Mord als Arbeitsunfall? Dazu hat das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 22.11.2011, Aktenzeichen L 2 U 5633/10, entschieden. Und zwar liegt kein Arbeitsunfall vor, wenn ein Arbeitnehmer aus familiären Gründen auf der Fahrt zum Steuerberater umgebracht wird, so das LSG.
Was ist passiert?
Der Sachverhalt
Die Witwe und ihr Mann betrieben zwei Pizzerien, in denen der Mann als Pizzabäcker angestellt war. Die Pizzerien wurden zwar auf den Namen der Frau geführt; eigentlicher Inhaber war aber der Ehemann.
Der gemeinsame Sohn begleitete den Vater auf einer Fahrt zum Steuerberater. Unter Vortäuschung einer Fahrzeugpanne brachte er das Fahrzeug auf einem abgelegenen Industriegrundstück zum Stehen. Vater und Sohn stiegen aus. Der Sohn lockte den Vater zum Kofferraum und schlug dann mehrfach mit einem zuvor bereitgelegten Zimmermannshammer auf den Kopf des Vaters ein, um ihn zu töten. Als der Vater schwerverletzt fliehen wollte, holte der Sohn einen Benzinkanister aus dem Kofferraum, übergoss den Vater mit Kraftstoff und zündete ihn an. Der Vater starb infolge seiner schweren Verletzungen.
Die Witwe des Mannes begehrte in der Folge eine Hinterbliebenenrente vom Unfallversicherungsträger ihres Mannes. Sie meint, es handele sich um einen Wegeunfall im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit.
Mord als Arbeitsunfall? Dazu das LSG Baden-Württemberg:
Die Entscheidung
Das LSG hat die Klage als unbegründet abgewiesen.
Weder könne zunächst eine Versicherung kraft Gesetzes als Beschäftigter i.S. des § 2 Abatz 1 Nummer 1 SGB VII festgestellt werden, noch ein Versicherungsschutz als mitarbeitender Ehegatte eines Unternehmers nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 SGB VII i.V.m. der Satzung der Beklagten.
Auch ein Versicherungsschutz unter dem Aspekt der so genannten Formalversicherung könne nicht festgestellt werden, weil der Mann der Klägerin bei dem Vorfall am 22.07.2009 eindeutig nicht infolge eines Arbeitsunfalls zu Tode gekommen sei. Es sei reiner Zufall gewesen, dass der Sohn die Fahrt zum Steuerberater dazu genutzt habe, seinen Vater umzubringen. Dies stehe auch in keinem Zusammenhang mit der Berufstätigkeit des Ermordeten. Zum Mordplan des Sohnes sei es wegen eines tiefgreifenden Vater-Sohn-Konflikts gekommen, der auch ursächlich für den Tod gewesen sei. Einen betrieblichen Zusammenhang hat das LSG nicht erkannt. Nicht alle betriebsbezogenen Unglücksfälle seien Arbeitsunfälle.
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