BGH verhandelt in Sachen XI ZR 272/16 am 21. Februar 2017 zum Kündigungsrecht einer Bausparkasse nach Ablauf von 10 Jahren
Was ist passiert?
Die Klägerin begehrt die Feststellung des Fortbestandes von zwei Bausparverträgen.
Gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann, den sie als Alleinerbin beerbt hat, schloss die Klägerin am 10. März 1999 mit der Beklagten einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 160.000 DM (= 81.806,70 €) sowie am 25. März 1999 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 €). Am 1. Juli 2001 waren beide Verträge zuteilungsreif. Am 31. Dezember 2014 wiesen die Bausparverträge ein Bausparguthaben in Höhe von 52.632,46 € bzw. 13.028,89 € auf. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 12. Januar 2015 unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB* die Kündigung der beiden Bausparverträge jeweils mit Wirkung zum 24. Juli 2015.
Nach Ansicht der Klägerin hat die Beklagte die Verträge nicht wirksam hat kündigen können.
Das Landgericht Stuttgart hat die Klage am 19.11.2015, Az. 6 O 76/15, abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgeben.
Das OLG Stuttgart hat als Berufungsgericht mit Urteil vom 04. Mai 2016, Az. 9 U 230/15, zur Begründung ausgeführt, dass der Beklagten kein Kündigungsrecht zustehe. Das Darlehensrecht finde auf den Bausparvertrag keine Anwendung. Da ein Bausparvertrag nach herrschender Meinung erst ab vollständiger Besparung gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden könne, würden die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung gemäß § 488 Abs. 3 BGB** nicht vorliegen.
Ihre Kündigung könne die Beklagte auch nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des Kündigungsrechts erfüllt seien, sei bereits zweifelhaft, auch wenn die Klägerin bedingungsgemäß nur zur Ansparung des Mindestsparguthabens verpflichtet sei, weil ausweislich der Bausparbedingungen auch die Zinserträge als Einlagen erbracht werden müssen. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei jedenfalls nicht auf das Einlagengeschäft von Bausparkassen anzuwenden. Dies ergebe eine Auslegung der Vorschrift, die teleologisch zu reduzieren sei. Der Wortlaut und die Gesetzessystematik würden zwar dafür sprechen, die Norm auf das Einlagengeschäft der Bausparkassen anzuwenden. Eine historische Auslegung ergebe indes eine Einschränkung des Anwendungsbereichs. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass der Gesetzgeber ausschließlich das Aktivgeschäft der Kreditinstitute habe regeln wollen und das Bausparkassengeschäft nicht vom Schutzzweck der Norm erfasst sei. Mit der Einführung des Kündigungsrechts habe der Gesetzgeber insbesondere auch die Zielsetzung gehabt, den Darlehensnehmer vor der Verpflichtung zur Zahlung eines nicht mehr marktgerechten Zinses, deren Ursache im Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers gegenüber dem wirtschaftlich schwächeren Schuldner liege, zu schützen. Bausparkassen würden sich demgegenüber in der Ansparphase als Darlehensnehmer nicht in der Position des schwächeren Schuldners, der einem Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers ausgesetzt sei, befinden. Der Gesetzgeber weise ihnen vielmehr gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 2 BauSparkG die Aufgabe zu, in ihren ABB einseitig die Verzinsung der Bauspareinlagen festzulegen. Ebenso hätten sie gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 7 BauSparkG die Bedingungen aufzustellen, unter denen ein Bausparvertrag auch von der Bausparkasse gekündigt werden könne.
Auch habe die Beklagte kein Kündigungsrecht gemäß §§ 490 Abs. 3 , 314 Abs. 1 BGB. Die Nichtabnahme des Darlehens stelle kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, sondern sei im Bausparvertrag ausdrücklich vorgesehen. habe Die Beklagte habe hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge ein spezielleres Kündigungsrecht aus den Bausparbedingungen. Insoweit sei ihr zuzumuten, dessen Voraussetzungen herbeizuführen.
Ebenfalls ergebe sich aus §§ 490 Abs. 3, 313 Abs. 3 BGB kein Kündigungsrecht. Selbst dann, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Darlehens endgültig aufgegeben hätte, wäre die Geschäftsgrundlage nicht entfallen. Die Geschäftsgrundlage wäre aber auch dann nicht entfallen wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen dergestalt gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte, denn sie habe dieses vertragsspezifische Risiko übernommen.
Wie geht es weiter?
Der BGH hat Verhandlungstermin anberaumt auf den 21. Februar 2017 um 10.00 Uhr.
Quelle: Internetseite des Bundesgerichtshofs: „http://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Termine/DE/Termine/XIZR272.html?nn=6128288“
Siehe auch: https://raheinemann.de/kuendigung-eines-praemiensparvertrages-moeglich/
RH