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Am 20.12.2018 hat das OLG Stuttgart zu Az.: 1 U 145/17 einer Patientin  Schmerzensgeld zugesprochen, weil nach einer Operation aufgrund einer unterbliebenen Zählkontrolle eine zurückgebliebene Nadel in ihrem Bauchraum übersehen wurde.

Was ist passiert?

Im März 2014 unterzog sich die heute 30-jährige Klägerin einer urologischen Operation im Krankenhaus der Beklagten. Nach der OP war eine 1,9 cm lange Nadel im Körper zurückgeblieben, was bei einem CT im April 2014 festgestellt wurde. Ca. zwei Monate nach der Operation wurde die Patientin darüber informiert. Sie muss sich seitdem regelmäßig zur Kontrolle des Verbleibs der Nadel im Körper röntgenologisch untersuchen lassen. Sie befürchtet Folgeschäden sowie gegebenenfalls eine weitere Operation zur Entfernung der Nadel.

Das LG Ulm hatte die Beklagte mit Urt. v. 25.10.2017 – 6 O 302/15 – bereits zu Schmerzensgeld und Schadensersatz verurteilt. Dagegen wendet sich die Beklagte  mit ihrer Berufung richtet. Eine unterbliebene Zählkontrolle stelle nach Auffassung der Berufungsklägerin, vertreten durch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistung der Bundeswehr, keinen Behandlungsfehler dar.

Was sagt das OLG Stuttgart dazu?

Das OLG Stuttgart hat die Beklagte zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 € verurteilt. Vom Oberlandesgericht wurde die Beklagte als Trägerin des Bundeswehrkrankenhauses Ulm zu Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro und Schadensersatz u.a. wegen noch nicht vorhersehbarer Schäden verurteilt.

Das Zurücklassen der Nadel im Bauchraum ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts ein schuldhafter Behandlungsfehler.

Ärzte müssten nach der BGH-Rechtsprechung alle möglichen und zumutbaren Sicherungsvorkehrungen gegen das unbeabsichtigte Zurücklassen eines Fremdkörpers im Operationsgebiet treffen und sämtliche Instrumente nach einer OP auf ihre Vollständigkeit überprüfen. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit bereits 2010 Handlungsempfehlungen zur Zählkontrolle und Vermeidung unbeabsichtigt im Operationsgebiet zurückgelassener Fremdkörper veröffentlicht. Angesichts dessen, dass diese Handlungsempfehlungen auf Grundlage eines Beschlusses des deutschen Bundestages durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert wurden, hält es das Oberlandesgericht für befremdlich, dass die beklagte Bundesrepublik Deutschland meint, sie selbst sei vier Jahre nach Veröffentlichung dieser Empfehlungen nicht zu Zählkontrollen bei Operationen verpflichtet. Der Behandlungsfehler und die verspätete Aufklärung der Patientin sind nach den weiteren Darlegungen des Oberlandesgerichts jedoch nicht als grober Behandlungsfehler zu bewerten.

Bei der Klägerin habe das unbemerkte Zurücklassen der Nadel zu einem Schaden geführt. Nicht nur durch die regelmäßigen Lagekontrollen der Nadel, sondern auch durch das Wissen um die Nadel im Körper und die Ungewissheit über die Erforderlichkeit einer Operation sei sie zu deren Entfernung belastet. Daher hält das Oberlandesgericht ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro für angemessen und ausreichend. Die Klägerin erhält weiter ihre bisherigen materiellen Schäden in Höhe von rund 2.000 Euro erstattet. Der Krankenhausträger sei im Übrigen verpflichtet, der Klägerin alle weiteren materiellen und nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aus dem Behandlungsfehler zu ersetzen.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

  

Quelle: Pressemitteilung des OLG Stuttgart v. 20.12.2018 und Juris das Rechtsportal