was war passiert?
Im November 2010 ließ sich der Kläger, ein knapp 30-jähriger bei der beklagten IKK krankenversicherter Zimmermann, am Kniegelenk operieren. Hierbei wurde ihm eine Spendersehne und nicht eine körpereigene Sehne, wie sonst üblich, eingesetzt.

Aufgrund der Komplexität der Schädigung war diese selten angewandte Technik – auch nach Auffassung des Medizinischen Dienstes der IKK – notwendig.

Der Kläger vereinbarte vor der OP mit der Klinik eine privatärztliche Behandlung durch den operierenden Chefarzt. Dieser führt dort als einziger solche Operationen durch und machte (laut Kläger) die Durchführung der OP vom Abschluss eines privatärztlichen Behandlungsvertrages abhängig. Zuvor hatte die IKK dem Kläger verbeschieden, keine „Mehrkosten für die Spendersehne“ zu übernehmen. Die IKK zahlte der Klinik im weiteren Verlauf für die OP eine Fallpauschale in Höhe von rund 3.300 Euro. Die privatärztliche Chefarztrechnung über rund 1.350 Euro beglich der Kläger aus eigener Tasche.

Diese Summe verlangte er mit der zum Sozialgericht erhobenen Klage von der IKK erstattet. Die Krankenkasse machte geltend, die vom Chefarzt in Rechnung gestellte Leistung habe sie der Klinik bereits als Fallpauschale gezahlt.

Was sagt das SG Heilbronn dazu?
Das SG Heilbronn hat der Klage stattgegeben und die IKK verurteilt, dem Kläger die Chefarztrechnung zu erstatten.

Nach Auffassung des Sozialgerichts hat das klägerische Anliegen von Anfang unmissverständlich erkennen lassen, dass es ihm um die volle Kostenübernahme der OP ohne „Eigenbeteiligung“ für irgendwelche „Mehrkosten“ gegangen sei. Dem habe die IKK zu Unrecht nicht entsprochen. Der Kläger habe die (komplette) Chefarztrechnung auch zurecht erstattet verlangt. Die OP sei nicht teilbar zwischen privatärztlich abzurechnenden „Mehrkosten für die Spendersehne“ und einer über die Fallpauschale abzurechnenden „Standard-OP ohne Verwendung einer Spendersehne“. Denn die Rekonstruktion des linken Kreuzbandes habe gar nicht durchgeführt werden können ohne Einsatz einer Spendersehne.

Nicht zu entscheiden war, ob die Klinik hier, wie die IKK meint, dieselbe Leistung doppelt abgerechnet hat (einmal als Fallpauschale, ein weiteres Mal als privatärztliche Behandlung). Gleichfalls konnte offen bleiben, ob der Chefarzt die Durchführung der Operation vom Abschluss eines privatärztlichen Behandlungsvertrages hat abhängig machen dürfen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Was lernen wir daraus?

Wie auch die Kammer in ihrer oben genannten Entscheidung ausgeführt hat,  ist anders als bei gewählter Kostenerstattung der Erstattungsumfang bei § 13 Abs. 3 SGB V nicht auf die Sachleistungssätze begrenzt ist. Vielmehr sind die Kosten der selbstbeschafften Leistung grundsätzlich in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten (BSG, Urteil vom 24.05.2007 – B 1 KR 18/06 R). Erzwingt die rechtswidrige Leistungsablehnung der Krankenkasse eine privatärztliche Selbstverschaffung des Versicherten, ziehen die Bestimmungen für privatärztliche Leistungen und nicht diejenigen für das Naturalleistungssystem die Grenzen für die Verschaffung einer entsprechenden Leistung (BSG, Urteil vom 11.09.2012 – B 1 KR 3/12 R).
(RH)