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OLG Hamm, Urt. v. 10. Januar 2012 – I-4U 145/11

Bei Internet-Geschäften mit Unternehmern haben Verbraucher ein Widerrufsrecht. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage, wenn dem Verbraucher „spätestens bei Vertragsschluss“ ordnungsgemäß eine Widerrufsbelehrung mitgeteilt wird. Einer Widerrufsbelehrung bei Vertragsschluss steht eine „unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilte Widerrufsbelehrung“ gleich.

Das Oberlandesgericht Hamm hat dazu mit Urteil vom 10. Januar 2012 – I-4U 145/11 für eine gewerbliche eBay-Auktion entschieden, dass die Übermittlung der Widerrufsbelehrung per Email unmittelbar im Anschluss an das Ende einer Auktion rechtzeitig sein kann, um die verkürzte 14-tägige Widerrufsfrist beim Verbrauchervertrag nach § 355 Abs. 2 BGB auszulösen.

Damit wurde die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Dortmund bestätigt.

Die Parteien, Versandhändler, bieten jeweils Schmuck unter anderem auf der Internetplattform eBay an. Ein von der Antragstellerin beauftragter Privatkunde gab als Testkäufer am 31.01.2011 um 17:42 Uhr das Höchstgebot für einen von der Antragstellerin auf der eBay Plattform angebotenen Ring ab. Die Auktion endete am 02.02.2011 um 19:20 Uhr. Nach Auktionsende übermittelte die Antragsgegnerin dem Testkäufer per Email eine „Widerrufs- und Rückgabebelehrung“, die eine Widerrufsfrist von 14 Tagen vorsah. Darin sah die Antragstellerin einen Wettbewerbsverstoß und machte – ohne Erfolg – Unterlassungsansprüche geltend.

Die Verkürzung der Widerrufsfrist von einem Monat auf 14 Tage bei einem im Fernabsatzwege zustande gekommenen Verbrauchervertrag setzt nach § 355 Abs. 2 BGB voraus, dass die Widerrufsbelehrung unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern – nach Vertragsschluss in Textform übermittelt wird.

Die unmittelbar im Anschluss an das Auktionsende übermittelte Widerrufsbelehrung sei in diesem Sinne „unverzüglich nach Vertragsschluss“ erfolgt, auch wenn der Vertrag bereits mehr als 49 Stunden zuvor mit Abgabe des Höchstgebots zustande gekommen und damit tatsächlich mehr als der vom Gesetzgeber in der Regel vorgesehene Zeitraum von einem Tag nach Vertragsschluss bis zur Übermittlung der Belehrung verstrichen sei.

Dem Unternehmer sei ein früheres Handeln faktisch nicht möglich und auch unzumutbar. Erst nach dem erfolgreichen Abschluss der Aktion werde dem Anbieter die Identität seines Vertragspartners bekannt gegeben. Außerdem sei denkbar, dass das erste Höchstgebot mehrfach überboten werde, so dass dem Unternehmer zuzubilligen sei, bis zum Aktionsende zu warten, um den letztendlichen Käufer über dessen Widerrufsrecht zu belehren. Auch der Verbraucher werde hierdurch nicht länger als unvermeidlich über sein Widerrufsrecht im Unklaren gelassen. Bis zum Ende der Auktion müsse auch er damit rechnen, dass der zunächst mit ihm zustande gekommene Vertrag überhaupt nicht fortbesteht, weil ein weiterer Bieter ein neues Höchstgebot abgibt.

(Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 03. Februar 2012)