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Am 26.01.2017, Az. S 27 KR 717/16, hat das SG Düsseldorf entschieden, dass sich eine Zwangsprostituierte auf Kosten ihrer gesetzlichen Krankenkasse eine Tätowierung am Hals entfernen lassen darf, mit dem ihre Zuhälter sie gekennzeichnet hatten.

Was ist passiert?

Eine 30-jährige Düsseldorferin war Opfer eines als „die heiligen Zwei“ bekannten Täterduos. Von diesen wurde sie zur Prostitution gezwungen. Der Klägerin wurde während dieser Zeit am Hals eine Tätowierung mit den Initialen der Vornamen beider Täter und der Abkürzung DH2 für „die heiligen Zwei“ unter dem Vorwand der Verbundenheit zu den Tätern gestochen. Die Klägerin beantragte nach der Befreiung von der Zwangsprostitution durch die Polizei die Übernahme der Kosten für die Entfernung der Tätowierung. Der Antrag wurde von der Beklagten mit der Begründung, dass die Entfernung einer Tätowierung keine Krankenbehandlung sei, abgelehnt.

Was sagt das SG Düsseldorf dazu?

Das SG Düsseldorf hat der Klage stattgegeben.

Es handelt sich bei der Entfernung der Tätowierung nach Auffassung des Sozialgerichts ausnahmsweise um eine Krankenbehandlung. Zur Begründung führte das SG aus, dass die Tätowierung entstellend wirke und die Gefahr eines Rückzugs aus dem sozialen Leben drohe. Die Tätowierung falle schon bei flüchtiger Betrachtung aufgrund ihrer Größe und Lage am Hals auf und wecke Aufmerksamkeit und Neugier. Auch von unbekannten Passanten könne diese Tätowierung  Nachfragen auslösen. Die Klägerin könne als Opfer der Zwangsprostitution erkannt werden, zumal über den Fall in der Presse berichtet worden sei. Die Heilungsprognose der bei der Klägerin bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung sei ohne die Entfernung der Tätowierung erheblich schlechter. Auch sei die Klägerin nicht auf eine Psychotherapie zu verweisen, da es nicht um das subjektive Empfinden der Klägerin mit einer natürlichen körperlichen Anomalie gehe. Deshalb sei die Situation nicht mit einer Tätowierung vergleichbar, die aus freien Stücken gestochen wurde und später schlichtweg nicht mehr gefalle.

 

Quelle: Pressemitteilung des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen v. 12.07.2017 und Juris das Rechtsportal

 

RH