Der BGH hat am 21.02.2017 in einem Fall, in dem die Feststellung begehrt wird, dass ein Verbraucherdarlehensvertrag aufgrund des Widerrufs der auf seinen Abschluss gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers rückabzuwickeln ist, entschieden, dass die erhobene Feststellungsklage wegen Vorrang der Leistungsklage nicht zulässig ist.
Was ist passiert?
Im Juni und November 2007 schlossen die Parteien im Wege des Fernabsatzes zwei – überwiegend noch valutierende – Verbraucherdarlehensverträge über 70.000 Euro und 10.000 Euro. Die Klägerin wurde von der Beklagten über ihr Widerrufsrecht jeweils u.a. wie folgt belehrt:
„Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. per Brief, Telefax oder E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt einen Tag[,] nachdem Ihnen
– ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung,
– eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder Ihres Darlehensantrages, jeweils einschließlich der Allgemeinen Darlehensbedingungen,
– die Informationen, zu denen die […] [Beklagte] nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge (§ 312c Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 1 BGB InfoV) verpflichtet ist,
zur Verfügung gestellt wurden, nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages.
Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs“.
Die Klägerin widerrief mit Schreiben vom 08.07.2014 ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.
Ihre Klage auf Feststellung, sie habe die Darlehensverträge „wirksam widerrufen“ und es bestünden „keine Zahlungsverpflichtungen aus diesen Darlehensverträgen“, auf Erteilung einer „löschungsfähige[n] Quittung“ für eine der Beklagten gestellte Grundschuld und auf Zahlung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten hatte das Landgericht München I, Urt. v. 13.05.2015 – 22 O 21729/14, abgewiesen.
Das Oberlandesgericht München, Urt. v. 22.09.2015 – 17 U 2271/15, hatte die Klägerin zu einer entsprechenden Änderung ihres Feststellungsbegehrens veranlasst, so dass diese mit ihrer Berufung zuletzt nur noch ihre Feststellungs- und Zahlungsklage weiterverfolgt hatte.
Das Oberlandesgericht hatte auf die Berufung erkannt, es werde festgestellt, dass aufgrund des Widerrufs die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse „umgewandelt“ worden seien und hatte die Beklagte des Weiteren zur Zahlung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten verurteilt.
Durch Versäumnisurteil hat der BGH das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und hat in der Sache selbst erkannt und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen soweit die Revision das Zahlungsbegehren zum Gegenstand hatte. Im Übrigen hat der BGH die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert nach Auffassung des BGH am Vorrang der Leistungsklage. Das Begehren, die Umwandlung eines Verbraucherdarlehensvertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis feststellen zu lassen, decke sich in Fällen wie dem vorliegenden, dem kein verbundener Vertrag zugrunde liege, wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, die die Klägerin beziffern könne. Deshalb sei ihr eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar. Das Rechtsschutzziel werde durch eine Leistungsklage erschöpft. Da die Parteien auch über die Höhe der Ansprüche streiten, sei die Feststellungsklage nicht deshalb ausnahmsweise zulässig gewesen, weil die Beklagte als Bank die Erwartung rechtfertigte, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedürfe.
Die Feststellungsklage könne allerdings auf die Revision der Beklagten nicht ohne weiteres als unzulässig abgewiesen werden, weil der Klägerin Gelegenheit gegeben werden müsse, von der Feststellungs- zur Leistungsklage überzugehen. In der Sache könnte das Begehren der Klägerin auch noch Erfolg haben, was aber von den weiteren Feststellungen des Oberlandesgerichts abhänge.
Die Beklagte habe die Klägerin zwar richtig über ihr Widerrufsrecht belehrt. Der Verweis auf die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften habe hinreichend deutlich die Voraussetzungen, von denen das Anlaufen der Widerrufsfrist abhängig gewesen sei, umschrieben. Wenn der Gesetzestext – wie hier das BGB und die BGB-Informationspflichten-Verordnung – für jedermann ohne weiteres zugänglich sei, stelle eine Verweisung auf eine konkret bezeichnete gesetzliche Vorschrift keinen Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot dar, sondern diene im Gegenteil der Verständlichkeit, Übersichtlichkeit und Vollständigkeit der Belehrung. Der Zusatz, die Frist beginne nicht „vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“, sei auch im Verein mit der Einleitung „Die Frist beginnt einen Tag[,] nachdem …“ nicht irreführend gewesen. Vielmehr orientiere er sich am Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und sei damit hinreichend bestimmt. Auch im Übrigen halte die Widerrufsbelehrung einer Überprüfung stand.
Indessen stehe mangels tragfähiger Feststellungen des Oberlandesgerichts dazu, die Beklagte habe die nach dem Gesetz erforderlichen Informationen tatsächlich erteilt, noch nicht fest, dass die Widerrufsfrist an- und abgelaufen und damit der im Juli 2014 erklärte Widerruf der Klägerin ins Leere gegangen sei, so dass Ansprüche der Klägerin aus einem Rückgewährschuldverhältnis nicht bestehen. Nach Zurückverweisung der Sache werde das Oberlandesgericht diese Feststellungen nachzuholen haben.
Der BGH hat in der Sache selbst erkannt und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, soweit die Revision das Zahlungsbegehren zum Gegenstand hatte, weil der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Leistungsanspruch zustehe.
Vorinstanzen
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 20/2017 v. 21.02.2017 und Juris das Rechtsportal
Siehe auch: https://raheinemann.de/urteil-des-eugh-zum-widerruf-von-verbraucherkreditvertraegen/