Bei Teilzahlungsvergleich mit Hauptschuldner Bürgschaftschuld gestundet? Dazu hat das LG Stuttgart am 21.06.2011, 25 O 510/10, entschieden. Und zwar kann sich der selbstschuldnerische Bürge wegen eines Teilzahlungsvergleichs zwischen Gläubiger und Hauptschuldner nur dann nicht auf eine Stundung berufen, wenn nach der Vergleichsvereinbarung die Fälligkeit der Hauptforderung nicht berührt werden soll, so das Landgericht .
Was ist passiert?
Die klagende Sparkasse nahm die Beklagte als Bürgin in Anspruch.
Die Beklagte hatte sich bis zum Betrag von € 30.000,00 selbstschuldnerisch verbürgt. Und zwar diente die Bürgschaft der Sicherung aller Forderung der Klägerin gegen eine Gesellschaft aus einem Kontokorrentkreditvertrag. Die Beklagte war Geschäftsführerin dieser Gesellschaft.
Die Klägerin hatte die Geschäftsverbindung zur Gesellschaft gekündigt und gegen die Gesellschaft als Hauptschuldnerin ein Anerkenntnisurteil über knapp € 52.000 erwirkt.
Die Klägerin schloss dann mit der Gesellschaft einen Teilzahlungsvergleich mit Zwangsvollstreckungsverzicht. In dem Vergleich heißt es unter anderem wie folgt:
„Durch diese Vereinbarung wird die Fälligkeit der anerkannten Forderung sowie der Kosten des Rechtsstreits, wie sie ihren Niederschlag im noch zu erlassenden Kostenfestsetzungsverfahren finden werden, nicht berührt.“
Die beklagte Bürgin machte gegen ihre Inanspruchnahme geltend, der Klägerin stehe kein Titulierungsinteresse zu. Und zwar bediene die Gesellschaft als Hauptschuldnerin die Raten. Der Hauptschuldnerin stehe aufgrund des Vergleichs die Einrede der Stundung zu, worauf sich auch die Beklagte als Bürgin gemäß § 768 Abs. 2 BGB berufen könne. Schließlich sei die Klage auch rechtsmissbräuchlich.
Bei Teilzahlungsvergleich mit Hauptschuldner Bürgschaftschuld gestundet? Dazu das LG Stuttgart:
Die Entscheidung
Das Landgericht Stuttgart hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
Die Hauptforderung
Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass eine Hauptforderung in Höhe von mindestens € 30.000,00 besteht.
Keine Einrede
Eine Einrede stehe der Beklagten nicht zu. Die Hauptforderung sei nicht gestundet.
Der Inhalt des Teilzahlunsvergleich:
Nach dem Wortlaut des Vergleiches sollte die Fälligkeit der titulierten Forderung durch den Vergleich mit der Hauptschuldnerin nicht berührt werden. Daher stand der Hauptschuldnerin von Anfang an keine Stundungsabrede zu, auf die sie verzichtet hätte und die nun die Beklagte als Bürgin geltend machen könnte. Vielmehr lege die Formulierung im Vergleich gerade den Schluss nahe, dass nach dem gemäß §§ 133, 157 BGB erklärten Willen der Vergleichsparteien die Klägerin weiterhin gegen Sicherungsgeber wie die Beklagte vorgehen können sollte.
Kein rechtsmissbräuchliches Verhalten
Auch auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin gemäß § 242 BGB könne die Beklagte sich nicht berufen.
Die Beklagte habe sich als selbstschuldnerische Bürgin verpflichtet. Und zwar entfalle damit die Subsidiarität der Bürgenhaftung. Infolge dessen hätte die Klägerin die Beklagte bei Fälligkeit der Hauptforderung jederzeit auch schon zu einem früheren Zeitpunkt in Anspruch nehmen können.
Kein Vertrag zugunsten Dritter
Der Vergleichstext biete auch keinen Anhaltspunkt für eine Auslegung als Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB. Die Beklagte habe auch keine konkreten Umstände substantiiert behauptet, aus denen geschlossen werden könnte, dass stillschweigend eine entsprechende Vereinbarung auch zwischen ihr persönlich und der Klägerin zustande gekommen sei.
Bei Teilzahlungsvergleich mit Hauptschuldner Bürgschaftschuld gestundet? Konsequenzen der Entscheidung des LG Stuttgart für die Praxis:
Dem Urteil des Landgerichts Stuttgart ist zuzustimmen. Und zwar wird für Banken, die Bürgen in Anspruch nehmen wollen, deutlich gemacht, dass bei Abschluss eines Teilzahlungsvergleichs nach Titulierung der Hauptforderung sorgfältig gearbeitet werden muss. Die Fälligkeit der Hauptforderung muss unangetastet bleiben. Andernfalls kann der Bürge deswegen möglicherweise nicht in Anspruch genommen werden.
Bei Teilzahlungsvergleich mit Hauptschuldner Bürgschaftschuld gestundet?
Dazu siehe auch: https://raheinemann.de/widerruf-des-buergschaftsvertrags-durch-buergen-moeglich/