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Das OLG Hamburg hat am 10.02.2016, Az. 13 U 138/15, entschieden, dass die Darlehensnehmer ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung nicht wirksam widerrufen haben.

Was ist passiert?

Die Parteien stritten um die Wirksamkeit des von den Klägern erklärten Widerrufs ihrer auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.

Zur Finanzierung einer Immobilie schlossen die Kläger im Juni 2009 als Verbraucher mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über € 150.000,-. Eine wirtschaftliche Einheit mit einem anderen Vertrag lag nicht vor. Die Kläger unterzeichneten zu diesem Darlehensvertrag am 08.06.2009 eine Widerrufsbelehrung.

Im Jahr 2014 erklärten die Kläger den Widerruf aller Vertragserklärungen, die sie in Bezug auf das streitbefangene Darlehen abgegeben hatten. Die Beklagte wies den Widerruf mit der Begründung zurück, die Widerrufsfrist sei bereits verstrichen, da die Kläger bei Vertragsschluss ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt worden seien.

Die Kläger vertraten die Auffassung, sie seien mit der Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß belehrt worden. Die von der Beklagten eingesetzte Widerrufsbelehrung entspreche nicht in jeder Hinsicht dem Muster für die Widerrufsbelehrung nach der BGB-Info-Verordnung Anlage 2 zu § 14 Abs.1 und 3 in der bis zum 30.08.2009 geltenden Fassung.

Bereits die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ enthalte den Zusatz „zu ² Darlehensvertrag vom 02.06.2009, der im Muster nicht vorgesehen sei.

In Abweichung vom gesetzlichen Muster weise die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung zudem Fußnoten auf. Das gesetzliche Muster hingegen sehe die Verwendung von Fußnoten nicht vor.

Unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ belehre die Beklagte über das Widerrufsrecht für den Fall eines finanzierten Geschäfts. Dieser Hinweis sei mangels finanzierten Geschäfts überflüssig, was für sich genommen bereits fehlerhaft sei. Nach dem Gestaltungshinweis (10) der Musterbelehrung wäre bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts Satz 2 des Gestaltungshinweises für Darlehensverträge durch den Hinweis bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts zu ersetzen gewesen. Stattdessen habe die Beklagte über beide Varianten belehrt, was einerseits fehlerhaft und andererseits vom gesetzlichen Muster nicht vorgesehen sei.

Damit fehle die vollständige inhaltliche und äußere Übereinstimmung, an die die Fiktionswirkung des§ 14 Abs. 1 BGB-InfoV anknüpfe. Die Frist für den Widerruf habe vorliegend nicht zu laufen begonnen, so dass die Kläger ihr Widerrufsrecht noch haben ausüben können.

Im Weiteren sei der Belehrungstext dahingehend überarbeitet worden, dass die Satzteile und Wort „…, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind“, „der Darlehensgeber“, und „er sich“ aus dem gesetzlichen Muster durch die Satzteile und Worte „…, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind“, „wir“, und wir“ in der streitgegenständlichen Belehrung ersetzt worden.

Die Beklagte meinte insbesondere, dass das Widerrufsrecht vorliegend verwirkt sei. Die Ausübung des Widerrufsrechts sei treuwidrig.

Im Übrigen stehe nicht jede Abweichung von der Musterwiderrufsbelehrung dem Anlauf der Widerrufsfrist entgegen. Im vorliegenden Fall gebe es keine Abweichungen von der Musterwiderrufsbelehrung, die einem Vertrauensschutz der Kläger entgegenstehen könnten.

Die Beklagte wies darauf hin, dass die Widerrufsbelehrung der bei Abschluss des Darlehensvertrags geltenden Fassung des § 355 BGB entsprochen habe.

Mit Urteil vom 30.10.2015, Az. 308 O 477/14, hatte das LG Hamburg die Klage als unbegründer zurückgewiesen. Die Kläger hatten gegen das Urteil des LG Hamburg Berufung eingelegt.

Was sagt das OLG Hamburg dazu?

Das OLG Hamburg hatte die Berufung der Kläger als unbegründet zurückgewiesen und dazu wie folgt ausgeführt:

In Übereinstimmung mit dem Landgericht gehe der Senat davon aus, dass die Kläger ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages vom 2./8.6.2009 gerichtete Willenserklärung nicht wirksam widerrufen haben, weil die Widerrufserklärungen vom 8.7. und 15.9.2014 nach Ablauf der zweiwöchigen Widerrufsfrist gem. § 355 BGB Abs. 1 BGB in der vom 8.12.2004 bis 10.6.2010 geltenden Fassung (im folgenden „a.F.“) erfolgt seien. § 355 Abs. 3 S 3 BGB a.F. stehe dem Lauf der Widerrufsfrist nicht entgegen, denn die Kläger seien ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden.

