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Am 02.06.2017 hat das LG Heidelberg vier Klagen zu Az. 4 O 5/15, 4 O 349/15, 4 O 359/15 und 4 O 425/15 gegen den TÜV Rheinland und eine französische Versicherung, die  Schmerzensgeldansprüche im Zusammenhang mit der Einsetzung von Brustimplantaten zum Gegenstand hatten, abgewiesen.

Was ist passiert?

Zzwischen den Jahren 2001 und 2010 hatten sich die vier Klägerinnen in Heidelberger Kliniken Brustimplantate der Marke Rofil einsetzen lassen. Unter anderem brachte Rofil Silikongel-Brustimplantate in den Verkehr, die das französische Unternehmen Poly Implant Prothèse (PIP) als Originalhersteller produzierte. Bei der beklagten französischen Versicherung unterhielt PIP eine Privathaftpflichtversicherung. Es handelte sich bei den Silikonbrustimplantaten um Medizinprodukte, die nach dem deutschen Medizinproduktegesetz nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn unter anderem ein Konformitäts-bewertungsverfahren nach der Medizinprodukterichtlinie der Europäischen Union (RL 93/42/EWG) durchgeführt wird. PIP beauftragte im Rahmen dieses Verfahrens den TÜV Rheinland unter anderem mit der Bewertung ihres Qualitätssicherungssystems. Bei einer Inspektion in den Geschäftsräumen von PIP im Frühjahr 2010 stellte die nationale französische Überwachungsbehörde fest, dass das Unternehmen von ihm hergestellte Brustimplantate zu einem erheblichen Teil statt mit dem dafür zugelassenen Silikongel mit einem billigeren Industriesilikon befüllte und vertrieb. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte warnte im Dezember 2011 vor den Implantaten von PIP/Rofil und empfahl deren Entfernung, die die Klägerinnen auch in der Folge vornehmen ließen. Im Jahr 2011 wurde das zwischenzeitlich insolvente Unternehmen PIP liquidiert und dessen Gründer im Dezember 2013 zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Von den beiden Beklagten begehrten die Klägerinnen insbesondere Schmerzensgeld in einer Größenordnung zwischen 45.000 und 50.000 Euro. Die Haftung des TÜV Rheinland resultiere daraus, dass dieser es unterlassen habe, die Produktionsstätten von PIP selbst zu untersuchen und Stichproben der in den Markt gebrachten Brustimplantate vorzunehmen. Wegen ihrer industriellen Inhaltsstoffe seien die PIP-Implantate für den menschlichen Körper schädlich.

Was sagt das LG Heidelberg dazu?

Das LG Heidelberg hat die Klagen abgewiesen.

Das Landgericht vertritt die Auffassung, dass der TÜV Rheinland nach dem Urteil des EuGH vom 16.02.2017 (C-219/15) zur Auslegung der Medizinprodukterichtlinie nicht nach deutschem Recht haftet. Der EuGH habe klargestellt, dass eine generelle Pflicht des TÜV zur Durchführung von unangemeldeten Inspektionen, zu

Produktprüfungen und/oder zur Sichtung von Geschäftsunterlagen des Herstellers nicht bestanden habe. Der TÜV hätte lediglich bei Hinweisen darauf, dass ein Brustimplantat die Anforderungen der Medizinprodukterichtlinie möglicherweise nicht erfülle, alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen müssen, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. In keinem der vier Fälle hätten solche Hinweise vorgelegen. Weil von der Versicherung ausschließlich Schadensfälle umfasst gewesen seien, die in Frankreich eingetreten seien, bestehe ein Anspruch gegen die französische Haftpflichtversicherung ebenfalls nicht. Nach alledem konnte das Landgericht die streitige Frage dahinstehen lassen, ob die bei den Klägerinnen eingesetzten Brustimplantate überhaupt mit Industriesilikon befüllt waren und ob diese Implantate gesundheitsschädlich waren.

Die Urteile sind nicht rechtskräftig.


Quelle: Pressemitteilung des LG Heidelberg v. 13.06.2017 und Juris das Rechtsportal

 

RH