Aufrechnung mit Darlehensforderung gegen Pflichtteilsanspruch? Dazu hat das OLG Hamm am 14.03.2017, Aktenzeichen 10 U 62/16, entschieden. Und zwar muss eine Erbin keinen Pflichtteil zahlen, wenn sie gegenüber einem Pflichtteilsanspruch mit einer zum Nachlass gehörenden Darlehensforderung gegen den Pflichtteilsberechtigten aufrechnen kann.
Was ist passiert?
Der Sachverhalt
Aufrechnung mit Darlehensforderung gegen Pflichtteilsanspruch? Zu dieser Frage hatte das OLG Hamm über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Der heute 68 Jahre alte Kläger und die heute 59 Jahre alte Beklagte, sind Geschwister. Und zwar verlangt der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit den Pflichtteil nach der im September 2011 im Alter von 86 Jahren verstorbenen Mutter der Parteien. Nach dem Tode ihres 74-jährigen Ehemanns im Jahre 1994 war die ihren Mann allein beerbende Mutter Alleineigentümerin eines Hausgrundstücks. Auf diesem hatte der Kläger in den 1970er Jahren einen Anbau an das Wohnhaus seiner Eltern errichtet. Im Rahmen einer Umschuldung des Klägers Anfang der 1990er Jahre erwarb sein im Jahre 1970 geborener Sohn das Teilgrundstück mit dem Anbau.
Der Kläger erhielt von seinen Eltern nach einem notariell beurkundeten Vertrag aus dem Jahre 1992 ein Darlehen, welches in Höhe von 95.000 DM (entspricht 48.572,73 Euro) noch nicht getilgt ist.
Die ihren Ehemann allein beerbende Mutter bestimmte mit einem im Jahre 1998 errichteten Testament die Beklagte zu ihrer Alleinerbin und ordnete an, dass sich der Kläger den nicht zurückgezahlten Darlehnsbetrag auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen müsse. Der Kläger hat nach dem Tode der Mutter von der Beklagten einen mit ca. 44.650 Euro berechneten Pflichtteil geltend gemacht, dessen Zahlung die Beklagte nach Aufrechnung mit dem zwischenzeitlich gekündigten Darlehen verweigerte.
Der Kläger hat zur Begründung seiner gegen die Beklagte erhobenen Zahlungsklage unter anderem vorgetragen, keine Darlehensrückzahlung zu schulden. Weiterhin sei der Darlehensvertrag aus dem Jahre 1992 von seiner damaligen Bank erzwungen worden, danach ein Scheingeschäft gewesen. Außerdem hätten seine Eltern seine Bankschulden gegen seinen Willen bezahlt und eine Erstattung von ihm, dem Kläger, nie eingefordert.
Die Vorinstanz
Das LG Bielefeld, Urt. v. 13.07.2016 – 5 O 248/14 -, hatte die Klage abgewiesen.
Aufrechnung mit Darlehensforderung gegen Pflichtteilsanspruch? Dazu das OLG Hamm:
Die Entscheidung:
Auch vor dem OLG Hamm hatte die Zahlungsklage des Klägers keinen Erfolg. Insoweit hat das OLG das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts bestätigt.
Dem Kläger stand nach Auffassung des Oberlandesgerichts zwar ein Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB) in der geltend gemachten Höhe zu. Jedoch sei dieser durch die Aufrechnung der Beklagten mit der Darlehensrückzahlungsforderung erloschen.
Pflichtteilsanspruch
Er, der Kläger, sei als Sohn der Erblasserin pflichtteilsberechtigt. Die Erblasserin habe die Beklagte als Alleinerbin eingesetzt und den Kläger so enterbt. Die Erblasserin habe einen Nachlass im Wert von ca. 178.600 Euro hinterlassen, aus dem sich – ausgehend von einem hälftigen gesetzlichen Erbteil – ein Pflichtteilsanspruch des Klägers in Höhe von ca. 44.650 Euro errechne.
Erlöschen des Pflichtteilsanspruchs infolge Aufrechnung mit Darlehensforderung
Allerdings sei der Pflichtteilsanspruch aufgrund der von der Beklagten erklärten Aufrechnung erloschen. Die Beklagte habe infolge des Erbfalls den Darlehensrückzahlungsanspruch ihrer Mutter gegen den Kläger erworben. Gegenüber dem Pflichtteilsanspruch könne sie mit diesem Rückzahlungsanspruch aufrechnen.
Von seinen Eltern sei dem Kläger 1992 ein Darlehen zur Ablösung seiner Schulden gewährt worden, das in Höhe von 95.000 DM (48.572,73 Euro) noch nicht getilgt sei. Und zwar werde diese Rückzahlungsverpflichtung, die der Kläger in der Urkunde anerkannt habe, durch die notarielle Vereinbarung aus dem Jahre 1992 bestätigt. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass die beurkundete Vereinbarung ein Scheingeschäft gewesen oder vom Kläger seinerzeit durch ein unlauteres Verhalten seiner Bank erzwungen worden sei. Das Oberlandesgericht folge insoweit der vom Landgericht vorgenommenen Beweiswürdigung. Dieses habe sich nach der Vernehmung des Sohnes des Klägers und des den Vertrag aus dem Jahre 1992 beurkundenden Notars nicht von der Richtigkeit der Darstellung des Klägers überzeugen können.
Wie ging es weiter?
Unter Az. IV ZR 118/17 hatte der BGH am 09.08.2017 die erhobene Nichtzulassungsbeschwerde verworfen.
Quellen: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 26.01.2018 und Juris das Rechtsportal
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