Kündigung der Versicherung ohne Vollmacht des Ehegatten? Am 28.02.2018 hat der BGH zu Az. XII ZR 94/17 entschieden, dass ein Ehegatte die auf seinen Partner laufende Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug auch ohne dessen Vollmacht kündigen kann.
Was ist passiert?
Der Sachverhalt
Kündigung der Versicherung ohne Vollmacht des Ehegatten? Zu dieser Frage hatte der BGH übe3r den folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Bei der Beklagten unterhielt die Klägerin eine Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung für ein auf ihren Ehemann zugelassenes Fahrzeug der Marke BMW 525d. Die Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug wurde mit einem vom Ehemann unterzeichneten Schreiben vom 22.12.2014 zum 01.01.2015 gekündigt. Daraufhin fertigte die Beklagte einen – die Vollkaskoversicherung nicht mehr enthaltenden – neuen Versicherungsschein und erstattete überschießend geleistete Beiträge. Am 05.10.2015 wurde das versicherte Fahrzeug bei einem selbst verschuldeten Unfall beschädigt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf insgesamt 12.601.28 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Die Klägerin widerrief die Kündigung der Vollkaskoversicherung mit Schreiben vom 14.01.2016. Mit der beim LG Erlangen eingereichten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Versicherungsleistungen in Höhe der Reparaturkosten abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung i.H.v. 300 Euro, insgesamt also 12.301,28 Euro sowie außergerichtliche Anwaltskosten von 958,18 Euro.
Die 1. + 2. Instanz
Mit der beim LG Ellwangen eingereichten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Versicherungsleistungen in Höhe der Reparaturkosten abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung i.H.v. 300 Euro, insgesamt also 12.301,28 Euro sowie außergerichtliche Anwaltskosten von 958,18 Euro. War die Kündigung der Versicherung ohne Vollmacht des Ehegatten? Das Landgericht Ellwangen verneinte dies in seinem Urt. v. 29.07.2016, – 3 O 78/16 -. Das Oberlandesgericht Stuttgart, Urt. v. 12.01.2017 – 7 U 143/16 – hatte ihre Berufung zurückgewiesen. Und zwar haben beide Gerichte ihre Entscheidungen auf die Regelung des § 1357 BGB gestützt.
Gegen die Entscheidung des OLG Stuttgart wandte sich die Klägerin mit Einlegung des Rechtsmittels der Revision.
Kündigung der Versicherung ohne Vollmacht des Ehegatten? Dazu der BGH:
Die Urteile der Vorinstanzen hat der BGH bestätigt und die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Der Anwendungsbereich des § 1357 BGB
Die Regelung des § 1357 BGB, wonach jeder Ehegatte berechtigt ist, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfes der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen, kann nach Auffassung des BGH auch für die Kündigung einer Vollkaskoversicherung gelten. Zwar kenne das BGB keine generelle gesetzliche Vertretungsmacht unter Ehegatten. Gemäß § 1357 BGB könne aber die vom Ehegatten des Versicherungsnehmers ausgesprochene Kündigung wirksam sein. Hierfür sei zunächst Voraussetzung, dass auch der Abschluss des Versicherungsvertrages ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfes der Familie darstelle. Dieses wiederum richte sich nach dem individuellen Zuschnitt der Familie.
Kündigung der Versicherung des Ehegatten ohne Vollmacht? Und zwar könne danach auch der Abschluss einer Vollkaskoversicherung in den Anwendungsbereich des § 1357 Abs. 1 BGB fallen, sofern ein ausreichender Bezug zum Familienunterhalt vorliege. Kündigung der Versicherung ohne Vollmacht des Ehegatten? Die Kündigung der Ehegattenversicherung ohne Vollmacht wäre dann möglich.
Ausreichender Bezug zum Familienunterhalt
Kündigung der Versicherung ohne Vollmacht des Ehegatten? Im vorliegenden Fall bejahte der BGH dies. Und zwar sei hier ein solcher Bezug nach den von den Instanzgerichten getroffenen Feststellungen gegeben. Es handele sich bei dem versicherten Pkw um das einzige Fahrzeug der fünfköpfigen Familie. Hinzu komme, dass der Pkw auf den Ehemann zugelassen gewesen sei und sich die zu zahlenden Monatsprämien für die Vollkaskoversicherung von rund 145 Euro bezogen auf die Bedarfsdeckung der Familie noch in einem angemessenen Rahmen bewegten, weshalb auch keine vorherige Verständigung der Ehegatten über den Abschluss der Vollkaskoversicherung erforderlich erschienen sei.
Wenn der der Abschluss des Versicherungsvertrages unter § 1357 Abs. 1 BGB falle, dann begründe die hieraus folgende Mitberechtigung für beide Ehegatten die Stellung von Gesamtgläubigern. Kündigung der Ehegattenversicherung ohne Vollmacht wäre danach möglich. Grundsätzlich könnten zwar Gesamtgläubiger eine Kündigung nur gemeinsam aussprechen, diese Rechtsfolge werde aber von der Regelung des § 1357 Abs. 1 BGB überlagert, so der BGH.
Kündigung der Versicherung ohne Vollmacht des Ehegatten? Spiegelbildliche Betrachtung
So wie es den Eheleuten danach möglich sei, für und gegen ihre jeweiligen Partner Rechte und Pflichten zu begründen, müsse es ihnen spiegelbildlich erlaubt sein, sich hiervon auch mit Wirkung für und gegen den anderen wieder zu lösen. Und zwar gelte das unabhängig davon, ob der das Gestaltungsrecht ausübende Ehegatte auch derjenige gewesen sei, der die Verpflichtung des anderen Ehegatten über § 1357 Abs. 1 BGB ursprünglich begründet habe. Im Übrigen habe die Klägerin die Kündigung auch nicht einseitig widerrufen können, weil diese als rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt zur Folge gehabt habe.
Quellen: Pressemitteilung des BGH Nr. 42/2018 v. 28.02.2018 und Juris das Rechtsportal
Kündigung der Versicherung ohne Vollmacht des Ehegatten? Siehe auch:
Nutzungsentschädigung bei Alleinnutzung des Familien-Pkw?
Anspruch auf Zustimmung zur Kündigung der Ehewohnung?
Kein Sozialleistungsbezug im Trennungsjahr wegen Eigenheim?