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Am 05.10.2017 hat der BGH zu Az. I ZR 172/16 entschieden, dass pharmazeutische Großhändler nicht verpflichtet sind, bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an Apotheken einen Mindestpreis zu erheben.

Was ist passiert?

Die Beklagte, eine Pharmagroßhändlerin, vertreibt verschreibungspflichtige Arzneimittel (sogenannte Rx-Artikel). Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. In einem Informationsblatt und in ihrem Internetauftritt warb die Beklagte damit, dass sie ihren Apothekenkunden auf alle Rx-Artikel bis 70 Euro einen Rabatt von 3% plus 2,5% Skonto auf den rabattierten Preis und ab 70 Euro bis zur Hochpreisgrenze einen Rabatt von 2% plus 2,5% Skonto auf den rabattierten Preis gewähre. Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen die Preisvorschriften in § 78 des Arzneimittelgesetzes (AMG) und § 2 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) in der seit dem 01.01.2012 geltenden Fassung und hat die Beklagte auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Das Landgericht Aschaffenburg, Urt. v. 22.10.2015 – 1 HK O 24/15 – PharmR 2016, 56 – hatte die Klage abgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht Bamberg, Urt. v. 29.06.2016 – 3 U 216/15 – WRP 2016, 1151 – die Beklagte antragsgemäß verurteilt und angenommen, die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV schreibe dem pharmazeutischen Großhandel bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln einen Festzuschlag von mindestens 70 Cent vor. Dieser Festzuschlag dürfe durch Preisnachlässe nicht reduziert werden und müsse stets erhoben werden. Nicht in Einklang stehe hiermit das Verhalten der Beklagten.

Was sagt der BGH dazu?

Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das klagabweisende Urteil erster Instanz wiederhergestellt.

Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV legt nach Auffassung des BGH für die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mit den dort vorgesehenen Großhandelszuschlägen eine Preisobergrenze, keinesfalls aber preisliche Untergrenze fest. Sowohl aus dem Wortlaut der Vorschrift selbst („darf … höchstens … erhoben werden“) als auch aus dem Vergleich mit dem abweichenden Wortlaut der Bestimmung zu Apothekenzuschlägen für Fertigarzneimittel in § 3 Abs. 2 Nr. 1 AMPreisV („… ist zu erheben …“) ergebe sich dies. Danach sei der Großhandel nicht verpflichtet, einen Mindestpreis zu beanspruchen, der der Summe aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, der Umsatzsteuer und einem Festzuschlag von 70 Cent entspricht. Er könne deshalb nicht nur auf den in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV genannten preisabhängigen, bis zur Höchstgrenze von 3,15 Prozent veränderlichen Zuschlag, höchstens jedoch 37,80 Euro, sondern auch auf den darin erwähnten Festzuschlag von 70 Cent ganz oder teilweise verzichten.

 

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 155/2017 v. 05.10.2017 und Juris das Rechtsportal

RH