Ob sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion gem. § 14 BGB-Info-V berufen kann, bedürfe keiner Entscheidung, da die Belehrung den Anforderungen von § 355 Abs 2 BGB a.F. genügen würde. Sie sie deutlich gestaltet, mache dem Verbraucher seine wesentlichen Rechte und Pflichten deutlich und enthalte die notwendigen Angaben.

Die Belehrung über den Fristbeginn sachlich zutreffend und hinreichend klar.

Hinsichtlich der beiden Fussnoten sei klar ersichtlich, dass sich diese nicht an den Verbraucher, sondern den Mitarbeiter der Bank richten.

Auch der mit „Finanzierte Geschäfte“ überschriebene Abschnitt der Widerrufsbelehrung machet diese entgegen der Auffassung der Kläger nicht fehlerhaft. Dass sich diese Belehrung, trotz dass kein finanziertes Geschäft vorliege, verwendet worden sei, sei unschädlich. Zwar dürfe die Widerrufsbelehrung, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, daneben keine anderen Erklärungen oder verwirrende oder ablenkende Zusätze enthalten. Für die hier fragliche Zeit habe keine Rechtsnorm eine vorsorgliche Belehrung verboten. Die Musterbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-Info-V habe sie ausdrücklich vorgesehen – nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gestaltungshinweises Nr. 10 könnten die Hinweise für finanzierte Geschäfte entfallen, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliege, was nichts anderes bedeute, als dass die Hinweise nicht entfallen müssten. Auch der BGH erachte eine vorsorgliche Widerrufsbelehrung ersichtlich als grundsätzlich zulässig, sie dürfe dann nur nicht missverständlich sein (vgl. Urteil vom 23.6.2009, XI ZR 156/08, Rz. 24; Urteil vom 23.6.2009, XI ZR 156/08, Rz. 25; sowie hierzu jeweils OLG München, aaO).

Die hier von der Beklagten erteilte Belehrung sei weder inhaltlich zu beanstanden noch sei sie verwirrend. Bereits aus dem Einleitungssatz ergebe sich unmissverständlich, dass eine „wirtschaftliche Einheit“ zwischen zwei Verträgen vorliegen müsse. Wann dies der Fall sei, werde sodann der gesetzlichen Regelung des § 358 Abs. 3 S. 2 und 3 BGB a.F. folgend näher erläutert. Diesen Erläuterungen könnten die Kläger hinreichend deutlich entnehmen, dass der letzte Abschnitt der Widerrufsbelehrung mangels Vorliegens eines finanzierten Geschäftes für sie keine Relevanz gehabt hätte. Die Formulierung „… insbesondere …“ im 2. Satz stehe dem nicht entgegen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass diese – dem Gesetzestext des § 358 Abs 3 S. 2 BGB a.F. entsprechende – Formulierung den Verbraucher bezüglich der Frage, ob ein verbundenes Geschäft vorliege oder nicht, verunsichern könnte, könne eine solche Verunsicherung in dem hier vorliegenden Fall der Finanzierung eines Grundstückskaufs nicht auftreten, da insoweit der 3. Satz einschlägig sei und dort die Voraussetzungen, unter denen eine wirtschaftliche Einheit anzunehmen sei, erkennbar abschließend („nur“) aufgezählt seien. Hiernach hätten die Kläger von vornherein keine Veranlassung, die in diesem Abschnitt enthaltenen Angaben auf sich zu beziehen. Weiterhin erschließe es sich auch einem rechtsunkundigen und geschäftsunerfahrenen Laien ohne weiteres, dass Hinweise zum Paketversandt bzw. zur Abholung der überlassenen Sache bei einem Grundstückskauf nicht einschlägig seien. Der Belehrungsadressat werde auf diese Weise weder in die Irre geführt noch seien die Angaben geeignet, von der Widerrufsbelehrung im Übrigen abzulenken, was einen Belehrungsmangel begründen würde (vgl. BGB, Urteil vom 13.01.2009, XI ZR 118/08, RZ. 14, juris).

Das Urteil ist rechtskräftig. Die von den Klägern eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hatte der BGH als unbegründet zurückgewiesen

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 103/2016 v. 10.06.2016 und Juris das Rechtsportal

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