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Am 22.03.2017 hat das SG Halle zu Az.: S 22 KR 301/15, entschieden, dass das auf Zahlung von Vergütung für Krankenhausbehandlung klagende Krankenhaus nach Anerkenntnis der Hauptforderung durch die beklagte gesetzliche Krankenkasse Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten hat.

 Was ist passiert?

Das Krankenhaus der Klägerin behandelte den bei der beklagten Krankenkasse versicherten Herrn C. vom 01.08.2010 bis 24.08.2010 nach einem schweren Motorradunfall stationär. Nachdem die Beklagte zunächst die Rechnung der Klägerin für die stationäre Behandlung in Höhe von 60.029,87 € bezahlt hatte, verrechnete sie am 14.10.2011 einen Betrag in Höhe von 8.609,80 € mit einer anderen, unstreitigen Forderung der Klägerin mit der Begründung, dass eine Entlassung in die Häuslichkeit bereits am 08.09.2010 möglich gewesen wäre.

Am 18.12.2014 machte die Klägerin diese Forderung durch den eingeschalteten Prozessbevollmächtigten gegenüber der Beklagten geltend und bat um Verzicht auf die Einrede der verjährung bis zum 31.12.2015, um eine gerichtliche Geltendmachung zur Verjährungshemmung zu umgehen. Erst am 06.01.2015 erfolgte durch die Beklagte darauf eine Antwort mit dem Hinweis, dass das Ergebnis der Prüfung des MDK eindeutig sei und bei der Beklagten  medizinische Laien säßen, die sich grundsätzlich an die Empfehlungen des MDK hielten.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin teilte mit Schreiben vom 23.06.2015 umfangreich den medizinischen Sachverhalt mit und erläuterte die Kritik der Klägerin an der MDK Begutachtung, wobei dem Schriftsatz umfassendes Material incl. Fotos der Wundsituation beigefügt waren.

Daraufhin teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 24.06.2015 mit, dass Prüfverfahren sei abgeschlossen und es könne nun Klage zum SG eingereicht werden.

Mit ihrer am 12.08.2015 beim SG eingereichten Klage verfolgte die Klägerin den Anspruch auf Zahlung des von der Beklagten aufgerechneten Betrages in Höhe von 8.609,80 € sowie Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 808,13 € weiter.

Im Gerichtsverfahren kam der MDK in einer neuerlichen gutachterlichen Stellungnahme vom 18.05.2016 zu dem Ergebnis, dass die durchgeführte vollstationäre Behandlung über den gesamten Zeitraum medizinisch notwendig gewesen ist.

Daraufhin gab die Beklagte mit Schriftsatz vom 27.05.2016 ein Anerkenntnis ab, das sich auch auf Kosten und Zinsen bezog, ausdrücklich nicht jedoch auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Dieses Teil-Anerkenntnis hat die Klägerin angenommen, hält jedoch daran fest, dass sie Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten habe.

 Was sagt das SG Halle dazu?

Das SG Halle hat der Klage stattgegeben.

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 15.11.2007, Az. B 3 KR 1/07 R, führte das SG aus, es sei hier ein Fall gegeben, der die Einschaltung eines Rechtsanwalts bereits im Vorfeld als erforderlich erscheinen lässt.

Aufgrund der Rechtsprechungsentwicklung im Bereich der Krankenhausabrechnung würden sich zahlreiche Rechtsfragen stellen, die so 2007 noch nicht im Raum standen weshalb es nur noch wenige Abrechnungsfälle gebe, in denen keine Hinzuziehung eines Rechtsanwalts geboten sei.

Hier sei beispielsweise die Verjährungsfrage relevant, die auf der Rechtsprechung des SG Mainz beruhe. Da diese Entscheidung beim BSG anhängig gewesen sei, hätten sich zahlreiche Kassen auf die Entscheidung des SG Mainz berufen.

Dass es im vorliegenden Fall aufgrund der Verweigerungshaltung der Beklagten im Ergebnis nicht erfolgreich war, zur Vermeidung eines Klageverfahrens einen Rechtsanwalt einzuschalten, bewirke nicht, das die Kosten als nicht erforderlich anzusehen seien. Es lasse sich nicht erahnen, welche Kassen ggfs. nochmals in eine Sachprüfung einsteigen und welche nicht, da es durchaus nicht unüblich sei, dass bei den Kassen selbst Sachverstand im Bereich der Krankenhausabrechnung vorhanden ist, zumal weil es oft nicht um rein medizinische Fragen geht, sondern auch um solche der Abrechnung, die vorrangig Rechtsfragen seien, auch wenn die Krankenkassen dazu gern den MDK einschalten würden, der dann Rechtsausführungen mache, statt medizinische Fragen zu beantworten.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

 

Quelle: Urteil des SG Halle vom 22.03.2017, Az.: S 22 KR 301/15


RH