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Das OLG Hamm hat am 04.03.2016, Az. 26 U 16/15, entschieden, dass die Verwendung von Amalgam bei Zahnfüllungen grundsätzlich unbedenklich ist.

Was ist passiert?

In den Jahren 1987 bis 2009 ließ sich die im Jahre 1959 geborene Klägerin von der beklagten Zahnärztin behandeln. Seit ihrer Kindheit hatte die Klägerin diverse Amalgamfüllungen. Von der Beklagten ließ sie sich weitere Amalgamfüllungen einsetzen, die sie nach Behandlungsende durch einen anderen Zahnarzt entfernt wurden. Die Klägerin meinte, die Beklagte habe bei der Behandlung fehlerhaft Amalgam, auch gemeinsam mit weiteren Metallen, insbesondere Gold, verwendet. Das Vorliegen einer Amalgamallergie habe sie bei ihr, der Klägerin, nicht erkannt. Zwei Zähne hätten ihr infolgedessen gezogen werden müssen. Zudem habe sie weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten. Von der Beklagten hat die Klägerin deswegen Schadensersatz begehrt, u.a. 12.000 Euro Schmerzensgeld.

Das LG Detmold hatte die Klage auf Schadensersatz abgewiesen.

Das OLG Hamm hat das erstinstanzliche Urteil des LG Detmold bestätigt.

Was sagt das OLG Hamm dazu?

Nach Auffassung des zahnmedizinisch sachverständig beratenen Oberlandesgerichts ist weder eine fehlerhafte Behandlung noch eine fehlerhafte Aufklärung der Klägerin durch die Beklagte feststellbar. Die Verwendung von Amalgam sei grundsätzlich unbedenklich. Das gelte zum einen bei der Verwendung von Amalgam bei Zahnfüllungen. Die Oberfläche von den hier verwandten Silberamalgamen werde beim Kontakt mit Speichel mit einem Niederschlag überzogen, der weitere elektrochemische Reaktionen verhindere. Unbedenklich sei auch der Verbleib von Amalgamresten bei dem Aufbau von neuen Goldkronen. Durch den zur Befestigung einer Krone notwendigen Zement werde die notwendige Isolierung zwischen Gold und Amalgam geschaffen. Eine bei einem Patienten grundsätzlich denkbare Amalgamallergie sei bei der Klägerin nicht feststellbar. Das zeige schon der Zeitablauf. Massive gesundheitliche Beeinträchtigungen habe die Klägerin erst ab Ende des Jahres 2001 geschildert, viele Jahre nach der Ersteinbringung von Amalgam. Zudem habe die Klägerin keine Symptome einer allergischen Reaktion gezeigt, nachdem sie Amalgamfüllungen erhalten habe. Ein Zusammenhang zwischen den von der Klägerin geschilderten weiteren Beschwerden und einer Belastung mit Amalgam habe der Sachverständige ebenfalls nicht feststellen können.
In die zahnärztliche Behandlung mit Amalgamfüllungen habe die Klägerin zudem wirksam eingewilligt. Mangels für die Klägerin bestehender gesundheitlicher Risiken bei der Behandlung mit Amalgam habe die Beklagte insoweit nichts aufklären müssen. Ob die Beklagte die Klägerin auf andere Füllmaterialien habe hinweisen müssen, sei sehr fraglich und könne letztendlich dahinstehen, da die Klägerin durch die Verwendung des Amalgam nicht geschädigt worden sei.

Was lernen wir daraus?

Amalgam steht angesichts enthaltender anorganischer Quecksilberbestandteile schon jahrzehntelang im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein. Es gab daher immer wieder Forderungen nach einem Verbot von Amalgam zur Verwendung bei Zahnfüllungen. Viele Patienten haben sich angesichts vorliegender Beschwerden wie Kopfschmerzen ihre Amalgamfüllungen durch Kunststofffüllungen ersetzen lassen. Eindeutig festgestellt wurden jedoch Amalgamschäden bis heute nicht. Es gibt daher auch nach wie vor kein Amalgamverbot.

Vielmehr wurde in Forschungen festgestellt, dass anorganisches Quecksilber im Amalgam längst nicht so giftig ist, wie organisches Quecksilber, das beim Essen von Fischen in den Körper gelangt. Weiterhin wurde festgestellt, dass bei Patienten mit Amalgamfüllungen die Quecksilberwerte weit unterhalb der kritischen Belastungsgrenze lagen. Der wissenschaftliche Beratungsausschuss für Gesundheits- und Umweltrisiken der Europäischen Kommission gab am 10. März 2014 unter Verweis auf zahlreiche Expertengutachten auch bekannt, dass die Gesundheits- und Umweltgefährdung durch das in zahnärztlichem Amalgam enthaltene Quecksilber vergleichsweise gering sei.

Abschliessend soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch Kunststofffüllungen nicht unkritisch gesehen werden: Patienten mit Kunststofffüllungen sollen nämlich häufiger von Allergien befallen sein, als Patienten mit Amalgamfüllungen (vgl. focus online vom 11.04.2016).

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 04.04.2016